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Der Mann von Nebenan

Der Mann von Nebenan

Titel: Der Mann von Nebenan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amelie Fried
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müßte mal nachgefüllt werden«, bemerkte er und kam, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Kellertreppe hoch.
    Dankbar schüttelte Kate ihrem Retter die Hand.
    »Stets zu Diensten«, sagte Mattuschek und tippte mit dem Finger gegen eine imaginäre Mütze. »Wenn ich was für Sie tun kann, sagen Sie Bescheid.«
    Immerhin, einen freundlichen Nachbarn hatte sie schon mal. Kate war sicher, daß dies nicht die letzte Gelegenheit sein würde, bei der sie Hilfe benötigte.
     
    Todmüde fiel Kate am Abend ins Bett. Sie hatte zehn Stunden geschuftet und das Haus in einen Zustand versetzt, der ihren Vorstellungen von Sauberkeit und Gemütlichkeit annähernd entsprach.
    Ihren Sohn hatte sie den ganzen Tag über nicht zu Gesicht bekommen. Irgendwann abends war er aufgetaucht, hatte wortlos die Spaghetti gegessen, die Kate ihm zubereitet hatte, und sich anschließend vor den Fernseher geknallt. Bald darauf war er in seinem Zimmer verschwunden.
    Unentschieden war Kate eine Weile vor seiner Tür auf und ab gegangen. Sollte sie mit ihm reden? Sollte sie ihn ihn Ruhe lassen? Ihr Blick fiel auf die schwarzweißen Fliesen im Badezimmer. Ungerade hieß: reden. Gerade hieß: in Ruhe lassen. Sie zählte eine Reihe der schwarzen Fliesen. Es waren sechzehn. Leise ging sie die Treppe hinunter, zurück ins Wohnzimmer.
    Kate war sicher, daß Samuels abweisende Art eine Form von Trauer war. Sie wußte nicht, wie sie damit umgehen sollte. Samuel sprach nicht über seine Gefühle, er neigte dazu, die Dinge mit sich selbst abzumachen. Als Bernd und sie ihm mitgeteilt hatten, daß sie sich trennen würden, hatte er nur mit den Schultern gezuckt und gesagt: »Ihr müßt ja wissen, was gut für euch ist.« Ob es auch gut für ihn war, schien eine Frage zu sein, die er sich nicht stellte.
    Kate fühlte sich hilflos. Es mußte einem Zwölfjährigen etwas ausmachen, wenn die Eltern sich scheiden ließen. Aber als sie neulich versucht hatte, ihn zu umarmen, hatte er sie beiseite geschoben und beschwichtigend, fast väterlich gesagt: »Ist schon gut, Mam, das wird schon wieder.«
    Als müßte er sie trösten, nicht umgekehrt.
    Brauchte sie Trost? Ach was, sie würde schon fertig werden mit der neuen Situation. Natürlich war sie traurig. Viel mehr aber war sie wütend. Auf das kleine Biest, das sich zwischen sie gedrängt hatte. Auf Bernd. Und am meisten auf sich selbst.
    Lange lag Kate in der Nacht wach und horchte in die ungewohnte Stille. In der Stadt war es niemals so still, selbst mitten in der Nacht war das entfernte Rauschen von Autoverkehr zu hören. Die Stille hier war wie eine Wand, sie hatte etwas Beklemmendes.
    Irgendwann schreckte Kate aus dem Schlaf, in den sie nach stundenlangem Hinundherwälzen endlich gefunden hatte.
    Ein Geräusch mußte sie geweckt haben, aber sie fand nicht heraus, was es war. Leise stand sie auf und horchte an Samuels Zimmertür. Dahinter war es ruhig. Sie holte sich einen Schluck Wasser und lehnte sich aus dem weit geöffneten Badezimmerfenster. Der Mond war nicht zu sehen, es war stockfinster. Auch diese völlige Dunkelheit kannte Kate nicht. In der Stadt waren die Straßen nachts hell erleuchtet.
    Hier draußen gab es kaum Straßenlaternen, keine beleuchteten Auslagen, nur hie und da einen Lichtschein aus einem der Häuser.
    Gerade wollte sie ins Schlafzimmer zurückgehen, da hörte sie es. Ein merkwürdig klapperndes Geräusch, Metall auf Metall. Angestrengt sah sie in die Dunkelheit. Im nächsten Moment schrie sie erschrocken auf und schlug sich die Hand vor die Augen. Das grelle Licht eines Scheinwerfers blendete sie. Gleich darauf wurde es wieder dunkel. Es dauerte einen Moment, bis ihre Augen sich erholt hatten. Erstaunt beobachtete sie, wie ein Lichtkegel durch den Garten von Mattuschek huschte, da und dort verharrte, sich wieder in Bewegung setzte. Zwischendurch nahm sie den Schatten eines Mannes wahr, der sich für Sekundenbruchteile an der Hauswand abzeichnete.
    Kate konnte sich keinen Reim auf die nächtlichen Aktivitäten ihres Nachbarn machen. Achselzuckend stellte sie das Zahnputzglas ab und verkroch sich ins Bett.

ZWEI
     
    D er nächste Morgen verhieß wieder einen strahlenden Sommertag, und Kate beschloß, sich dem Garten zuzuwenden. Sie verstand nicht viel davon, aber sie hatte immer von einem Garten geträumt. Im Frühling hatte sie Kräuter in ihre Balkonkästen gesät und jeden freien Winkel mit Blumentöpfen vollgestellt. Bald war auf dem Balkon kein Platz mehr gewesen, und so hatten sie nie

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