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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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keiner von uns vorstellen. Nahezu jeder Inselvulkan neigt dazu, mit zunehmendem Alter immer steiler zu werden. Wenn er zu steil wird, bricht ein Teil von ihm ab. Die Regierung von La Palma stellt sich blind und taub. Die Frage ist nicht, dass es passiert, sondern wann es passiert. In hundert Jahren? In tausend? Einzig das wissen wir nicht. Die hiesigen Vulkanausbrüche pflegen sich nicht anzukündigen.«
    »Was geschieht, wenn der halbe Berg ins Meer stürzt?«, fragte die Repräsentantin.
    »Die Gesteinsmasse wird Unmengen von Wasser verdrängen«, sagte Bohrmann, »die sich immer höher auftürmen. Der Aufprall erfolgt mit schätzungsweise 350 Stundenkilometern. Das Geröll würde 60 Kilometer weit ins offene Meer hineinreichen, wodurch das Wasser nicht einfach über das Gestein zurückfluten kann. Es kommt zur Bildung einer riesigen Luftblase, die noch weit mehr Wasser verdrängt als der abstürzende Fels. Was nun geschieht, darüber gehen die Meinungen tatsächlich ein bisschen auseinander, allerdings gibt keine der Varianten Anlass zu guter Laune. In unmittelbarer Nähe von La Palma wird der Abbruch eine Riesenwelle erzeugen, deren Höhe zwischen 600 und 900 Metern liegen dürfte. Sie rast mit etwa 1000 Stundenkilometern los. Im Gegensatz zu Erdbeben sind Bergstürze und Erdrutsche Punktereignisse. Die Wellen werden sich radial über den Atlantik ausbreiten und ihre Energie verteilen. Je weiter sie sich vom Ausgangspunkt entfernen, desto flacher werden sie.«
    »Klingt tröstlich«, murmelte der Technische Leiter.
    »Nur bedingt. Die Kanarischen Inseln werden im selben Augenblick ausgelöscht. Eine Stunde nach dem Abbruch trifft ein 100 Meter hoher Tsunami auf die afrikanische West-Sahara-Küste. Zum Vergleich: Der in Nordeuropa hat in den Fjorden 40 Meter erreicht, und das Ergebnis ist bekannt. Sechs bis acht Stunden später überrollt eine 50 Meter hohe Welle die Karibik, verwüstet die Antillen und überschwemmt die Ostküste der USA zwischen New York und Miami. Unmittelbar darauf prallt sie mit gleicher Wucht gegen Brasilien. Kleinere Wellen erreichen Spanien, Portugal und die Britischen Inseln. Die Auswirkungen wären verheerend, auch für Zentraleuropa, wo die komplette Ökonomie zusammenbrechen würde.«
    Die De-Beers-Leute wurden blass. Frost grinste in die Runde. »Hat zufällig jemand Deep Impact gesehen?«
    »Den Film? Diese Welle war aber doch viel höher«, sagte die Repräsentantin. »Mehrere hundert Meter.«
    »Um New York auszulöschen, reichen 50 Meter. Beim Aufprall wird so viel Energie freigesetzt, wie die gesamten Vereinigten Staaten in einem Jahr verbrauchen. Die Höhe der Häuser müssen Sie in Ihrer Betrachtung vernachlässigen, ein Tsunami ist ein Problem für die Fundamente. Der Rest stürzt einfach ein, wie hoch er auch gebaut sein mag. Und keiner von uns ist Bruce Willis, wenn ich das hinzufügen darf.« Er machte eine Pause und zeigte den Hang hinab. »Um die hiesige Westflanke zu destabilisieren, brauchen Sie entweder einen Ausbruch des Cumbre Vieja oder eine unterseeische Rutschung. Daran arbeiten die Würmer. Sozusagen an einer Miniausgabe dessen, was sie in Nordeuropa angerichtet haben, aber es dürfte reichen, um einen Teil der untermeerischen Vulkansäule abrutschen und in die Tiefe stürzen zu lassen. Die Folge wäre ein kleines Erdbeben, genug, um die Statik des Cumbre durcheinander zu bringen. Möglicherweise führt dieses Erdbeben sogar zu einer Eruption, auf alle Fälle wird der Westhang seinen Halt verlieren. So oder so, es wird rappeln. Die Katastrophe wird eintreten. Vor Norwegen haben die Würmer ein paar Wochen gebraucht, hier könnte es schneller gehen.«
    »Wie viel Zeit bleibt uns?«
    »So gut wie keine. Die raffinierten kleinen Biester haben sich Stellen im Ozean gesucht, auf die man nicht gleich kommt. Sie nutzen die Fortpflanzungsfähigkeit von Impulswellen im offenen Meer. Die Nordsee war ein Treffer, aber so richtig dreckig geht's der menschlichen Zivilisation erst, wenn am anderen Ende der Welt ein harmlos aussehendes kleines Inselchen kollabiert.«
    Van Maarten rieb sich das Kinn.
    »Wir haben einen Prototyp des Rüssels gebaut, der auf 300 Meter runtergehen kann. Er funktioniert. Mit größeren Tiefen haben wir bis jetzt keine Erfahrungen gemacht, aber ...«
    »Wir könnten den Rüssel verlängern«, schlug die Repräsentantin vor.
    »Das müssten wir praktisch aus dem Hut zaubern. Aber gut, wenn wir alles andere stoppen ... Was mir eher Sorgen bereitet, ist

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