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Der Schwarm

Der Schwarm

Titel: Der Schwarm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Blasen, und Anawak war wieder allein auf der schimmernden Weite.
    Er sah sich um.
    Eben ging die Sonne auf. Dunst hing zwischen den Bergen. Die flache Dünung des Meeres tönte sich blau.
    Keine Wale.
    Stoßartig ließ Anawak den Atem entweichen. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass sein Herz wie wild pochte. Er legte die Kamera zurück in die geöffnete Tasche, nahm erneut den Feldstecher zur Hand und überlegte es sich anders. Seine beiden neuen Freunde konnten nicht weit sein. Er holte den Rekorder hervor, setzte die Kopfhörer auf und ließ das Hydrophon langsam ins Wasser gleiten. Unterwassermikrophone waren so empfindlich, dass sie noch die Geräusche aufsteigender Luftblasen erfassten. Im Kopfhörer rauschte, pluckerte und dröhnte es, aber nichts ließ auf Wale schließen. Anawak verharrte in Erwartung ihrer charakteristischen Laute, doch alles blieb ruhig.
    Schließlich zog er das Hydrophon wieder an Bord.
    Nach einer Weile sah er weit draußen einige Atemwolken. Dabei blieb es. Ob es ihm passte oder nicht, es wurde Zeit, umzukehren.
    Auf halbem Wege nach Tofino stellte er sich vor, wie wohl Touristen auf das Schauspiel reagiert hätten. Wie sie reagieren würden, wenn es sich wiederholte. Es würde sich herumsprechen. Davies und seine dressierten Wale. Sie würden sich vor Anfragen kaum retten können.
    Phantastisch!
    Während das Zodiac eine Schneise ins glatte Wasser der Bucht riss, durchwanderte sein Blick die umliegenden Wälder.
    Irgendwie ein bisschen zu phantastisch.

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    23. März
    Trondheim, Norwegen
    Sigur Johanson wurde aus dem Schlaf gerissen. Es schellte. Er tastete irrtümlich nach dem Wecker, bis ihm klar wurde, dass es das Telefon war. Fluchend und augenreibend richtete er sich auf. Sein Orientierungssinn wollte sich nicht recht einstellen, und er kippte wieder nach hinten. In seinem Schädel drehte sich alles.
    Was war los gewesen gestern Abend? Sie waren versackt, er und ein paar Kollegen. Studenten waren auch dabei gewesen. Dabei hatten sie nur zu Abend essen wollen im Havfruen, einem umgebauten Speicher nahe der Gamle Bybru, der alten Stadtbrücke. Im Havfruen gab es köstliche Fischgerichte und einige gute Weine. Einige sehr gute Weine, wie er sich plötzlich erinnerte. Sie hatten am Fenster gesessen und auf den Fluss hinausgesehen mit seinen stromaufwärts gelegenen Piers und kleinen Privatbooten, hatten den Lauf der Nidelva verfolgt, wie sie gemächlich in den nahen Trondheimfjord floss, und auch in ihre Kehlen war einiges geflossen. Jemand hatte angefangen, Witze zu erzählen. Danach war Johanson mit dem Patron in einen feuchten Keller hinabgestiegen und hatte sich gut gelagerte Schätze zeigen lassen, die der Chef gemeinhin nicht rausrückte.
    Das Problem dieses frühen Morgens schien unter anderem darin zu bestehen, dass er sie am Ende doch rausgerückt hatte.
    Johanson seufzte.
    Ich bin sechsundfünfzig, dachte er, während er sich hochstemmte und diesmal aufrecht sitzen blieb. Ich sollte so was nicht mehr tun. Nein, falsch, ich sollte es tun, aber niemand sollte mich so früh anrufen, nachdem ich es getan habe.
    Es schellte weiter. Hartnäckig. Unter übertriebenem Ächzen, wie er zugeben musste – zumal niemand anwesend war, es zu hören –, stellte er sich auf die Beine und gelangte taumelig ins Wohnzimmer. Hatte er heute Vorlesung? Der Gedanke traf ihn wie eine Faust. Schrecklich! Grauenhafte Vorstellung, da vorne zu stehen und exakt so alt auszusehen, wie er war, kaum fähig, das Kinn von der Brust zu heben. Er würde sich mit seinem Hemdkragen und seiner Krawatte unterhalten, sofern seine Zunge es überhaupt gestattete. Augenblicklich lag sie pelzigin seinem Mund und schien allem abgeneigt, was mit Bewegung und Artikulation einherging.
    Als er endlich den Hörer abnahm, fiel ihm plötzlich ein, dass Samstag war. Seine Laune besserte sich schlagartig.
    »Johanson«, meldete er sich überraschend klar.
    »Mein Gott, brauchst du lange«, sagte Tina Lund.
    Johanson verdrehte die Augen und sank in den Fernsehsessel.
    »Wie viel Uhr ist es?«
    »Halb sieben. Warum?«
    »Es ist Samstag.«
    »Ich weiß, dass Samstag ist. Hast du irgendwas? Du klingst nicht besonders gut.«
    »Ich bin auch nicht besonders gut drauf. Was willst du um diese nebenbei gesagt völlig indiskutable Uhrzeit?«
    Lund kicherte.
    »Ich wollte dich überreden, raus nach Tyholt zu kommen.«
    »Ins Institut? Wozu, um alles in der Welt?«
    »Ich dachte, es wäre nett, zusammen frühstücken zu gehen. Kare

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