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Der Komet im Cocktailglas

Der Komet im Cocktailglas

Titel: Der Komet im Cocktailglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Freistetter
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Zentrum stand, und das störte die grundlegende Einfachheit des kopernikanischen Modells.
    Aber nicht nur deshalb waren viele seiner Zeitgenossen skeptisch. Sein neues Weltbild wurde vor allem aus religiösen Gründen abgelehnt. Aus der Bibel meinten die Geistlichen herauslesen zu können, dass die Erde unbewegt im Zentrum des Universums stand. Martin Luther beispielsweise nannte Kopernikus einen „Narren“, da im Buch Josua 7 Gott die Bewegung der Sonne stoppte und nicht die der Erde. Also müsse es die Sonne sein, die sich um die Erde bewegt. Die Wissenschaftler allerdings ließen sich von Kopernikus’ vereinfachter Darstellung des Himmels rasch überzeugen.
    Ein besonders bekannter Vertreter des heliozentrischen Weltbilds war Galileo Galilei. Er war der Erste, der probierte, dieses Problem tatsächlich durch Beobachtungen zu lösen. Anstatt sich in philosophischen Spekulationen über die Weltsysteme zu ergehen, wollte er durch die Betrachtung der Natur selbst herausfinden, was richtig ist und was nicht. Und damit gilt er zu Recht als einer der Begründer der modernen Naturwissenschaft. Galilei war zudem in einer damals einzigartigen Situation. Denn im Jahr 1609 stand ihm ein Instrument zur Verfügung, das keiner seiner Vorgänger gehabt hatte: ein Teleskop. Erst wenige Jahre zuvor war es erfunden worden. Galilei war der Erste, der es auf den Himmel richtete. Und dort sah er Dinge, die niemand zuvor gesehen hatte: kleine Himmelskörper zum Beispiel, die sich eindeutig um den Planeten Jupiter herumbewegten: Galileo entdeckte vier Monde des Jupiters – Io, Europa, Ganymed, Callisto –, die heute als Galileische Monde bekannt sind. Die Erde war demnach nicht für alle kosmischen Objekte das Zentrum, um das sie kreisten. Und wenn sich bereits diese kleinen Himmelskörper um den Jupiter bewegen konnten, warum sollten dann nicht auch welche um die Sonne laufen? „Weil im Teleskop nur Unsinn zu sehen ist!“, antworteten viele Zeitgenossen Galileos. Gerade die Philosophen und Kleriker wollten nicht akzeptieren, dass man im Teleskop Dinge ausmachen konnte, die dem bloßen Auge verborgen waren. Warum sollte Gott etwas erschaffen, das die – ebenfalls gottgeschaffenen – Augen nicht sehen können? Das Teleskop sei nur ein optischer Trick und die Dinge darin nicht real!
    Aber auch wenn sich manche seiner Kollegen anfangs weigerten, durch das Teleskop zu blicken und seine Beobachtungen zu akzeptieren, ließ sich Galileo nicht beirren. Die Entdeckung der ersten Jupitermonde war nur der Anfang. Als Nächstes nahm er sich die Beobachtung der Venus vor. Diese wird von der Sonne angeleuchtet, und je nachdem, wo sie sich im Verhältnis zu Sonne und Erde befindet, sehen wir mehr oder weniger von ihrer hellen Seite. Beim Mond ist uns das ganz vertraut. Mal sehen wir nur die Hälfte der beleuchteten Seite und nennen das „Halbmond“. Zu anderen Zeiten ist Vollmond, Neumond oder nur eine schmale, helle Sichel sichtbar. So wie der Mond muss auch die Venus Phasen haben. Sollte sich die Venus nun gemeinsam mit der Sonne um die Erde bewegen, dann dürfte sie nur verschieden dicke Sicheln zeigen, aber zum Beispiel keine „Halbvenus“ oder „Vollvenus“. Wenn sie sich allerdings gemeinsam mit der Erde um die Sonne bewegte, so musste sie so wie unser Mond den kompletten Phasendurchlauf, von der Sichel über die „Halbvenus“ bis hin zur „Vollvenus“ zeigen. Das alles war Galileo bewusst.
    Mit freiem Auge konnte allerdings niemand die Phasen der Venus gut genug beobachten. Galilei aber benutzte sein Teleskop und war in der Lage, die Phasen zu betrachten. Er sah nicht nur die sichelförmige Venus, sondern auch alle anderen Phasen! Das alte Weltbild des Ptolemäus hatte sich als falsch herausgestellt. Leider folgte daraus nicht, dass das neue Weltbild des Kopernikus richtig war. Denn da gab es noch ein „Kompromissmodell“, das der dänische Astronom Tycho Brahe entwickelt hatte.
    Brahe war ein äußerst fähiger Astronom. Ihm muss klar gewesen sein, wie kompliziert das ptolemäische Weltbild im Vergleich zu Kopernikus’ Modell war. Trotzdem wollte er sich nicht von der Gewissheit der letzten Jahrtausende lösen, dass die Erde im Mittelpunkt des Universums steht. Um die Idee des Kopernikus aber trotzdem zu retten, erklärte er, dass sich zwar die Sonne um die Erde bewege, alle anderen Planeten jedoch um die Sonne. Nach Brahe steht also die Erde im Zentrum und wird von der Sonne umkreist, die alle anderen Himmelskörper im

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