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Der Lüge schöner Schein

Der Lüge schöner Schein

Titel: Der Lüge schöner Schein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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dich?«
    Auf dem Boden neben einem der beiden Sessel stand ein Telefon. Sie beugte sich hinunter.
    »Nein«, sagte Pascoe, ergriff ihren Arm und schob sie zur Haustür. »Wir sind unten an der Straße an einer Telefonzelle vorbeigekommen. Da fährst du hin. Und ruf die Polizei an, sag, es wird ein Krankenwagen gebraucht, und ein Arzt.«
    »Die Polizei?«, wiederholte Ellie.
    »Beeil dich«, drängte Pascoe.
    Er hörte, wie der Riley gestartet wurde. Im selben Moment setzte er den Fuß vorsichtig auf die erste Stufe. Sie knarrte, die zweite noch lauter. Da ließ er alle Behutsamkeit fahren und rannte die restlichen Stufen hoch. Auf halber Höhe entging sein Kopf nur knapp einem Zusammenstoß mit dem Deckenbalken.
    Geduckt und schnell schritt er durch die nächstgelegene Tür. Ein Schlafzimmer. Leer. Bett unberührt.
    Im nächsten Zimmer dasselbe. Dann ein Bad. Eine winzige Abstellkammer. Noch ein Zimmer. Er war sich jetzt zwar sicher, dass im ersten Stock niemand war, dennoch ging er kein Risiko ein und nahm auch diesen Raum im Sturm.
    Als er auf das Bett hinunterblickte, blieb ihm das Herz stehen. Ein Paar Spielzeughandschellen lag quer über den beiden Kissen. In der einen Fessel lag eine rote Rose, in der anderen eine junge Brennnessel. Darüber, auf dem Kopfteil, hing ein Spruchband aus Papier, auf dem stand:
    Willkommen daheim, Abélard und Héloïse.
    Pascoe fühlte, wie der Panzer der Professionalität, mit dem er sich gewappnet hatte, einen Sprung bekam. Das Fenster dieses Zimmers ging nach hinten hinaus. Er sah nicht hinaus, sondern ging schnell hinunter. Unter Aufbietung all seiner Willenskraft vergewisserte er sich mit seinen Händen, wovon er sich mit seinen Augen bereits überzeugt hatte: dass die beiden Männer tot waren.
    Timmy hatte früher Gitarre gespielt, und wenn er gerade bei Kasse war, schenkte er denen, die er mochte, hinreißend ausgefallene Sachen. Carlo (und dass es tatsächlich Carlo war, hatte ihm das unversehrte Auge verraten) war ein Hitzkopf, liebte Western, ging für Bürgerrechte auf die Straße, hasste Priester.
    Er wollte an diese Dinge nicht erinnert werden. Noch weniger wollte er neben dieser Frau knien, sie vorsichtig umdrehen, die Zerstörung sehen, welche die Schrotladung in dem weichen Fleisch angerichtet hatte, das einmal Rose Hopkins gewesen war.
    Sie trug ein langes seidenes Abendkleid. Selbst Regen und Tau hatten das Pfauenfederschillern seiner Violett- und Grüntöne nicht auslöschen können. Ihre Augen jedoch waren erloschen.
    Der Sockel der Sonnenuhr, neben der sie lag, trug eine Inschrift. Er las sie, in dem verzweifelten Versuch, seinen Panzer wieder zu flicken.
    Horas non numero nisi serenas.
    Ich zähl die heit’ren Stunden nur.
    Er hielt die Tote noch immer im Arm, als Ellie zurückkehrte und gleich darauf der erste Polizeiwagen eintraf.

Zwei
    D alziel am Apparat.«
    »Hallo, Andy. Hier ist Derek Backhouse.«
    »Weiß schon.« Dalziels Stimme ließ deutlich erkennen, dass seine Begeisterung sich in Grenzen hielt. »Lang, lang ist’s her. Und wahrscheinlich hast du’s bitter nötig, wenn du an einem Samstagmorgen anrufst.«
    »Nötig habe ich gar nichts«, antwortete Backhouse. »Ich rufe vom Revier in Thornton Lacey an. Ich habe einen deiner Leute hier. Einen Sergeant Pascoe.«
    »Pascoe!«, sagte Dalziel, schon etwas interessierter. »Hat er wieder auf den Gehsteig geschissen?«
    »Wie bitte?«
    »War ’n Witz«, seufzte Dalziel. »Was ist los?«
    »Eigentlich nichts. Er ist hier, um ein paar alte Freunde zu besuchen.«
    »Na und?«
    »Na, und als er heute Morgen hier ankam, waren drei der alten Freunde tot. Schrotflinte aus nächster Nähe.«
    Schweigen machte sich breit.
    »Jesus«, sagte Dalziel schließlich. Wieder Schweigen.
    »Das ist ein harter Schlag«, fuhr Dalziel fort. »Ich glaub nicht, dass er noch so viele alte Freunde hat, dass er auf drei davon verzichten kann.«
    Backhouse schürzte ob der Gefühllosigkeit dieser Bemerkung angewidert die Lippen. Trotzdem glaubte er, eine Spur echter Besorgnis aus dem Tonfall seines Gesprächspartners herauszuhören. Er konnte sich aber auch geirrt haben.
    »Wie dem auch sei«, sagte Backhouse. »Mich interessiert nur die Bestätigung, dass er und Miss Soper erst heute Morgen angekommen sind.«
    »Sie ist also auch da?«, grunzte Dalziel.
    »Du kennst sie?«
    »Flüchtig. Hör mal, mein Junge, du glaubst doch nicht vielleicht, dass Pascoe was mit der Sache zu tun hat?«
    »Ich wollte mich nur vergewissern,

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