Der stille Sammler
der Gesetzesbehörden war Max nicht der Meinung, wir FBI Agents seien totale Arschlöcher, und er war mit ein Grund, warum ich überhaupt hier draußen in der Wüste blieb. Wir hatten uns angefreundet. Ich hatte ihm sogar mal von Paul erzählt, als ich ein paar Crown Royals zu viel intus hatte.
Die Hunde sprangen hoch und bellten. »Hey, Jungs, es ist nur Onkel Max«, sagte ich, als ich die Fliegentür öffnete.
»Ist Carlo da?«, fragte Max, als er hereinkam und sich auf jene selbstverständliche Art und Weise umschaute, wie man es bei Leuten tut, die man gut genug kennt und bei denen es in Ordnung ist, neugierig zu sein.
»Er ist bei Walgreen’s und sieht sich die Preise für Gin an. Und du? Bist du zum Pokern oder zum Philosophieren hergekommen?«
Max und Carlo hatten sich bei einer Hausparty kennengelernt und von Anfang an blendend verstanden. Inzwischen waren sie gute Freunde. Einmal im Monat trafen sie sich, redeten über Philosophie und spielten Poker. Max war ein abgezockter Spieler. Carlo verlor immer wieder sein letztes Hemd.
Max antwortete nicht sofort auf meine Frage. Stattdessen bückte er sich und kraulte jeden der beiden dankbaren Möpse zwischen den Glupschaugen, bevor er eines der für meinen Geschmack zu sehr glänzenden roten Kissen zur Seite schob, die den Rücken des Sofas säumten, und sich setzte. Er war oft genug im Haus gewesen, dass er sich nicht mehr über Janes Pfauenfedern in der orientalischen Vase lustig machte; stattdessen nahm er das Kochbuch, in dem ich gelesen hatte, und schnüffelte an dem Fleck über dem Brotpuddingrezept.
»Wie kommst du mit dem Kochen voran?«, wollte er wissen. Das war gar nicht seine Art. Sonst kam er immer gleich zur Sache.
»Ich lasse mich immer noch von Zutaten wie Crème fraîche entmutigen«, erwiderte ich, nahm ihm das Buch aus den Händen und legte es auf den Wohnzimmertisch. »Was ist los? Was ist das für eine Hinhaltetaktik? Raus mit der Sprache.«
Er stieß einen Seufzer aus und blickte traurig drein, eigentlich sein üblicher Gesichtsausdruck, deshalb machte ich mir im ersten Moment keine Gedanken. Doch weil ich aus einer Welt kam, in der Neuigkeiten meist schlecht waren, hakte ich nach: »Warum wolltest du wissen, wo Carlo ist?«
Wieder ignorierte er meine Frage; stattdessen legte er jedem der beiden Möpse, die links und rechts von ihm lagen, eine Hand auf den Kopf. Ich hatte das eigenartige Gefühl, dass er die Hunde als Deckung benutzen würde, sollte ich irgendetwas nach ihm werfen.
»Wir haben einen Serienkiller in U-Haft«, sagte er schließlich.
Ich war so lange in dem Job gewesen, dass solche Worte noch immer einen angenehmen Nachhall in meinem Innern erzeugten. »Gute Arbeit. Wer ist es?«
Max redete vorsichtig, wie ein Schauspieler, der seinen Text noch lernt. »Ein Trucker namens Floyd Lynch. Die Border Patrol hat ihn vor zwei Wochen aufgegabelt, dreißig Kilometer nördlich der Grenze auf der Route 19. Er war mit einer Ladung Video-Pokerautomaten unterwegs nach Las Vegas. Eine Routinekontrolle. Aber diesmal war zufällig ein Leichensuchhund am Kontrollpunkt, der sofort Laut gab. In dem Lastwagen wurde eine Frauenleiche gefunden.«
»Im Auflieger?«
»Nein, der Auflieger mit der Ladung war sauber. Die Leiche war in der Kabine hinter dem Fahrerhaus.«
»Ist das FBI verständigt?«
Max nickte. »Ja. Und das Sheriff’s Department.«
»Hat man die Frauenleiche identifiziert?«
»Noch nicht. Lynch behauptet, sie wäre eine Illegale gewesen.«
Der Grenzschutz setzt Hunde ein, um Fremde aufzuspüren, die es nicht über die Grenze schaffen. Mein Verstand raste, als ich zu ergründen versuchte, warum Max mir das alles erzählte, doch nach außen hin blieb ich ruhig und setzte ihn nicht unter Druck. »Ja, jetzt fällt es mir wieder ein«, sagte ich beiläufig. »Ich habe im Fernsehen einen Bericht gesehen. Die Sache ging ganz schnell über die Bühne.«
»Dafür hat das FBI gesorgt.«
»Aber es war erst vor zwei Wochen.«
»Das FBI hat das Verhör übernommen.«
»Hat der Mann Vorstrafen?«
»Nada . Nichts. Nicht mal einen Strafzettel.«
»Magst du eine Cola?« Ich durchquerte das weitläufige Zimmer, ging in die offene Küche und nahm zwei Dosen aus dem Kühlschrank, ohne Max’ Antwort abzuwarten. »Ich nehme an«, fuhr ich fort, »du bist hergekommen, weil das Opfer irgendwie mit mir zu tun hat, stimmt’s?«
Er öffnete den Mund, zögerte – und wich meiner Frage aus. »Man konnte nicht viel erkennen«, sagte er.
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