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Der Schatz von Franchard

Titel: Der Schatz von Franchard Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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ihr die Treppe hinunter in den Garten gerast, das noch halbschlafende Mädchen hinter sich herschleifend.
    Die Flüchtlinge trafen sich, wie durch gemeinsamen Instinkt geleitet, in der Laube. Eine Sekunde lang brach sich der Mond durch die Wolken Bahn und enthüllte vier aneinandergedrängte Gestalten in bunt durcheinandergewürfelten, flatternden und stark mangelhaften Verkleidungen. Bei diesem demütigenden Schauspiel raffte Anastasie ihr Nachthemd verzweifelt zusammen und brach in geräuschvolles Weinen aus. Der Doktor flog, sie zu trösten, aber sie schob ihn weg. In jedem einzelnen vermutete sie Zuschauer von draußen und glaubte die Dunkelheit voll von spähenden Augen.
    Ein zweiter Strahl und ein weiterer heftiger Windstoß; man sah das Haus in allen Fugen schwanken, und gerade als das Licht erlosch, verkündete ein Krachen, das das Brüllen des Windes übertönte, seinen Fall. Im nächsten Augenblick schwirrte der ganze Garten von fliegenden Dachpfannen und Mauerziegeln. Ein derartiges Wurfgeschoß berührte im Vorbeisausen des Doktors Ohr; ein zweites fiel Aline auf den Fuß, die sogleich die Nacht mit dem Grausen ihrer Schreie erfüllte.
    Inzwischen war das Dorf munter geworden, Lichter blitzten in den Fenstern auf, Zurufe drangen zu den vieren vor, und der Doktor versuchte sie, heldenmütig gegen Aline und das Unwetter ankämpfend, zu beantworten. Allein die Aussicht, Hilfe zu bekommen, rüttelte Anastasie zu aktiverem Schrecken wach.
    »Henri, es werden Leute kommen,« schrie sie ihrem Gatten ins Ohr.
    »Ich hoffe es,« war die Antwort.
    »Das geht nicht. Lieber sterbe ich,« jammerte sie.
    »Liebes Kind,« sagte der Doktor tadelnd, »du bist aufgeregt. Ich habe dir doch Kleider gegeben. Was hast du denn mit ihnen gemacht?«
    »Ach, ich weiß es doch nicht, – ich muß sie weggeworfen haben. Wo sind sie nur?« schluchzte sie.
    Desprez tappte in der Dunkelheit herum. »Ausgezeichnet!« bemerkte er; »meine grauen Manchesterhosen! Gerade das, was du brauchst.«
    »Gib sie her,« schrie sie krampfhaft; aber sobald sie sie in der Hand hielt, schien sie wie umgewechselt – einen Augenblick stand sie stumm da, und dann drängte sie dem Doktor das Kleidungsstück wieder auf. »Gib sie Aline,« sagte sie, – »armes Mädchen.«
    »Unsinn,« sagte der Doktor. »Aline weiß ja gar nicht, wie ihr geschieht. Sie hat vor Schrecken den Verstand verloren. Außerdem ist sie nur ein Bauernmädel. Nebenbei bin ich ernstlich besorgt über eine der artige Exponierung einer Person mit so haushockerischen Angewohnheiten, wie du es bist. Meine Besorgnis und deine phantastische Schamhaftigkeit deuten beide auf das gleiche Gegenmittel – die Pantalons.« Und er hielt sie ihr hin.»Es ist unmöglich. Du verstehst mich nicht,« sagte sie würdevoll.
    Mittlerweile war Hilfe herangenaht. Es hatte sich als unmöglich herausgestellt, von der Straße her einzudringen, da das Tor mit Mauerwerk verschüttet war, und die Regenhuschen drohten, weitere Lawinen loszulösen. Aber zwischen dem Garten des Doktors und dem Nachbarsgarten zur Rechten gab es jene überaus malerische Vorrichtung – einen Gemeindebrunnen. Die Tür nach der Desprezschen Seite hin war zufällig unverriegelt gewesen und jetzt tauchten in der gewölbten Öffnung das bärtige Gesicht eines Mannes und ein Arm auf, der mit einer Laterne in die stürmische Welt der Dunkelheit hineinleuchtete, in der Anastasie ihre Leiden verbarg. Das Licht fiel hier und dort auf die unruhigen Apfelbaumzweige und schimmerte auf dem Grase; allein die Laterne wurde Anastasie zum Mittelpunkt der Welt. Sie fuhr vor dem Eindringling zurück. »Hierher,« schrie der Mann. »Seid ihr alle in Sicherheit?«
    Aline rannte noch immer schreiend auf den Neuankömmling zu und wurde mit dem Kopfe voran durch die Maueröffnung gezerrt.
    »Jetzt ist die Reihe an dir, vorwärts, Anastasie,« sagte deren Gatte.
    »Ich kann nicht,« erwiderte sie.
    »Sollen wir hier vielleicht alle an Erkältung sterben, Madame?« donnerte sie Doktor Desprez an.
    »Du kannst ja gehen!« rief sie. »So geh doch, geh doch! Ich kann hier bleiben; mir ist ganz warm.«
    Mit einem Fluch packte sie der Doktor bei den Schultern.»Halt!« schrie sie. »Ich werde sie anziehen.«
    Sie nahm die verhaßten Dinger zum zweitenmal in die Hand, aber ihr Widerwillen war stärker als ihre Scham. »Niemals!« rief sie schaudernd und warf sie im weiten Bogen in die Nacht hinaus.
    Im nächsten Moment hatte der Doktor sie dem Brunnen

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