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Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Vergiss den Sommer nicht (German Edition)

Titel: Vergiss den Sommer nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Morgan Matson
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Kapitel 1
    Vorsichtig öffnete ich meine Zimmertür und spähte hinaus in den Flur. Da die Luft rein war, schnappte ich meine Tasche und schloss die Tür ganz leise hinter mir. Dann schlich ich – immer zwei Stufen auf einmal – die Treppe zur Küche runter. Es war neun Uhr morgens. In drei Stunden wollten wir zu unserem Haus am See aufbrechen, aber ich machte mich lieber aus dem Staub.
    Auf dem Küchentisch lagen lauter Merkzettel von meiner Mutter, Tüten mit Lebensmitteln und sonstigen Vorräten und eine Box mit den orangefarbenen Arzneidosen meines Vaters. Die bemühte ich mich zu ignorieren, als ich die Küche durchquerte und den Hinterausgang ansteuerte. Obwohl ich schon seit Jahren nicht mehr heimlich weggelaufen war, ging ich davon aus, dass es nicht wesentlich anders sein würde als beim Fahrradfahren – was ich, wie mir dabei auffiel, auch schon seit Jahren nicht mehr getan hatte. Aber an diesem Morgen war ich mit heftigem Herzklopfen und in Angstschweiß gebadet aufgewacht und wollte nur noch weg. Egal wohin, Hauptsache weg.
    »Taylor?« Entsetzt drehte ich mich um und sah meine zwölfjährige Schwester Gelsey am anderen Ende der Küche stehen. Obwohl sie noch im Schlafanzug war – einem mit glitzernden Ballettschuhen bedruckten Uraltmodell –, hatte sie ihre Haare schon zu einem perfekt sitzenden Knoten gebunden.
    »Was ist?«, fragte ich, trat einen Schritt von der Tür weg und versuchte so entspannt wie möglich auszusehen.
    Sie musterte mich mit finsterem Blick, starrte eine Weile auf die Tasche über meiner Schulter und fragte dann: »Was hast du denn vor?«
    »Nichts«, antwortete ich und lehnte mich betont lässig gegen die Wand, obwohl ich das wahrscheinlich in meinem ganzen Leben noch nie gemacht hatte. »Was gibt’s denn?«
    »Ich suche meinen iPod. Hast du den zufällig?«
    »Natürlich nicht«, antwortete ich barsch und verkniff es mir, sie darauf hinzuweisen, dass ich ihren iPod niemals anrühren würde, weil da außer Ballettmusik nur eine grausame Band namens The Bentley Boys drauf war, auf die sie total abfuhr.Das waren drei Brüder mit perfekt verwehten Ponyfrisuren und zweifelhaftem musikalischen Talent. »Kannst Mom ja mal fragen.«
    »Okay«, sagte sie langsam und sah mich immer noch skeptisch an. Dann vollführte sie eine Spitzendrehung und stürmte aus der Küche. Im Gehen schrie sie: »Mom!«
    Ich schob mich wieder auf die Hintertür zu, die jedoch plötzlich aufging, sodass ich erschrocken zurückzuckte. Herein kam Warren, mein älterer Bruder, beladen mit einem Papptablett voller Kaffeebecher und einem Karton vom Bäcker. »Morgen«, rief er.
    »Hi«, murmelte ich, schielte sehnsüchtig nach draußen und ärgerte mich, dass ich nicht schon fünf Minuten früher abgehauen war – oder einfach die Vordertür benutzt hatte.
    »Mom hat mich beauftragt, Kaffee und Bagels zu holen«, erklärte er, als er beides abstellte. »Du magst doch Sesam, stimmt’s?«
    Ich hasste Sesam. Warren war der Einzige von uns, der ihn mochte, aber ich sparte mir einen Kommentar dazu. »Klar«, sagte ich hastig. »Und wie.«
    Warren griff sich einen Kaffeebecher und trank einen Schluck. Obwohl er mit seinen neunzehn nur zwei Jahre älter war als ich, trug er wie üblich Khakihose und Polohemd, als ob er jeden Moment eine Vorstandssitzung leiten oder eine Runde Golf spielen müsste. »Wo sind denn die anderen abgeblieben?«, fragte er dann.
    »Keine Ahnung«, antwortete ich in der Hoffnung, dass er sich augenblicklich auf die Suche begeben würde. Aber er nickte nur und trank in aller Seelenruhe noch einen Schluck aus seinem Becher. »Mom hab ich oben gehört«, sagte ich schließlich, als klar wurde, dass mein Bruder den ganzen Morgen mit Kaffeeschlückchen und Vor-Sich-Hinstarren vertrödeln würde.
    »Ich werd mal Bescheid sagen, dass ich wieder da bin«, verkündete Warren und stellte, wie von mir erhofft, seinen Kaffee ab. Dann ging er zur Tür, blieb dort aber stehen und drehte sich noch mal um. »Ist er schon auf?«
    Ich zuckte die Schultern. »Weiß nicht«, antwortete ich betont unbeschwert, als ob das eine ganz alltägliche Frage wäre. Aber noch vor ein paar Wochen wäre es absolut undenkbar gewesen, dass mein Vater um diese Uhrzeit noch schlief – oder auch nur zu Hause war.
    Warren nickte wieder und verließ die Küche. Sobald er weg war, schoss ich zur Tür hinaus.
    Ich hastete durch unsere Einfahrt und atmete auf, als ich den Fußweg erreichte. Dann marschierte ich im Eiltempo die

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