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Der schwarze Prinz

Titel: Der schwarze Prinz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Netty
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zuflog, ging Svenya schon in Kampfhaltung, wie sie es bis zur Erschöpfung bei Yrr und deren Kriegerinnen gelernt hatte, ihre Hände zu Fäusten geballt, und sprang herumwirbelnd auf ihn zu. In der Mitte der schnellen Drehung schoss ihr Bein nach oben, ihr Fuß beschrieb einen Viertelkreis, bevor er den riesigen, felligen Kopf traf. Der Tritt war so hart, dass er den monströsen Angreifer nach hinten katapultierte ... wo er nahe bei der Balustrade des Daches zu Boden ging.
    »Das ist alles?«, fragte Svenya - und war wirklich überrascht. Im Vergleich zu ihrem vergangenen Kampf gegen Gerulf, den Hauptmann der Mannwölfe Laurins, war das hier schon beinahe ein Kinderspiel. »Treibst du dich deswegen alleine hier draußen herum und holst dir die Opfer unter den Wehrlosen, weil es zu mehr nicht reicht?«
    Sie beobachtete ihren Gegner dabei, wie er von ihrem Tritt angeschlagen versuchte, wieder auf die Beine zu kommen. Es sah tatsächlich erbärmlich aus, wie er immer wieder benommen wegrutschte, aber statt Mitgefühl stieg in Svenya Wut auf. Wut darüber, dass es vermutlich genau die fehlende Stärke dieses Monsters war, die es aus Aarhain, der Festung des Schwarzen Prinzen, fort getrieben hatte und seine Opfer hier unter den Wehrlosen suchen ließ.
    Aus Schwäche, Feigheit und Angst entstehen die größten Grausamkeiten , hatte ihr früherer Lehrer, Raegnir, oft gepredigt, und allmählich begann Svenya zu verstehen, was er damit gemeint hatte. Dieses Vieh vor ihr, dem es jetzt langsam gelang, sich wieder aufzurichten, tötete nicht aus Notwendigkeit heraus oder um sich zu ernähren ... es killte, um sich stark zu fühlen.
    »Hat das wirklich funktioniert?«, fragte Svenya den Mannwolf, während sie auf ihn zuging. »Hat dir das Töten armer, hilfloser Menschen wirklich das Gefühl von Überlegenheit gegeben, das du unter deinesgleichen nie hattest? Konnte dein Geist dir tatsächlich vorgaukeln, du seist stark, nur weil du dich an Schwächeren vergriffen hast?«
    Der Mannwolf wich winselnd vor ihr zurück. Svenya fühlte trotz des Regens, der ihr ins Gesicht klatschte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. »Mussten sie...« Ihre Stimme stockte. »Mussten sie wirklich ... leiden und sterben ... nur damit du dich mächtig fühlen konntest?«
    Der Mannwolf war bis zum äußeren Rand des Daches nach hinten gekrabbelt, und Svenya erreichte ihn. Sie konnte in seinem Blick lesen, dass sie die Wahrheit sprach ... dass sie ihn als den Feigling erkannt hatte, der er war.
    Er senkte den Kopf, und Svenya hob die Faust, um zuzuschlagen ... um ihrer Wut und ihrer verzweifelten Verachtung freien Lauf zu lassen. Vielleicht hatte Hagen ja recht und diese Bestie verdiente keine Milde. Svenya wusste, dass sie inzwischen die Kraft hatte, ihn mit einem einzigen Hieb zu töten. Doch sosehr alles in ihr auch danach schrie, ihre Faust gegen seinen Schädel krachen zu lassen, ihn zu spalten - sie konnte es nicht. Es ging einfach nicht. Da war kein Mitleid, das sie bremste ... nur ihre Natur ... ihr Respekt vor dem Leben ... und die eiserne Entscheidung, sich durch das Bekämpfen von Monstern nicht selbst zu einem machen zu lassen. Er mochte sich noch so oft an Schwächeren vergriffen haben, sie würde das nicht tun.
    Statt zuzuschlagen, stieß sie ihn nach hinten.
    Heulend und vergeblich in der Luft nach Halt suchend stürzte der Mannwolf acht Stockwerke in die Tiefe ... und krachte unten auf der Straße mit seinem Rücken auf eines der Autowracks. Der Aufprall seines großen Körpers verwandelte dessen letzte intakte Scheiben in Hunderte Meiner Kristalle, die wie Schrapnell in alle Richtungen geschleudert wurden.
    Svenya sprang ihm nach. Das rote Cape, das sie sich als Verkleidung angelegt hatte, klatschte über ihr nass im Wind des Fluges wie ein Segel im Sturm. Der Sprung war mehr als zwanzig Meter tief, aber Svenya landete so leichtfüßig, als wäre es nur einer gewesen. Sie war durchaus auf eine weitere Attacke des Mannwolfes gefasst, rechnete jedoch nicht ernsthaft damit. Er lag betäubt auf dem eingedrückten Autodach, starrte sie müde an und machte keinen Versuch, sich zu bewegen.
    Svenya holte aus der Tasche zwei kleine Plastikschlaufen hervor, die sie selbst mithilfe von Raik entwickelt hatte. In ihren Kern waren Fäden aus Silber und rohem Eisen gegossen. Svenya fand sie praktischer und weniger umständlich als das große Fangnetz, mit dem auch sie gefangen worden war in jener Nacht, als sie Hagen und Laurin das erste Mal

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