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Der Nebel weicht

Der Nebel weicht

Titel: Der Nebel weicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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persönlich werden. Du weißt, daß ich dich immer für einen guten und fleißigen Mann gehalten habe.“ Bergen ordnete die Papiere auf seinem Schreibtisch. Dann blickte er wieder auf und sagte: „Archie, du übernimmst jetzt die Leitung hier.“
    „Was?“
    „Ich gehe auch weg.“
    „Aber, Bill … du kannst doch nicht …“
    „Ich kann und ich werde, Archie.“ Bergen erhob sich.
    „Weißt du, meine Frau wollte schon immer gern reisen, und ich muß über einige Dinge nachdenken. Mach dir weiter keine Gedanken darüber, es ist etwas, das mich schon seit Jahren beschäftigt, und ich glaube, ich sehe jetzt eine Antwort. Wir nehmen unseren Wagen und fahren in den Westen.“
    „Aber … aber … Mr. Rossman … Er verläßt sich auf dich, Bill …“
    „Ich fürchte, es gibt da einige wichtigere Dinge im Leben als Mr. Rossmans Landsitz“, entgegnete Bergen ruhig. „Du wirst schon damit zurechtkommen, selbst wenn auch Voss weggehen sollte.“
    Verwirrung und Furcht schlugen in Hohn um: „Angst vor den Tieren, wie?“
    „Natürlich nicht, Archie. Denke immer daran, daß du immer noch klüger bist als sie und, noch wichtiger, daß du Hände hast. Ein Gewehr hält alles auf.“ Bergen ging ans Fenster und sah hinaus. „Die Farm ist im Grunde genommen der sicherste Aufenthaltsort, den ich mir vorstellen kann. Falls das Erzeuger- und Verteilersystem für Nahrungsmittel zusammenbricht, was durchaus möglich ist, hast du wenigstens noch genug zu essen. Aber meine Frau und ich werden nicht jünger. Ich bin mein Leben lang nüchtern, gewissenhaft und fleißig gewesen – aber jetzt frage ich mich, ob ich diese Jahre nicht doch vergeudet habe.“
    Er wandte Brock den Rücken zu. „Leb wohl, Archie.“ Es war ein Befehl.
    Brock ging in den Hof hinaus, schüttelte den Kopf und murmelte vor sich hin. Joe winselte unruhig und schob seine Schnauze in Brocks Hand. Er streichelte das goldene Fell, ließ sich auf einer Bank nieder und nahm den Kopf zwischen die Hände.
    Das Problem ist, dachte er, daß nicht nur die Tiere und ich klüger geworden sind, sondern auch alle die anderen. Gott im Himmel, was läuft jetzt in Bill Bergens Schädel ab?
    Die Vorstellung war furchteinflößend. Geschwindigkeit, Umfang und Schärfe seines eigenen Verstandes waren plötzlich schmerzlich.
    Aber es war auch schwer vorstellbar. Bergen hatte sich nicht in einen Gott verwandelt. Seine Augen blitzten nicht. Seine Stimme klang nicht dröhnend und gebieterisch, und er fing nicht an, irgendwelche großartigen leuchtenden und röhrenden Maschinen zu bauen. Er wagte nicht darüber nachzudenken, zu was wohl ein normaler Mensch inzwischen geworden war. Er war noch immer ein hochgewachsener Mann mit hängenden Schultern, müdem Gesichtsausdruck und ruhiger, geduldiger Sprechweise, sonst nichts. Auch die Bäume waren immer noch grün, hinter einem Rosenstrauch schimpfte ein Vogel, und auf der Lehne der Bank saß eine kobaltblaue Fliege.
    Brock erinnerte sich undeutlich an die Predigten, die er bei den seltenen Gelegenheiten gehört hatte, wo er in die Kirche gegangen war. Das Ende der Welt … Würde sich der Himmel über ihm auftun, würden die Engel die Schalen des Zorns auf die erzitternde Erde ausleeren, und würde Gott erscheinen, um über die Söhne der Menschen Gericht zu halten? Er lauschte angestrengt nach dem Geräusch schwerer galoppierender Hufe, hörte aber nur den Wind in den Bäumen.
    Das war das schlimmste. Der Himmel war gleichgültig. Die Erde drehte sich auch weiterhin durch die dunkle und schweigende Unendlichkeit, und was sich innerhalb der dünnen, wimmelnden Schicht auf ihrer Oberfläche abspielte, war unwichtig. Niemand achtete darauf, es war bedeutungslos.
    Brock blickte auf seine abgeschabten Schuhe hinunter und dann auf die starken, behaarten Hände zwischen seinen Knien. Sie schienen ihm unglaublich fremd, die Hände eines anderen. Herr Jesus, dachte er, geschieht dies alles wirklich?
    Er packte Joe und drückte ihn fest an sich. Ganz plötzlich hatte er das wilde Verlangen nach einer Frau, nach jemandem, der ihn festhielt, der mit ihm sprechen würde, um ihn in die Einsamkeit des Himmels zu verbannen.
    Er erhob sich, kalter Schweiß bedeckte seinen Körper, und ging zu Bergens Hütte. Es war jetzt seine, nahm er an.
    Voss war ein junger Bursche – ein Stadtjunge, der nicht besonders schlau war und keine andere Arbeitsmöglichkeit gefunden hatte. Er blickte mürrisch von einem Buch auf, als der andere Mann das kleine

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