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Der Komet im Cocktailglas

Der Komet im Cocktailglas

Titel: Der Komet im Cocktailglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Freistetter
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Schlepptau hat. Dieses Modell ist weder einfacher noch ästhetischer und schon gar nicht plausibler als das ptolemäische Weltbild. Aber Tycho Brahe vermied damit den Schritt, den damals viele für zu dramatisch hielten: die Erde aus dem Mittelpunkt des Universums zu verbannen. Darum fand sein Weltbild für einige Zeit viele Anhänger und auch Galileis Beobachtungen konnten daran nichts ändern. Da sich auch bei Brahe die Venus um die Sonne bewegte (wenn auch nicht um die Erde wie noch bei Ptolemäus), sagte es die gleiche Abfolge an Phasen voraus wie das Modell von Kopernikus.
    Tycho Brahe versuchte mit seinem Modell das Weltbild der Antike in die Renaissance hinüberzuretten. Am Ende waren es aber seine eigenen Beobachtungsdaten, die es zu Fall brachten: Zu Brahes Zeit steckten noch in vielen Köpfen die Dogmen der Antike. So war bei Kopernikus oder Brahe noch immer der perfekte Kreis die Grundlage der Planetenbewegung – wie bei Ptolemäus. Diese Form sah man als so außerordentlich und bedeutend an, dass siebeim Aufbau des Kosmos einfach eine Rolle spielen musste. Für die Natur jedoch ist es irrelevant, was der Mensch sich wünscht. Sie ist einfach so, wie sie ist, und unsere Dogmen und unser Sinn für Ästhetik haben keinen Einfluss auf die Realität.
    Es war ein Schüler von Tycho Brahe, der es schließlich schaffte, das zu erkennen. Johannes Kepler arbeitete lange gemeinsam mit Brahe, durfte aber nie die Beobachtungsdaten des dänischen Astronomen benutzen. Erst als Brahe im Jahr 1601 starb und Kepler sein Nachfolger als kaiserlicher Hofmathematiker von Rudolph II. in Prag wurde, standen ihm endlich alle Daten zur Verfügung. 8 In den nächsten acht Jahren machte sich Kepler daran, sie auszuwerten. Und 1609 war es endlich so weit: Im gleichen Jahr, in dem Galileo seine ersten Beobachtungen mit dem Teleskop anstellte, veröffentlichte Kepler sein Buch „Astronomia Nova“. Und es ist tatsächlich eine „Neue Astronomie“, die hier das Licht der Welt erblickte. In der Einleitung schreibt Kepler:
    „Auf Geheiß Ew. Majestät führe ich endlich einmal den hochedlen Gefangenen zur öffentlichen Schaustellung vor, dessen ich mich schon vor einiger Zeit unter dem Oberbefehl Ew. Majestät in einem beschwerlichen und mühevollen Krieg bemächtigt habe.“
    Der „Krieg“ des Johannes Kepler wurde mit den Waffen der Mathematik geführt, und der „Gefangene“, den er nun zur Schau stellte, ist der Planet Mars. In seinen jahrelangen Rechnungen hatte er sich vor allem den Aufzeichnungen von Brahe gewidmet, die sich mit den Positionen des Mars beschäftigten. Kepler fand heraus, dass er die Bewegung dieses Planeten am besten beschreiben konnte, wenn er nicht von einer kreisförmigen Bahn ausging, sondern einer elliptischen.

    Eine Ellipse ist ein Oval. Je nachdem, wie stark elliptisch sie ist, kann sie einem Kreis sehr ähnlich sein, oder aber viel langgestreckter, flacher. Die Bahnen der Planeten sind fast kreisförmig. Aber eben nur fast. In Wahrheit sind es Ellipsen, und es brauchte die jahrelangen Beobachtungen von Tycho Brahe und die jahrelange mathematische Beharrlichkeit von Johannes Kepler, um das herauszufinden. Beim Mars ist die Abweichung von der Kreisbahn ein klein bisschen größer als bei den meisten anderen Planeten. Daher konnte es Kepler an seinem Beispiel gelingen, die wahre Form der Planetenbahnen zu entschlüsseln.
    Die Erkenntnis, dass die Bahnen der Planeten keine Kreise sind, sondern Ellipsen, ist das erste der drei berühmten Keplerschen Gesetze. Sein zweites Gesetz, das ebenfalls in der „Astronomia Nova“ veröffentlicht wurde, erklärt, wie sich die Planeten entlang ihrer elliptischen Bahnen bewegen. Da es nun keine Kreise mehr gibt, kann die Sonne auch nicht mehr exakt im Mittelpunkt stehen. Auf einer Kreisbahn wäre der Abstand zwischen Sonne und Planet immer gleich groß. Bei einer elliptischen Bahn geht das nicht mehr; hier kommt der Planet der Sonne mal näher, mal entfernt er sich von ihr. Kepler erkannte, dass die Geschwindigkeit der Planetenbewegung mit dem Abstand zur Sonne zusammenhängt: Je näher der Planet der Sonne auf seiner Bahn kommt, desto schneller bewegt er sich. Hat er den sonnennächsten Punkt passiert und entfernt sich wieder, wird er wieder langsamer.
    Zehn Jahre später entdeckte Kepler das dritte nach ihm benannte Gesetz. Es erklärt, wie die mittlere Umlaufzeit eines Planeten mit seinem mittleren Abstand von der Sonne zusammenhängt. Für einen Umlauf um die

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