Der Krieg der Zwerge
abgesetzt worden, wie er unterwegs in den Gasthöfen erfuhr, in denen er einkehrte. Seine Untertanen standen nicht mehr hinter ihm, die Nachricht vom Verrat an den Vierten kostete ihn das Mitleid und damit sein Amt.
Der Zwerg genoss es, sich wieder in der Gesellschaft der Menschen zu bewegen. Alles erinnerte ihn an die guten Zeiten bei LotIonan, als er nichts weiter gewesen war als einfacher Zwerg mit einem Hang zu Büchern und einer geschickten Schmiedehand.
Er überquerte die steilen Gebirgspässe Urgons, die eine Herausforderung an seine Ausdauer und seine Trittsicherheit darstellten, erklomm Gipfel und stieg in grüne Täler, bis er vor den Toren des Braunen Gebirges stand. Unverzüglich brachten ihn die Wächter zu Gandogar.
Die Vierten stellten ihr Talent, was das Schleifen, Schneiden und Bearbeiten von Gemmen und edlen Steinen anging, stolz und offen zur Schau. Die Gänge waren geschmückt mit Bildern, die sich aus den unterschiedlichsten Halbedelsteinen und Edelsteinen zusammenfügten, blutrote Rubine, tiefblaue Saphire, moosgrüne Smaragde, schwarze Turmaline, rosafarbene Rosenquarze, kunstvoll bearbeitete Achatscheiben … allem Anschein nach gab es keinen Fleck im Reich der Vierten, an dem es nicht glänzte oder schimmerte.
Verstaubt, den Schmutz Gauragars und Urgons auf den Schultern und an den durchgelaufenen Stiefelsohlen, trat er vor den Großkönig und beugte den von der Sonne gebleichten Schopf.
Gandogar, der auf einem Thron aus Bergkristall saß, machte einen äußerst erleichterten Eindruck. »Endlich, Tungdil Goldhand! Vraccas hat meine Gebete vernommen und dich wohlbehalten zu uns geführt. Wie ist es dir ergangen?« Er bedeutete ihm, sich auf den Stuhl zu setzen, und man brachte dem Zwerg schnell etwas zu essen und zu trinken gegen den ersten Hunger und Durst. »Salfalur ist nicht tot«, fuhr der Großkönig fort. »Er tauchte in Porista auf und erschlug ein Dutzend unserer Leute, dann verschwand er. Wir fürchteten schon, er …«
Tungdil hatte den Humpen Bier in einem Zug geleert. »Er ist tot, Großkönig«, unterbrach er ihn. »Er fand mich, und wir kämpften in Dsôn.« Er zog die Feuerklinge aus dem Futteral, klopfte gegen den Axtkopf. »Ich habe mein Eigentum wieder, das mir die Albae gestohlen hatten. Ich fand es in einem furchtbaren Turm und nahm es mir. Danach …«, hob er an, doch dann entschied er sich, den genauen Hergang des Duells mit Salfalur für sich zu bewahren. »Nun, danach wanderte ich zu dir.«
»Du hast lang gebraucht, Tungdil. Die Sonnenumläufe reihten sich aneinander, ohne dass wir eine Nachricht von dir erhielten. Der gesamte Frühling verstrich.«
Der Zwerg verbarg seinen Schrecken. »Ich habe mir Zeit gelassen, Urgon ist so ganz nach dem Sinn unseres Volkes … Dann sind die Abbilder des Diamanten wohl bereits angefertigt?«, lenkte er das Gespräch in eine andere Bahn.
»Deine Zeichnungen waren ganz ausgezeichnet.« Gandogar rief seinen Gemmenmeister herbei, der die Edelsteine auf einem mit schwarzem Samt bezogenen Kristalltablett hereinbrachte. Wie an einer Schnur aufgezogen, lagen sie dort aufgereiht. Tungdils ungeübtes Auge konnte sie nicht auseinander halten. Einer glich dem anderen bis in die Facette.
Er nahm den echten Edelstein heraus und legte ihn darunter. »Die Täuschung ist vollkommen«, gestand er. Er zählte und kam auf vierzehn Kopien. »Eine ist zu viel«, stellte er fest. »Sieben Menschenreiche, fünf Zwergenreiche und ein Elbenreich machen zusammen dreizehn.«
Der König der Vierten betrachtete die Schmuckstücke, nickte ebenso wie sein Gemmenmeister. »Niemand wird sie durch bloßen Anblick unterscheiden können«, stimmte er ihm zu. »Und es ist keine zu viel, Tungdil. Wir haben beschlossen, dass auch du ein Abbild erhalten sollst, nicht nur die Könige des Geborgenen Landes und der künftige König der Dritten. Diese Ehre hast du dir sicherlich doppelt und dreifach verdient. Wenn du aber diese Verantwortung nicht tragen möchtest, werfen wir eines der Abbilder in die Esse.«
»Nein«, kam es sofort aus seinem Mund. »Ich fühle mich geehrt.«
Gandogar hob eine Ecke des Samttuches nach der anderen an und hielt sie fest; die Steine rutschten in die dadurch entstehende Kuhle und mischten sich. Schon jetzt hätte Tungdil nicht mehr sagen können, welcher Diamant derjenige mit der magischen Energie war. Aber der Großkönig fasste die Zipfel fester, schüttelte das Tuch, die Diamanten sprangen vor den Augen der Zwerge verborgen klackernd auf und
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