Der Mars-Robinson
,Darf ich ihn fressen?’ und: ,Nein, du verdirbst dir den Magen!’.
Was ich dann tat, konnten sie nur begreifen, wenn sie so etwas wie Verstand hatten. Ich kletterte auf mein Fahrzeug und ließ eine Wolke Sauerstoff aus dem Tank entweichen. Damit wollte ich den verzweifelten Beweis erbringen, daß ich Hilfe brauchte. Anschließend blinkte ich ein Signal, das Ähnlichkeit mit einem fragenden ,Ja’ hatte.
Als ich mein Licht blinken ließ, schalteten sie ihre Lichter ab. Nur gelegentlich warfen sie sich ein paar kurze, leuchtende Blicke zu.
Erschöpft und schweißgebadet stellte ich den Blinkverkehr ein. Ich war mit meiner Weisheit am Ende. Die ,Mutter’ kehrte wieder ins Tal zurück. Ich folgte dem Jungen an meiner Seite. Wenn ich Schwierigkeiten hatte, über ein Gefälle hinwegzukommen, blieb es stehen und wartete. Dann ging es voraus und ebnete mir mit verblüffenden Kratzbewegungen einen Pfad, so daß ich hinuntersteigen konnte.
Ich folgte ihm bis zum Talkessel, in dem sie ihr Lager hatten.
Sauerstoff war für sie ein unbekannter Begriff. Doch als die Dämmerung anbrach, führten sie mich in eine Kaverne etwas weiter ab. Zunächst blieb ich unschlüssig vor der Öffnung stehen. Dann trat ich ein und hörte ein leises Plätschern. Es war der unterirdische Kanal eines von den Polarregionen fließenden Bachgerinsels. Diese Quellen waren auf dem Mars so selten wie die feuerspeienden Vulkane auf der Erde.
Das Wasser sprudelte dicht vor mir aus dem Kalkgestein und stürzte dann in unendliche Tiefen. Jetzt wußte ich, was das alles zu bedeuten hatte: Es, das Junge, hatte meine verzweifelten Signale verstanden.
Ich lag in der Dunkelheit, riß die Maske vom Gesicht und trank eine Wassermenge, wie ich sie auf der Erde nie getrunken hätte. Ich setzte die Maske auf, um Atem zu schöpfen, und trank noch einmal. Plötzlich hörte ich vor der Öffnung der Kaverne ein rumorendes Geräusch.
Es war schon taghell, als ich in Richtung des Eingangs stolperte. Da stand übrigens meine Maschine, in der die Kreaturen offenbar auch so etwas wie ein hilfesuchendes Lebewesen vermutet hatten. Die Maschine stand so, wie sie oben gestanden hatte und machte einen durchaus fahrbereiten Eindruck. Ich wollte die Sauerstoffanlage in Betrieb setzen, doch als ich auf die Maschine lossteuerte, schob sich plötzlich ein Schatten vor den Eingang.
Sie hatten einen Felsen davorgeschoben, und ich saß jetzt in der Falle. Sie hatten mich eingesperrt wie ein Schaf im Pferch, wie eine weiße Maus im Käfig. Hoch über mir konnte ich nur ein Dreieck des Himmels sehen. Diese Öffnung war so hoch, daß es keiner der Kreaturen eingefallen wäre, sie zu bewachen. Vielleicht rechnete auch niemand mit einer Flucht. Offenbar meinten sie es gut mit mir – und warum sollte ich da verschwinden?
Sie bewahrten mich auf, wie das die Menschen mit einem kleinen Singvogel tun, der aus dem Nest gefallen ist.
Die Spannung in der Kabine des Raumschiffes wuchs. Alle vier starrten mich jetzt an wie ein Fabelwesen, und so sah ich in meiner Kleidung ja auch aus. DeLut stand im Türrahmen; Leutnant Boles, das Notizbuch in der Hand, saß neben mir auf der Koje; Captain Vanburg, groß und blond, krauste die Stirn, als könne er dann alles besser begreifen, und das Gesicht des Generals verwandelte sich immer mehr in eine starre Maske.
Die Augen von DeLut funkelten verwundert und ungläubig. „Soll das heißen, daß … Sie meinen also wirklich, daß es auf diesem Planeten intelligente Lebewesen gibt? Sie müssen wissen, daß ich hier der Biologe bin und …“
„Es gibt welche“, antwortete ich.
„Wie sehen die aus?“ fragte er. „Teufel noch mal, Sie haben keine Ahnung, was das auf der Erde für eine Sensation geben wird! Wie groß sind sie? Welche Gestalt haben sie? Welches Stadium der Zivilisation haben sie erreicht? Wo sind ihre Städte und Dörfer? Und wie … wie leben sie darin?“ Seine Stimme überschlug sich förmlich vor Neugier, er wollte alles auf einmal wissen.
Ich erzählte es ihm nach und nach. Ich beschränkte mich zunächst auf eine rein äußere Beschreibung. Zu meiner Überraschung hielten sie die Körpergröße für glaubhaft, aber als ich dann auf ihre Lebensgewohnheiten, Körperfunktionen, Scheinwerferaugen und Sonstiges zu sprechen kam, da sahen sie mich mißtrauisch von der Seite an. Für sie war es eine Tatsache, daß mein Geisteszustand in den fünfzehn Jahren irgendwie gelitten hatte, wenn man mir das auch nicht sofort
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