Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt
stärker. Schließlich blieb Simon stehen. Der Gang hatte sich zu einem Raum geöffnet, der Stein glimmte hier deutlich, doch sobald Simon den Raum auf der anderen Seite wieder verließ, wurde das Glühen schwächer. Hier irgendwo musste das Weltentor sein.
Doch in diesem Raum gab es keine Tür, so wie im gesamten Keller unter dem Hauptgebäude nicht. Die Gänge und Kellerräume waren durch offene Durchgänge verbunden. Es gab auch keine Türrahmen. Nirgendwo entdeckten sie einen silbernen Dorn.
Simon war ratlos. Was hatten sie übersehen?
»Seht mal her.« Lucs Stimme ließ sie herumfahren. Luc stand in der Mitte des Raumes und blickte auf den Boden. »Schaut euch das an.«
»Ja, und?« Filippo konnte nichts außer Staub entdecken.
Luc stampfte mit dem Fuß auf. Das Geräusch, das durch den Kellerraum hallte, klang dumpf und hohl.
Simon schnappte sich die Öllampe und hielt sie dicht über den Boden. Jetzt sahen sie, was Luc entdeckt hatte. Unter der Staubschicht befand sich eine Klappe aus Holz. Simon tastete den Rahmen der Tür ab, bis seine Finger eine Erhebung spürten. Er kratzte mit den Fingernägeln die Dreckschicht ab. Ein rundes Metallstück tauchte unter dem Schmutz auf. Mit dem Ärmel seines Shirts polierte Simon die Oberfläche, bis das Medaillon glänzte. Sie hatten den Dorn gefunden!
Alle betrachteten das Relief auf der Oberfläche, es zeigte einen blühenden Rosenbusch, wie Simon gesagt hatte.
»Und wo ist jetzt das Weltentor?« Filippo zog die Klappe auf und blickte in das Loch, das sich darunter öffnete. Ein runder Schacht führte hinab in die Tiefe, seine Wände waren mit Backsteinen ausgemauert. Tomas warf einen Stein hinein, und nach einer Weile war aus der Dunkelheit das Platschen von Wasser zu hören.
»Das ist ein Brunnen«, sagte Luc.
»Und da musst du hinein?« Filippo runzelte die Stirn.
Simon schüttelte den Kopf. »Das Tor öffnet sich, wenn ich mit dem Ring das Medaillon drehe.«
»Na, dann los!« Tomas sah ihn gespannt an. »Zeig uns, wie es geht.«
Simon zögerte. Er spürte, dass Tomas ihm immer noch nicht glaubte, und zu gerne hätte er ihm auf der Stelle bewiesen, dass er die Wahrheit sagte. Doch noch war nicht der richtige Zeitpunkt, den Schlüssel zum Weltentor zu verwenden. »Erst müssen wir meinen Großvater holen. Ich weiß nicht, wie lange das Tor offen bleibt, wenn ich es geöffnet habe.«
»Aha.« Tomas sah ihn misstrauisch an.
Filippo ließ die Klappe über dem Brunnen zufallen, krachend prallte sie auf die Öffnung. »Dann los, holen wir ihn.« Er wandte sich zum Gehen. Die anderen folgten ihm, zwei, drei Schritte. Dann blieben alle stehen und sahen sich erschrocken an.
Ein tiefes Brummen drang durch die Wände zu ihnen hinab.
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»Was ist das?« Luc flüsterte, so erschrocken war er. Das Brummen wurde lauter. Jetzt zitterte der Boden.
Ohne ein Wort zu sagen, rannte Simon los, durch den Keller bis zur Treppe, die Stufen hinauf und dann zurück durch das Museum bis zur Ausgangstür. Er hatte eine Ahnung, was draußen geschah. Die anderen folgten ihm. Simon wartete, bis sie ihm nachgekommen waren, dann zog er vorsichtig die Tür einen Spaltbreit auf und spähte hinaus.
Der Platz vor dem Museum, vorhin noch menschenleer, war voller Fahrzeuge und Menschen. Es waren Soldaten aus der Stadt, in einer langen Reihe marschierten sie vor dem Museum vorbei in die Richtung, aus der Simon gemeinsam mit den anderen vor einer knappen Stunde gekommen war. Dicht daneben fuhren Lastwagen und Panzer, die Ketten der dröhnenden Ungetüme ließen den Boden erzittern.
Vorsichtig ließ Simon die Tür wieder ins Schloss gleiten.
Luc war blass geworden und auch Filippo war weiß um die Nase. Selbst Tomas sah besorgt aus. »Und jetzt?« Alle blickten Simon an.
»Ihr müsst weg von hier. So schnell es geht.« Simon war ganz ruhig, trotz der Anspannung, die alle erfasst hatte. »Die Soldaten werden in die Höhle steigen, die der Stundenfluss in den Untergrund gespült hat. Wenn sie mich dort nicht finden, durchsuchen sie die Vorstadt, Haus für Haus, so wie das Dorf.«
Keiner sagte etwas. Jeder von ihnen hatte erlebt, wie die Soldaten ihr Dorf durchkämmt und danach angezündet hatten. Die Vorstellung, dass die Männer die gesamte Vorstadt in Flammen setzen könnten, war furchtbar.
»Und was ist mit dir?« Tomas sah auf.
Simon lächelte gequält. »Mach dir um mich und meinen Großvater keine Sorgen. Wir haben das Weltentor gefunden. Drhans Männer können mir
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