Wir sind nicht schwul (German Edition)
Yokohama und Säulen
D ie müden Augen im Spiegel starren mich an, während ich mich mit einer Creme abschminke. Es ist spät und morgen muss ich früh aus dem Haus, schließlich müssen wir noch Chris abholen, bevor wir zum Flughafen in Salzburg fahren, von wo aus uns ein Flieger nach Japan bringen soll.
Gähnend schlüpfe ich aus meiner Bondage-Hose und in meinen weißen Pyjama, bevor ich mich an den Laptop setze, um mich von meinen Freunden vom „Legend of the Green Dragon“-Rollenspiel zu verabschieden. Vor allem von Hazel, die mich auf den Japan-Geschmack gebracht hat und der ich versprochen habe, ein Autogramm ihrer Lieblingsband zu schicken, sollte ich ihnen in Japan zufällig begegnen. Vor allem Taku, der Gitarrist der Band „Crash Head“, hat es ihr angetan.
Hazel ist mir im Laufe der Jahre sehr ans Herz gewachsen, auch wenn ich sie noch nie real-, geschweige denn jemals ein Bild von ihr gesehen habe. Ich schreibe zu gerne mit ihr, als dass ich mir das von einem scheußlichen Antlitz vermiesen lassen möchte. Japp, ich hab so ein Problem damit, wenn jemand hässlich ist, grüne Augen, fettige Haare hat, Türke oder Koreaner ist, obwohl ich selbst vermutlich zu einem Drittel Koreaner bin. Ich nehme an, dass meine Abneigung darin begründet liegt, dass ich es gewohnt bin, von Personen umgeben zu sein, die entweder hübsch sind, oder in ihrem Leben schon vieles erreicht haben. Hazel gehört vermutlich nicht zu diesen Personen, wenn man bedenkt, dass sie, obwohl sie fünf Jahre älter ist als ich, weder eine richtige Ausbildung, noch einen Job hat.
Wie ich zu solchen „Schmankerln“ von Leuten komme? – Musik beschäftigt mich schon, seit ich denken kann. Meine Mutter hat mich auch schon früh diverse Musikinstrumente, wie Klavier/Keyboard, Akustik- und E-Gitarre, Bass und Geige, lernen lassen und mich in etliche Förderkurse gesteckt. Daraus folgte, dass ich auch heute noch an einem Orchester namens „Doremi“ teilnehme, das zu meinem Übel nur klassische Musik spielt. Klassische Musik – der Schrecken meiner armen Ohren. Mein Herz habe ich eigentlich dem Rock/Pop und Metal verschrieben, vor allem aber dem japanischen Rock. Wenn ich alleine bin, spiele und singe ich ausschließlich Lieder von japanischen Bands und Solokünstlern.
Obendrein gehöre ich zur Hochbegabten-Gruppe von Österreich, was mir viele Wege offen hält und nachdem ich die HTL im Bereich Media-Design erfolgreich abgeschlossen habe, erst recht.
Seltsamerweise sind ziemlich viele erfolgreiche Personen hübsch. Zumindest kommt es mir so vor. Ein Anblick, an den man sich gerne schnell gewöhnt.
Doch ich gehe nicht nach Japan, um mich einer Organisation anzuschließen, sondern um ein Rockkonzert zu geben, das schon vor Monaten in Japan angekündigt wurde. Endlich soll sich mein Japanologiestudium und meine harte Arbeit bezahlt machen. So zumindest der Plan.
Ich muss zugeben, dass mein Erspartes wohl nicht dafür ausreichen wird, die ganzen drei Monate dort zu bleiben, die ich eigentlich eingeplant hätte. Doch bei diesem einen Konzert soll es schließlich nicht bleiben. Genau genommen suche ich dort nach einer Band, die mich vorübergehend mit sich arbeiten lässt. Das, ja, genau das ist mein Traum, für den ich alles geben werde! Bis ich eine Band gefunden habe, würde ich sogar in einer Firma programmieren, oder organisatorische Dinge erledigen. Ich stelle mir das sogar irgendwie witzig vor … ein weißer, Halbasiate, umzingelt von Freaks, programmierend, auf engstem Raum zusammengepfercht.
Es geht mir schlicht darum, mit anderen Musikern Erfahrungen zu sammeln, weit entfernt von klassischer Musik und meiner Familie.
Bitte alles, nur nicht Klassik! Ich kann gar nicht oft genug sagen, wie sehr mir das zum Hals raus hängt! Außerdem brauche ich Abstand zu meinen Angehörigen in Österreich, die meine eigentlichen Wünsche und Träume in keinster Weise unterstützen wollen. Vor allem meine Mutter ist strikt gegen mein Vorhaben. Ich bin froh, dass meine Oma und mein Vater sie beruhigt haben, als ich ihnen erzählt habe, dass mein Flug und mein Konzert schon fix gebucht- und geplant sind. Diese beiden sind die Einzigen, die mir die Chance gönnen, auf die ich so lange hingearbeitet habe.
Das Konzert in Japan wäre nicht mein Erstes. Abgesehen von den Konzerten, an denen ich mit meinem Orchester teilnehme, habe ich selbst noch ein Konzert in Österreich gegeben. Fälschlicherweise wurde von den Medien ein klassisches Konzert
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