Der Mars-Robinson
Feuchtigkeit des Wassers. Sogar die Transpiration meiner Körperhaut zerstörte die Pflanzen. Die Wasserflasche fühlte sich schlüpfrig an; ich dachte, sie sei leck. Aber nicht die Flasche rief diese Feuchtigkeit hervor, sondern meine Hand, die mit dem Pulver bestäubt war, das sich in eine klebrige Masse verwandelt hatte.
Ich bekam es mit der Angst zu tun, und Gott weiß, welche Gedanken mir durch den Kopf gingen. Ich wollte die Masse abwischen, weil ich fürchtete, die Kristalle könnten auf meiner Haut Wurzeln schlagen. Doch nichts dergleichen geschah. Als ich die Wasserflasche schüttelte, zerstoben noch eine Anzahl weiterer Pflanzen in meiner näheren Umgebung. Hastig trank ich einen Schluck und korkte die Flasche wieder zu.
Zu spät fiel mir ein, daß es vielleicht besser gewesen wäre, nicht zu trinken. In der Luft und um meinen Körper schwirrten so viele Kristalle herum, und das Wasser hatte einen süßlichen Geschmack. Mit der Flüssigkeit konnte ich gleichzeitig Bakterien unbekannter Herkunft in meinen Körper gepumpt haben.
Eine Weile stand ich abwartend da und war auf qualvolle Schmerzen gefaßt. Ich blickte in den Canyon hinunter. Der Schatten verschwand langsam, denn die Sonne wanderte nach Westen.
Ich wartete und befeuchtete mit der Zungenspitze unwillkürlich die Lippen. Wieder spürte ich den süßlichen, Geschmack in meinem Mund. Für einen Augenblick glaubte ich wahnsinnig zu werden. Lag es an den verschluckten Kristallen und dem dadurch verursachten Unbehagen? Ich wußte nicht, was in mir vorgehen würde. Vielleicht hatten die Kristalle eine blutzersetzende Wirkung.
Ich riß die Maske vom Gesicht, leckte an meinem Handrücken und setzte die Maske wieder auf. Der Geschmack war noch immer da, und er war gar nicht einmal so übel, jedenfalls weitaus besser, als das Aroma meiner Früchte. So hatte ich vor meinem Ende wenigstens noch einmal so etwas wie Zucker auf der Zunge.
Ich erwartete den Tod. Aber er kam nicht. Dafür nistete sich die Angst in meinem Gehirn ein. Ich hatte nie eine richtige Angst gekannt bis zu dem Augenblick, an dem mein letzter Hoffnungsschimmer verglomm. Jetzt konnte ich alles auf eine Karte setzen und diese seltsamen Pflanzen essen. Es waren Pflanzen, die nur aus kompakten Mineralien bestanden. Es schien einzelne Gattungen zu geben.
Am Rande des Talkessels stehend, durchlief ich alle Stadien von Angst, Verzweiflung und wilder Hoffnung. Das einsetzende Schmerzgefühl wäre nur die Erlösung atis dieser finsteren Ungewißheit des Wartens gewesen. Ich fluchte und betete zugleich.
Aber ich war wohl dazu verdammt, auf andere Weise mein Leben zu beschließen. Ich sah meine kurze Zukunft vor mir. Ich konnte umkehren, konnte zuvor noch an diesen ,Pflanzen’ meine Wut auslassen. Ich konnte mich auf meine Maschine setzen, in die Wüste hineinfahren und elend umkommen.
Ich ging auf die Pflanzen zu und streckte meine Hand aus, deren Feuchtigkeit das Kristallpulver magnetisch anzuziehen schien. Ich nahm die Maske ab und leckte das klebrige Zeug ab. Es schmeckte wirklich wie Sirup oder Honig – und es verursachte Durst. Ich mußte das Zeug mit reichlich Wasser hinunterspülen.
Ich wurde nicht bewußtlos. Ich hatte nur ein paar Gramm davon gegessen, fühlte mich aber so satt, als hätte ich eine komplette Mahlzeit zu mir genommen. Ich fühlte mich auch angenehm müde. Wäre mein Sauerstoff nicht zu Ende gegangen, hätte ich mich ausgestreckt, um einzuschlafen. Leider mußte ich zu meinem Fahrzeug zurück.
Ich trat noch einen Schritt vor. Die Sonnenstrahlen erhellten den Canyon, und das war meine einzige Chance, festzustellen, wie es unten aussah und entsprechende Pläne zu machen.
Die Terrassen diesseits und jenseits der Hügelkette sahen wie verwilderte Weinberge aus.
Doch auf dem Boden dieses Kessels lag eines jener Monstren, die mir nachts begegnet waren. Es säugte seine Jungen.
Nachts beobachtete ich die Gipfel. Zweimal sah ich Lichter zwischen den Felsen. Ich ließ eine Weile die Zugmaschine laufen, um die Batterie der Luft- und Wasserversorgung aufzuladen. Der Luftkompressor arbeitete zu meiner Zufriedenheit, doch das Wasser ließ sich Zeit. Nach einer Stunde hatte ich noch nicht einmal einen halben Liter Flüssigkeit gewonnen. Auf der anderen Seite der Hügelkette würde die Luft noch trockener sein.
Dann lag ich noch lange wach und blickte in den Sternenhimmel über mir. Auf der Erde konnte in dieser Dürre kein Leben existieren, doch in einer kleinen Region
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