Der Tag, an dem meine Frau Gott spielte
bayerische Schimpfkanonade vom Stapel, die sich gewaschen hatte. Bis Mia irgendwann Angst vor ihr bekam und lauthals losplärrte. Da fasste sie sich wieder und ging zum Hochdeutschen über.
„Kein Wunder, dass die Viecher Angriffe auf Menschen fliegen“, sagte sie. „Die Rentner sind schuld. Die sitzen am Ufer des Wildbachs und wollen Enten füttern. Und wen locken sie stattdessen an? Mäuse, Ratten, Igel und vor allem Krähen, ganze Horde davon. Und wo die rumflattern und -krächzen, ist das Unglück nicht weit.“
„Bist du etwa abergläubisch?“, fragte Claudia.
„Natürlich ist sie das“, sagte René. „Rabenvögel gelten bei uns als Vorboten einer Tragödie. Und die Tragödie besteht in diesem Fall darin, dass sie angeflogen kommen und auf harmlose Parkbesucher einhacken. Und das ist dann wieder der Hinweis auf die nächste Tragödie: dass sie angeflogen kommen und auf harmlose Parkbesucher einhacken …“
„Jetzt halt aber mal die Luft an!“, sagte Tanja und stand auf, um sich mit ihren Besuchern an einen Tisch zu setzen.
Als die sich eine gute Stunde später von ihr verabschiedet hatten und schon in der Tür standen, blickte sie ihnen plötzlich angriffslustig nach. Sie hatte nämlich gehört, wie Franzl zu René sagte: „Wir müssen noch den Ball und den Bollerwagen holen. Moritz und Florian treffen wir dann da.“
„Sagt nicht, dass ihr jetzt Fußball spielen wollt“, sagte sie. „Was seid ihr? Pubertierende Jungs?“
Allgemeines Schweigen in der Runde.
„Nur eine kleine Partie“, sagte Franzl schließlich. „Wir möchten René einen Herzenswunsch erfüllen.“
„Dann soll er in einen Verein gehen.“
„Du weißt genau, dass das nicht möglich ist.“
„Und wo wollt ihr hin?“
„Auf die Wiese neben dem Kinderspielplatz. Was denkst du denn!?“
„Also nicht in den Park!? Ich bring euch um, wenn ihr da hin wollt.“
„Reg dich ab, Mama. Das lassen wir schön bleiben.“
„Ich sag’s noch mal: Wenn ihr in den Stadtpark geht, schlag ich euch tot. Ist das klar?“
„Nun hör schon auf. Wir haben es verstanden. Du bist dagegen.“
„Das machen wir nicht, Tanja-Schatz, echt nicht“, sagte René und sah seine Schwester treuherzig an.
Eineinhalb Stunden später bogen sie zu viert in den Stadtpark ein. Franzl trug einen Fußball unterm Arm, René zog Mia in dem alten Bollerwagen der Sellhuber-Buam hinter sich her und Claudia hatte einen Picknickkorb am Arm hängen.
Sie trafen Moritz und seinen Freund Florian auf einer Wiese hinter dem Stadtparksee. Dort hatten die beiden schon ein provisorisches Spielfeld abgesteckt und vier Baumstämme mit quer gespannten Seilen als Tore hergerichtet.
Nach der Begrüßung und einem Schluck Kaffee aus der Thermoskanne machten die Männer sich warm, und dann war es auch schon so weit: Sie banden sich zur Unterscheidung farbige Stofffetzen um die Oberarme, betraten das Spielfeld und nahmen Aufstellung.
Die rote Mannschaft bestand aus René und Franzl, die blaue aus Moritz und dem pummeligen Florian. Für eine halbwegs gerechte Verteilung der Kräfte war also gesorgt. Claudia wollte den Schieds- und Linienrichter spielen, und Mia war mit einer Trillerpfeife für den An- und Abpfiff zuständig.
Auf René und Franzl kamen schon bald nach Beginn der Partie schwere Zeiten zu. Dabei legten sie recht Erfolg versprechend los. Sie setzten die Blauen unter Druck und nutzten einen Fehler in deren Deckung offensiv zum 1:0. Die Freude darüber währte aber nur kurz, denn der Ball landete nach einem Fehlpass von René direkt auf Florians Fuß, und dessen Glücksschuss brachte den Ausgleich.
Danach zeigten die Roten nur noch eine unterirdische Leistung und fielen vor allem durch unnötige Ballverluste und Patzer auf. Nichts lief zusammen. Da wurde einem schon beim Zuschauen angst und bange, fand Claudia.
Deshalb gab es in der Halbzeitpause erst mal Butterkekse für alle und Kaffee für die Erwachsenen.
In der zweiten Hälfte der Spielzeit nahm das Unglück für die Roten schon nach wenigen Sekunden seinen Lauf. Moritz vollendete zum 2:1 durch Anspiel von Florian. Allerdings befand sich der Ball haarscharf im Aus, was die Roten zu lautstarken Protesten veranlasste. Und wie immer, wenn die Mitglieder der Familie Sommerfeldt/Sellhuber aneinandergerieten, kam ihre bayerische Rauflust zum Vorschein.
„Glei fangst a paar solcherne Watschen, du Hundsbua!“, sagte Franzl zu seinem Bruder.
„Ha? Was moanst?“, fragte Moritz. „Halt bloß dei bläde
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