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Der Stern des Untergangs

Titel: Der Stern des Untergangs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David C. Smith & Richard L. Tierney
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erst, als sie sah, dass es Daron war.
    Er achtete jedoch überhaupt nicht auf sie, sondern starrte unentwegt auf die sich nähernde Wolke.
    Sie war verhältnismäßig groß und warf ihren Schatten im Vorbeirasen über die grauen Wildkräuter der Wiesen und auf das kalte Wasser des Flusses und auf die krummen Planken der Brücke. Aller Augen ruhten auf ihr. Sie sah aus wie aus Meeresgischt, zu schwer, um von der Luft hochgehalten zu werden. Der Schatten in ihr war gewiss der eines menschlichen Wesens, denn ohne Zweifel war der Schrei, der davon ausging, der eines Mannes, durch Zauber ins Ungeheure verstärkt.
    Sonja und Daron drehten beide die Köpfe und verrenkten sich fast den Hals, als die Wolke langsam über sie hinwegtrieb und in der Luft über dem Hauptplatz des Dorfes anhielt. Inzwischen hatten sich Hunderte hier zusammengefunden, und als die Wolke herbeisegelte, wichen sie ihr furchtsam aus.
    Die Gestalt in ihr, die höher schwebte als das höchste Haus, war nun deutlich zu erkennen. Es war ein junger bärtiger Mann in Rüstung. Er drehte sich hilflos in dem wirbelnden rötlichen Schaum wie der Braten eines Jägers auf dem Spieß. »Helft mir!« schrie er gellend und fuchtelte heftig mit den Armen in dem roten Dunst.
    Dann entrang sich ihm ein lautes Wimmern.
    Bei diesem Laut drehte sich Sonja der Magen um. Der rotgraue Schaum der Wolke färbte sich nun scharlachrot. Die Beobachter keuchten entsetzt, als aus der Wolke Blut auf den Boden tropfte. Und plötzlich spritzte Blut in alle Richtungen: auf die Erde, die Ziegel der Hauswände, auf das Holz von Türen und Fensterläden, und auf die Dächer.
    »Helft – mir!«
    Sonjas Hand krampfte sich um den Schwertgriff, während sie nur untätig hochsehen konnte. »Gib mir Schwingen!« flüsterte sie verzweifelt zu keinem Gott, keinem Dämon, keiner Macht ihres Wissens. »Gib mir Schwingen und lass mich Vergeltung üben …«
    Plötzlich löste die Wolke sich auf wie Dampf im Wind. Das beklagenswerte Opfer ächzte ein letztes Mal, dann schlug es mit hörbarem Bersten seiner Knochen auf dem Platz auf.
    Sonja eilte die Stufen hinunter, bahnte sich einen Weg durch die Menge und blieb über die Leiche gebeugt stehen, die verkrümmt mit verrenkten Gliedern lag, von der Blut sickerte und Lachen bildete. Als Sonja Blicke auf sich spürte, schaute sie hoch. Ihr gegenüber standen Ban-Itos und der vor Wut und Schwäche zitternde Iatos, der sich auf einen langen Stock stützte.
    Iatos blickte sie an. Auf seinen Wangen glänzten Tränen.
    »Einer – der unseren«, murmelte er bedrückt.
    Wispernd und murmelnd starrten die Söldner auf den Toten. Sonja ließ den Blick über sie schweifen und las in ihren Gesichtern das Erwachen von Furcht – der Angst vor einem verständlichen Tod, das Grauen vor einem Ende durch Zauberei.
    Daron neben ihr sagte jedoch laut mit kaltem Ton: »Sie begreifen nicht, dass eine Warnung wie diese uns nicht schreckerfüllt in die Flucht jagt, sondern unseren Entschluss anzugreifen nur noch verstärkt!«
    Sonja blickte in die Richtung der Zikkurat und zeigte die Zähne. »Dann werden wir es diesen Hundesöhnen beibringen!« erwiderte sie heftig. »Jeder dieser Höllenpriester, die sich in der Stufenpyramide verkriechen, wird es bald am eigenen Leib erfahren, was wir sind und worauf sie sich eingelassen haben! Bei Tarims Hörnern, wir werden ihre verderbten Seelen in die Höllen schicken!«
    Atemlos hielt sie inne, erstaunt über ihre eigene Heftigkeit. Steckte der Wahnsinn in diesem Land sie bereits an? Doch selbst wenn dem so war, stachen die Dummheit, die Sinnlosigkeit, die Vergeudung von Leben und die Gewalttätigkeit – und die höhnische Verachtung, wie die Todesart des jungen Kriegers sie verriet – wie vergiftete Messer in ihre Seele.
    »Wir werden es diesen Hundesöhnen beibringen!« wiederholte sie und schritt davon.
    Daron schaute ihr nach, dann wechselte er einen Blick mit Ban-Itos.
    »Der Stern«, murmelte der greise Zauberer. »Man spürt, wie er sich nährt … Gebe Mitra, dass der Hass, den er auslöst, sich gegen ihn selbst wenden wird!«
     
    Sonja ritt an der Spitze der vordersten Division, als die Armee durch die grauen Wiesen mit dem spärlichen Gras durch die vormittägliche Düsternis zog. An den Flanken der ihren trabten drei weitere Divisionen, die sich nun daranmachten, jeweils ihre eigene Richtung einzuschlagen. Sie wurden von starken, tüchtigen Söldneroffizieren geführt. Sie würden gar nicht versuchen, ihre Absicht zu

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