Der Mann von Anti
werden die Konflikte eines jungen Mannes mitempfunden, der sich, ahnungslos, in ein solches Wesen verliebt hat und nun entscheiden muß, ob es weiter existieren soll oder nicht. Und zum ersten Mal in seinem Leben macht er sich Gedanken darüber, was es eigentlich heißt, ein Mensch zu sein.
Oder nehmen wir die Raumschiffkatastrophe. Nicht die technischen Möglichkeiten des Überlebens stehen im Mittelpunkt, sondern die moralische Verantwortung der zum Tode Verurteilten, denjenigen zu retten, dessen Weiterleben am wichtigsten ist.
Auch der Mißbrauch der Wissenschaft gehört zu den häufig abgehandelten Themen der Utopie. In den vorliegenden Geschichten, die sich damit befassen, wird der phantastische Tatbestand als gegeben hingenommen; aber wie verhalten sich die Opfer, an denen die verbrecherischen Möglichkeiten ausprobiert werden, welche Leiden sind ihnen auferlegt, bevor sie erlöst werden?
Den meisten Erzählungen liegt ein Ereignis zugrunde, das im klassischen Sinne als unerhörte Begebenheit gelten kann, das also einen novellistischen Einschlag hat. Das wissenschaftlichphantastische Instrumentarium wird ins Spiel gebracht, um einem Menschenschicksal, das sonst nicht möglich oder nicht vorstellbar wäre, Glaubhaftigkeit und Anschaulichkeit zu verleihen. Es geht ausdrücklich und unverhohlen um menschliche Belange, und das ist ein großes Plus für die utopische Literatur.
Von der antiimperialistischen Anklage bis zur kommunistischen Ethik spannt sich in traditioneller Weise der Bogen der utopischen Literatur. Wie er aber auf eindrucksvolle Weise ausgeschritten, wie der Mensch zum Maß der Dinge gesetzt wird, das ist neu. Deshalb auch haben die Geschichten, so unterschiedlich sie sind, etwas miteinander gemein: eine wohltuende Frische. Und, nicht zu vergessen, oft auch eine Sprache, die von Lust an künstlerischer Handhabung zeugt und so leicht und selbstverständlich daherkommt, daß man ihr das Mühen um das Wort nicht anmerkt.
Denn die Hinwendung zur kleinen Form hat Konsequenzen. Die Erzählung fordert Dichte. Weitschweifigkeit verbietet sich von selbst, es geht um gedankliche und gestalterische Konzentration. Jeder Satz ein Gedanke, kein Wort darf entbehrlich sein. Bemerkenswert, wie die meisten Geschichten dieser Forderung nachkommen, ohne daß ein Quant schriftstellerischer Eigenart verlorengeht. Umgekehrt kann man sagen, der Zwang zur Verdichtung hat die künstlerische Individualität gefördert. Man wagt zu hoffen, daß auch in dieser Beziehung die utopische dem Beispiel der allgemeinen Prosa folgt, daß der von der Erzählung errungene Qualitätsgewinn kommende utopische Romane befruchtet.
Bleibt noch ein Wort über die Autoren zu sagen. Sie stammen aus verschiedenen Bereichen von Wissenschaft, Technik, Kunst. Günter Kunert, Günther Krupkat, Klaus Möckel, Gert Prokop, Wolfgang Kellner und Herbert Ziergiebel sind freischaffend. Günther Brandenburger war Lehrer.
Rolf Krohn, Chemiefacharbeiter, Erik Simon, Diplomphysiker, jetzt Lektor, Bernd Ulbrich, Diplomchemiker, jetzt… ebenfalls freischaffend, und Dr. Klaus Wohlrabe, Mathematiker, veröffentlichten in diesem Band zum erstenmal.
Zu danken haben wir ihnen allen.
Der Herausgeber
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