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Der Komet im Cocktailglas

Der Komet im Cocktailglas

Titel: Der Komet im Cocktailglas Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florian Freistetter
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sich nun aber nicht entlang dieser perfekten Kreisbahnen, sondern entlang kleinerer Kreise, deren Mittelpunkt wiederum den großen Kreisen um die Erde folgte. Doch selbst diese komplizierte sogenannte „Epizykeltheorie“ reichte zur Beschreibung der Bewegungen noch nicht aus. Ptolemäus musste noch weiter an den großen und kleinen Kreisen herumbasteln, sie hin und her schieben und die Punkte verändern, um die herum sie sich bewegten. Am Ende hatte er ein äußerst kompliziertes Modell, das die Position der Himmelskörper nach damaligen Maßstäben einigermaßen genau vorhersagen konnte. Es war nützlich – aber schön und vor allem einfach war es nicht. Es war ein kompliziertes und unhandliches Gebilde und sah, wenn wir ehrlich sind, ziemlich zusammengepfuscht aus. Es basierte auf einer Idee, die falsch war, und musste deswegen ständig modifiziert werden. Dadurch konnte man zwar die Beobachtungsdaten mit den Berechnungen halbwegs in Einklang bringen, schöner wurde die Sache aber nicht. König Alfons von Kastilien meinte in einer Diskussion mit einem Astronomen einmal dazu: „Hätte mich der liebe Gott bei der Schöpfung des Weltalls herangezogen, so hätte ich ihm größere Einfachheit empfohlen!“
    Eine „größere Einfachheit“ wäre dann entstanden, wenn man nicht mehr die Erde in den Mittelpunkt gestellt hätte,sondern die Sonne. Wenn sich die Erde mitsamt allen anderen Planeten um die Sonne herum bewegt, lässt sich zum Beispiel die Rückwärtsbewegung mancher Himmelskörper ganz leicht als Projektionseffekt erklären: Da sich die Erde nun selbst bewegt, ändert sich die Position, von der aus wir auf die anderen Planeten blicken, und manchmal sieht das deswegen so aus, als würden sie sich ein Stück rückwärts bewegen. Bis sich diese Ansicht durchsetzte, sollte aber noch einige Zeit vergehen. Es musste erst die kopernikanische Revolution kommen, die das geozentrische Weltbild der Antike durch das heliozentrische der Renaissance ersetzte.
    Vergessen wir aber trotz aller wissenschaftsgeschichtlichen Abschweifungen nicht, dass wir immer noch dabei sind zu verstehen, warum die Satellitenschüsseln auf den Dächern in eine bestimmte Richtung zeigen. Das mag auf den ersten Blick wenig mit all den großen Ereignissen der Geschichte zu tun haben. Aber die Revolutionen von gestern sind der Alltag von heute! Das Wissen, das uns heute dazu dient, so etwas profanes wie eine Satellitenschüssel auf dem Dach zu montieren, hat noch vor ein paar Hundert Jahren die größten Gelehrten der Welt beschäftigt. Es musste sich erst unser komplettes Weltbild ändern, bevor wir den Fernsehapparat einschalten können.
    Aus heutiger Sicht mag es seltsam erscheinen, dass die Menschen jahrtausendelang nicht herausgefunden haben, dass sich die Erde um die Sonne dreht. Was haben die die ganze Zeit getrieben, wieso war niemand in der Lage, dieses fundamentale Problem zu lösen? Was man nicht vergessen darf, ist, dass die Wissenschaft im heutigen Sinn damals noch nicht existiert hat. Anstatt die Natur genau zu beobachten und sich davon leiten zu lassen, standen philosophische und religiöse Dogmen im Vordergrund.Ausgangspunkt der Erkenntnis waren keine Beobachtungsdaten, sondern philosophische Überlegungen. Dass sich die Erde im Zentrum des Universums befand, war nicht nur die Lehrmeinung der antiken griechischen Philosophen, sondern auch der Kirche, und die stand über der Natur. Der Wandel, der am Ende die moderne Wissenschaft hervorbrachte, ein komplett neues Weltbild und am Ende auch die Satellitenschüssel, stand noch aus.
    Er setzte im Jahr 1543 ein, als das Buch „De Revolutionibus Orbium Coelestium“ gedruckt wurde. Sein Autor war Nikolaus Kopernikus, und als das Werk erschien, war er bereits tot. Damit ersparte er sich jede Menge Ärger und Streit, denn vielen gefiel nicht, was er behauptete. Kopernikus setzte die Sonne in die Mitte des Universums und ließ die Planeten mitsamt der Erde auf kreisförmigen Bahnen um sie herum laufen. Das vereinfachte manche Dinge zwar, doch auch Kopernikus musste das Modell mit komplizierten Änderungen ähnlich den Epizykeln des Ptolemäus ausstatten, um die Beobachtungen ausreichend gut erklären zu können.
    Wenn sich die Sonne zum Beispiel direkt im Mittelpunkt der kreisförmigen Planetenbahnen befand, konnte man mit Kopernikus’ Modell nicht erklären, warum die Planeten mal langsamer und mal schneller über den Himmel wanderten. Das ging nur, wenn sie ein klein wenig neben dem

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