Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Mann zweier Welten

Der Mann zweier Welten

Titel: Der Mann zweier Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond F. Jones
Vom Netzwerk:
nachzusehen«, murmelte Ketan ohne große Überzeugung.
    »Ich kenne die Regeln. Laß mich hinein.«
    Sie hatte das Recht auf ihrer Seite. Ketan fluchte unhörbar und öffnete die große Tür noch einmal. »Morgen wäre Zeit genug gewesen«, meinte er.
    »Nicht für mich – nicht für mich. Komm, hilf mir die Treppe hinauf!«
    Er nahm ihre Hand und führte sie nach oben.
    »Was möchten Sie nachsehen?« fragte er, um seine anfängliche Unhöflichkeit wiedergutzumachen. »Vielleicht kann ich Ihnen helfen.«
    »Nein. Es geht dich nichts an«, fauchte sie.
    Er setzte sich wütend an seinen Platz. In der Dunkelheit konnte er nur die zusammengesunkenen Schultern der Alten erkennen. Er fragte sich, was sie wohl wissen wollte. Weshalb kam sie ausgerechnet so spät? Welchen Unterschied für das Gesetz von Kronweld machte die Wahl der Alten?
    Gegen seinen Willen sah Ketan ihr zu. Einen Augenblick wußte er nicht, was an ihr so erstaunlich war. Dann erkannte er es: Sie bediente die Tastatur mit der Geschicklichkeit eines Technikers.
    In diesem Augenblick drang ihre brüchige Stimme durch die Halle.
    »Ketan!«
    Er zuckte zusammen. Woher kannte sie seinen Namen? Hatte sie ihn vom Karildex? Sie kam in der Dunkelheit auf ihn zu. »Sind Sie fertig?« fragte er.
    »Ich habe erst angefangen«, erklärte sie. »Ich muß an die Hauptsteuerung.«
    »An die Haupt…! Das ist unmöglich. Nur die Erste Gruppe und der Rat der Sucher darf sie berühren.«
    »Du hast sie heute abend auch benutzt«, sagte sie. »Du hast die Anordnung in bezug auf den Geburtstempel geändert. Du dachtest, du hättest alles wieder in die ursprüngli che Lage gebracht, aber ich habe es bemerkt. Du willstdoch nicht, daß die anderen dahinterkommen, oder?«
    Auf Ketans Stirn standen Schweißtropfen. Wer war diese unheimliche Alte? Sein Mitleid wandelte sich in Angst und Widerwillen. Er konnte es sich nicht leisten, daß jetzt jemand von seiner Arbeit an der Hauptsteuerung erfuhr.
    »Was wollen Sie?« fragte er heiser. »Wer sind Sie?«
    »Du wolltest Kronweld vor sich selbst retten, damit es nicht in Senilität verfällt. Das ist gut. Aber der wirkliche Feind, der Kronweld bedroht, ist weit schlimmer. Laß mich an die Steuerung.«
    »Das geht nicht.«
    »Es muß gehen.« Ihr Ton war eisig.
    »Jemand könnte kommen …«
    »So spät am Abend kommt niemand. Also, was ist?«
    Die alte Frau kam drohend näher. Er drehte sich wie unter einem Zwang um und öffnete das Siegel.
    »Ah – so ist es gut«, flüsterte die Alte.
    Ihre Finger bewegten sich schnell über die Tasten. Er hoffte nur, daß sie alle Stromkreise wieder richtig einsetzte. Plötzlich schwieg das gleichförmige Klappern, und die alte Frau wandte sich ihm zu. »Du bist der einzige«, murmelte sie. »Es kann keinen anderen geben.« Und plötzlich starrte sie ihn durchdringend an. In ihren Augen standen Tränen.
    »Was machen Sie da?« begann er.
    Sie wandte sich schnell ab. Ihr Blick ging ins Leere. »Drei müssen sterben«, flüsterte sie.

 
3
     
    Wieder glitten ihre Finger über die Tasten. Dann drückte sie auf das Anzeigeschild. Ein Index erschien. Ketan sah mit klopfendem Herzen, daß es sich um Hoult, den Vorsitzenden des Sucher-Rates handelte. Vor ihm und zwanzig anderen Räten mußte er erscheinen und sein verbotenes Wissen erörtern.
    »Sieh dir seine Faktoren an«, befahl die alte Frau.
    Ketan warf einen flüchtigen Blick auf die Meinungen und Faktoren, die Hoult in die Maschine eingespeist hatte, um seinen Teil zum Gesetz des Volkes beizutragen.
    »Was ist mit ihnen?«
    »Sieh sie dir genau an. Besonders die, die ich verstärke.«
    Wenn man einen Faktor verstärkte, erschien auf der Anzeigetafel die Verschlüsselung davon. Ketan hatte eine lange Erfahrung mit dem Kode, und es gab kaum einen Faktor, dessen Kode er nicht sofort erkannte. Aber die Zahl, die er jetzt vor sich sah, war ihm unbekannt. Eine unangenehme Vorahnung schnürte ihm die Kehle zu.
    »Alle Zahlen weiß ich natürlich nicht auswendig«, sagte er.
    »Sieh nach!«
    Er ging an das Kodegerät und speiste die Nummer ein. Doch statt einer Definition erschien ein leeres Blatt.
    »Siehst du!« rief die Alte. Ihre Stimme war schadenfroh. »Und jetzt die nächste.«
    Wieder erschien eine unbekannte Nummer. Das Kodeblatt war leer.
    »Was soll das bedeuten? Woher wußten Sie das?« fragte Ketan erregt. »Die Maschine muß sich irren.«
    »Ein Irrtum des Karildex?« Die Frau lachte rauh. »Wie oft hast du mit seiner Genauigkeit

Weitere Kostenlose Bücher