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Der Piratenfuerst

Der Piratenfuerst

Titel: Der Piratenfuerst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Winslade schwieg einen Moment; dann fragte er unvermittelt: »Wo wohnen Sie in London?«
    »In Southwark, im Hotel George.«
    »Ich gebe Ihnen eine Adresse: das Haus eines Freundes am St. James' Square.« Er lächelte über Bolithos bedenkliche Miene.
    »Machen Sie doch nicht so ein finsteres Gesicht! Es wird Zeit, daß Sie unter Menschen kommen und sich an Land etwas Rückendeckung sichern. Dieser Auftrag kann Sie mit anderen Leuten in Berührung bringen als mit abgeklapperten Stabskapitänen. Sie müssen die richtigen Leute kennenlernen, das kann Ihnen nur nützen. Ich schicke einen Kurier mit Instruktionen für Ihren Ersten Leutnant.« Er warf Bolitho einen raschen Blick zu. »Herrick, nehme ich an, von Ihrem letzten Schiff.«
    »Jawohl, Sir.« Er war sich nie im Zweifel darüber gewesen, wem er diesen Posten anbieten würde, wenn er je wieder ein Schiff bekäme.
    »Na schön, Mr. Herrick also. Er kann die anfallenden Sachen erledigen. Ich brauche Sie für die nächsten vier Tage in London. Mindestens!« bekräftigte er, als er den Protest in Bolithos Miene sah. Nachdenklich blickte der Admiral ihn sekundenlang an. Gewiß, Bolitho wollte so schnell wie möglich wieder auf sein Schiff und fühlte sich in der fremden, verwirrenden Umgebung unsicher. Das und noch mehr stand ihm im Gesicht geschrieben. Als Bolitho vorhin ins Zimmer trat, war dem Admiral die Ähnlichkeit mit dem Vater aufgefallen: groß, schlank, das schwarze Haar am Nackenansatz zusammengebunden. Jedoch die schwarze Locke über dem rechten Auge erzählte eine andere Geschichte. Einmal, als Bolitho sein Glas hob, war sie verrutscht, so daß darunter eine weißliche Narbe sichtbar wurde, die sich bis in den Haaransatz hineinzog. Winslade war mit seiner Wahl sehr zufrieden. Bolithos ernste Züge verrieten Intelligenz und auch Mitgefühl, das sogar in sieben Kriegsjahren nicht geschwunden war. Winslade hätte sich seinen Mann aus hundert Kapitänen aussuchen können, aber er wollte einen haben, der ein Schiff und das Meer brauchte und nicht bloß die materielle Sicherheit, die eine solche Stellung mit sich brachte. Und er brauchte einen Mann, der nicht nur denken, sondern auch entsprechend handeln konnte, der sich nicht einfach auf die Feuerkraft seiner Breitseiten verließ. Bolithos Personalakte bewies deutlich, daß ihm eine schriftliche Order nicht die eigene Initiative ersetzte. Mehrere Admirale hatten gemurrt, als Winslade ihn für dieses Kommando vorschlug. Aber Winslade hatte seinen Kopf durchgesetzt, denn er hatte das Parlament hinter sich, und das war ebenfalls eine Seltenheit.
    Mit einem Seufzer griff er nach der Tischglocke. »Gehen Sie jetzt, und leiten Sie Ihren Umzug in die Wege – ich gebe Ihnen gleich die Adresse. Im übrigen habe ich viel zu tun, also amüsieren Sie sich ruhig, so lange Sie können!«
    Auf sein Läuten erschien ein Diener, brachte Bolithos Hut und Degen und legte ihm geschickt das Gehänge um. Winslade sah aufmerksam zu. »Immer noch dieselbe alte Klinge, wie?«
    Er faßte den Degen an – eine in langem Dienst glattgewetzte Waffe und viel leichter als die modernen Degen.
    »Aye, Sir«, lächelte Bolitho. »Mein Vater gab ihn mir, als...«
    »Ich weiß. Denken Sie nicht mehr an die Geschichte mit Ihrem Bruder, Bolitho.« Er tippte nochmals an den Degengriff.
    »Ihre Familie hat in vielen Generationen so viel Ehre angesammelt, daß sie durch einen einzelnen nicht entehrt werden kann.« Er hielt ihm die Hand hin. »Seien Sie vorsichtig.
    Sicher zerreißen sich schon manche Leute den Mund über Ihren heutigen Besuch bei mir.«
    Bolitho trat hinter dem Diener auf den Flur und dachte unruhig über die verschiedenen Gesichtspunkte der Unterredung nach. Madras... Ein fremder Kontinent... Eine lange, schwierige Reise, aber offenbar nur der Anfang seiner Mission.
    Jede Meile, die er segelte, würde ihre Schwierigkeiten bringen, dachte er lächelnd. Und ihren Lohn. Er blieb einen Augenblick unter dem Torbogen stehen und starrte auf das Gewimmel der Menschen und Wagen. Bald würde er wieder auf dem offenen Meer sein, nicht mehr in diesem Schmutz und Lärm! Ein Schiff war ein lebendiges Wesen, etwas ganz anderes als diese langweiligen, pompösen Bauwerke.
    Jemand berührte seinen Arm. Er fuhr herum und sah einen jungen Mann in schäbiger Uniform, der ihn mit banger Erwartung anblickte. »Ja, bitte? Sie wünschen?«
    »Mein Name ist Chatterton, Captain«, sagte der Mann gepreßt. »Ich war Zweiter Leutnant auf der Warrior,

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