Der schwarze Prinz
nach Schwarzalfheim zurückzukehren.
»Was führst du im Schilde, Lau’Ley?«, fragte Laurin, ohne sich zu ihr herumzudrehen. Sie zuckte zusammen, obwohl sie hätte wissen müssen, dass seinen feinen Sinnen nichts entging. »Was beschäftigt dich?«
»Ich plane ein Fest«, log sie, weil ihr auf die Schnelle nichts Besseres einfiel, und trat von hinter der Säule hervor, um zu ihm hinüber auf die Zinne zu schweben.
»Es ist nicht die Zeit für Feste«, sagte er leise. »Und es gibt auch keinen Anlass zu feiern. Nicht den geringsten.«
»Deine Leute werden unruhig«, sagte sie. »Seit ... seit...«
»Seit meiner Niederlage«, sprach er mit kalter Stimme weiter, wo sie stockte. »Nenn die Dinge ruhig bei ihrem Namen.«
»Seitdem sitzen sie untätig herum«, fuhr Lau’Ley fort, unwillig, das Wort Niederlage laut auszusprechen. »Sie sind verunsichert.«
»Und unzufrieden«, sagte Laurin, noch immer ohne sich ihr zuzuwenden. »Zu Recht. Ich habe ihnen die Heimkehr versprochen, und stattdessen mussten sie mit ansehen, wie ihr unbesiegbarer Anführer besiegt wurde.«
»Wenn du preisgeben würdest, wer sie wirklich ist, würden sie vielleicht besser verstehen, warum sie dazu überhaupt erst in der Lage war.«
»Glaub mir, das würde die Dinge nur schlimmer machen«, widersprach er und schüttelte den Kopf. »Es würde die Chance vergrößern, dass sie selbst es erfährt. Und das wäre wirklich fatal.«
»Dann sag es mir«, begehrte sie. »Auf dass wenigstens ich es verstehe. Du weißt, dass ihr Geheimnis bei mir sicher aufgehoben wäre.«
»Ist etwa auch dein Vertrauen in mich geschwächt?«, fragte er -und jetzt endlich drehte er sich zu ihr um.
Sie senkte den Blick, damit er nicht in ihren Augen lesen konnte, was wirklich in ihr vor sich ging. »Natürlich nicht, mein Herr und
Gebieter. Nichts auf dieser Welt könnte meinen Glauben in dich erschüttern. Ich dachte nur...«
»Was dachtest du?« Seine Stimme hatte plötzlich einen eindringlichen Klang angenommen.
»Dass du es dir von der Seele reden möchtest«, antwortete sie eilig. Nicht vorzustellen, was er mit ihr täte, wenn ihm klar wurde, was sie wirklich plante. »Dass du die schwere Last nicht alleine auf deinen Schultern tragen müsstest.«
Er fasste sie mit seiner Rechten unter dem Kinn und hob ihr Gesicht an. In seinen Augen war nicht ein Quäntchen Zärtlichkeit zu erkennen, geschweige denn Zuneigung. »Du lässt sie in Ruhe, Lau’Ley.«
»Ich...«, begann sie, doch sein Griff an ihrem Kinn wurde fester -hart wie ein Schraubstock. Er zog seinen Arm nach unten und zwang sie damit auf die Knie.
»Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«, fragte er kalt und schaute von oben auf sie herab.
»Das hast du, mein Herr und Gebieter«, beeilte sie sich zu antworten.
»Du wirst sie weder verfolgen noch bekämpfen...«
»Nein, mein Herr...«
»... ihr kein Haar krümmen, selbst wenn sich dir die Gelegenheit dazu ganz ohne Kampf bieten würde.«
»Nein, mein Herr.«
»Und sie auch nicht vergiften.«
Lau’Ley hatte gehofft, dass er vergessen würde, das zu erwähnen. »Nein, mein Herr.«
»Schwöre es!«
»Ich schwöre!«, sagte sie, ohne zu zögern ...
... genauso, wie sie, ohne zu zögern, entschied, dass sie diesen Schwur brechen würde, sobald sich auch nur der Hauch einer Gelegenheit dazu bot.
4
Elbenthal
König Alberich und General Hagen standen inmitten des gewaltigen Saales, der Svenya in seinem gesamten Aufbau immer wieder an das Innere der Dresdner Frauenkirche erinnerte. Ein hoher runder Bau, von Säulenbögen und Galerien umgeben - gekrönt von einer hohen Kuppel. Es war nicht auszuschließen, dass einer der wenigen menschlichen Besucher, die im Laufe der Jahrhunderte das Privileg genossen hatten, die unterirdische Festung zu betreten, den Saal als Vorbild für die Kirche genommen hatte. Svenya schritt zu den beiden Elbenfürsten hinüber und fand es wie immer faszinierend, wie ähnlich Vater und Sohn einander sahen - auch wenn Alberichs Antlitz und Körper durch die Abwendung des Fluches, den Svenya bei ihrer Ankunft in Unwissenheit ausgelöst hatte, und die Magie, die ihn das gekostet hatte, jetzt die eines alten Mannes waren. Aber als er sie sah, hellte sich sein Gesicht mit einem Lächeln auf. Seit Svenya ihr Schicksal als Hüterin Midgards und die damit verbundene Verantwortung akzeptiert hatte, war aus der kühlen und strengen Hoheit, die der König ihr gegenüber anfänglich an den Tag gelegt hatte, warme Zuneigung
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