Der Saubere Tod
kühl und sauber.
Epilog
Johann Ritter wurde unter Mordanklage gestellt und wartete im Gefängnis darauf, was geschehen würde, ohne Protest, ohne ein Wort.
Am Dienstag nach seiner Verhaftung trafen das Ehepaar Meier und die Familie Herbert Ehlers aus Münster in Berlin ein, sie hatten ihre Ankunft in einem Telegramm angekündigt. Friedrich Meier, seine Frau Gisela, seine Tochter Frauke und deren Ehemann Herbert mit ihrer dreijährigen Tochter Franziska kamen, um ihren verstorbenen Sohn, Bruder und Schwager Peter nach Münster zu überführen, um ihn in heimischer Erde begraben zu lassen.
Sie trugen alle Schwarz und ließen sich auf den Gartenstühlen nieder. Barbara wußte nicht, ob sie ihnen ihr Beileid aussprechen sollte. Meier, dessen Anzug an Rücken, Bauch und Schultern spannte, rauchte eine filterlose Zigarette. Seine Frau mit blondem hochtoupiertem Haar ragte an beiden Seiten über den schmächtigen weißen Sitz. Der jüngere Mann, Herr Ehlers, mit Bürstenschnitt und blondem Schnurrbärtchen, saß gerade und aufrecht und strich sich den Mantel glatt. Seine Frau, Peters Schwester, lümmelte, das Kind im Auge, das den großen Raum besichtigte, auf ihrem Stuhl, so daß ihr schwangerer Bauch in bequemer Position ruhte.
Da hat man ihn also umgebracht, unsern Jungen, sagte Friedrich Meier. Da hat man ihn also umgebracht.
Die dicke blonde Frau begann lautlos und bebend zu schluchzen. Sie zog pfeifend den Atem ein. Ihr Schwiegersohnsah zur Seite, rückte auf seinem Stuhl hin und her und strich seinen Mantel glatt. Frauke sah aus dem Fenster.
Wissen Sie, wers war, junge Frau? Weiß man, wers getan hat? Das gleiche muß man mit den Kerlen auch tun, aber langsam, ganz langsam, damit es ihnen klar wird.
Friedrich! rief seine Frau. Davon wird er auch nicht wieder lebendig.
Wissen Sie, junge Frau, sagte Peters Vater, er mag hier in der großen Stadt vielleicht seinen Weg gefunden und eine Karriere gemacht haben, aber zu Hause war er hier doch nicht und deshalb – Ich denke, es ist recht, daß wir ihn heimholen, auch wenn er lange fort war.
Sie müssen aber nicht denken, daß er uns vergessen hätte, sagte die Mutter, die aufgehört hatte zu schluchzen. Er hat regelmäßig geschrieben, mein Junge.
Ach, Mama, sagte die Tochter. Er hat seit zwei Jahren keinen Brief mehr geschickt.
Er hat regelmäßig geschrieben, sagte die Mutter. Aber er hatte zu viel zu tun. Und was weißt denn du. Er hat eine Karriere gemacht. Er hat gearbeitet und es zu was gebracht. Wissen Sie, es war klar, daß aus ihm was werden würde, er hatte so was an sich, er war anders als die andern, mein Junge, er war das schönste Kind von der ganzen Stadt.
Ach, sagte Frauke und zog die Nase hoch.
Ich hab ihn eine anständige Ausbildung machen lassen, sagte Meier. Er hat seinen Autoschlosser gemacht, aber es mag schon sein, daß er für was anderes angelegt war, wie meine Frau sagt, oder? Er kratzte seinen ausrasierten Nacken. Was meinst du, Herbert?
Herbert Ehlers setzte sich auf und strich seinen Mantel glatt. Wohl schon, Vater. Wissen Sie, wir hatten zur gleichen Zeit Wehrdienst, das heißt, ich hatte mich ja verpflichtet und bin dann zu den Fallschirmjägern. Jedenfalls war er ein guter Kamerad. Aber gleich nach dem Bund ist er ja fort.
Weil es ihm bei uns in der Provinz zu eng war, dem Jungen, ist er fort in die Großstadt! rief Frau Meier. Und er hats zu was gebracht, hat diese ganzen Restaurants eröffnet, und das in der heutigen Zeit. Wissen Sie, Fräulein, daß er mal das schönste –
Mama, na ja, unterbrach ihre Tochter sie, wen interessiert das denn? Sie schüttelte den Kopf und zog die Nase hoch.
Frauke, du läßt mich ausreden, bitte, ja? Das Fräulein wird schon sagen, wenn sie sich langweilt, sie kannte meinen Peter ja auch, nicht wahr, Fräulein?
Barbara nickte.
Wir haben nämlich einmal in einem Fotowettbewerb den ersten Preis gewonnen, der Peter und ich, als schönstes Baby. Das war der Fotograf Maltzahn, wissen Sie. Vielleicht lachen Sie da, aber er war schön, auch noch, als er groß wurde, ein Engel, und er wußte, was er wollte, und er hatte nie was mit Mädchen.
Hätte lieber daheimbleiben sollen und heiraten wie die Frauke, sagte der Vater, dann wärs nicht so weit gekommen.
Aber nur in der Großstadt konnte ers zu was bringen, er war nicht für die Kleinstadt gemacht, mein Junge. Und er hats zu was gebracht, nicht wahr, Fräulein?
Barbara nickte.
Na ja, sagte Frauke und zog die Nase hoch, und wir, ham wir
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