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Der Unbesiegbare

Der Unbesiegbare

Titel: Der Unbesiegbare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Niststelle der schwarzen Wolke bekannt. Die riesigen Anlagen des »Unbesiegbaren« und seine technische Ausrüstung waren bei der Suchaktion nicht recht zu gebrauchen. Der sicherste Schutz, das Kraftfeld, ließ sich in den unterirdischen Gewölben des Planeten überhaupt nicht einsetzen. Also gab es nur die Wahl zwischen sofortiger Umkehr – das wäre gleichbedeutend gewesen mit dem Todesurteil für die Verschollenen – und Aufnahme der riskanten Suchaktion. Eine echte Chance lag dabei auch nur in den nächsten Tagen, bestenfalls der nächsten Woche. Horpach war sich bewußt, daß die Männer später nicht mehr lebend geborgen werden konnten.
    Tags darauf rief der Astrogator in aller Frühe die Spezialisten zusammen, erläuterte ihnen die Lage und erklärte, er zähle auf ihre Hilfe. Sie waren im Besitz einer Handvoll jener »Metallinsekten«, die Rohan in der Jackentasche mitgebracht hatte. Fast vierundzwanzig Stunden hatte man damit zugebracht, sie zu untersuchen. Horpach wollte wissen, ob es möglich sei, diese Gebilde unschädlich zu machen. Überdies tauchte wieder die Frage auf, weshalb Jarg und Rohan von dem Zugriff der »Wolke« verschont geblieben waren.
    Die »Kriegsgefangenen« nahmen während der Beratung einen Ehrenplatz ein: in einem geschlossenen Glasgefäß mitten auf dem Tisch. Es waren nur noch etwa zwanzig Stück, die anderen waren bei den Untersuchungen zerstört worden. Diese Gebilde von genau symmetrischer Dreiteilung erinnerten in der Form an den Buchstaben Y. Sie hatten drei spitz auslaufende, in einer zentralen Verdickung verankerte Flügel. Bei direkter Beleuchtung sahen sie kohlschwarz aus, bei reflektiertem Licht aber schillerten sie bläulich und olivgrün wie der Hinterleib mancher irdischer Insekten, der sich wie der Rosettenschliff eines Brillanten aus winzigen Flächen zusammensetzt. Ihr Inneres wiesimmer dieselbe, allerdings mikroskopisch kleine Struktur auf. Ihre Elemente, hundertmal kleiner als ein Sandkörnchen, bildeten eine Art autonomes Nervensystem, in dem voneinander teilweise unabhängige Stränge zu unterscheiden waren.
    Der kleinere, die Arme des Buchstaben Y bildende Teil stellte ein Steuersystem für die Bewegung des »Insekts« dar, das in der mikrokristallinen Struktur der Arme eine Art universellen Akkumulator und zugleich Energieumwandler besaß. Je nachdem, wie die Mikrokristalle zusammengepreßt wurden, erzeugten sie ein elektrisches oder ein magnetisches Feld oder aber veränderliche Kraftfelder, die den Mittelteil auf eine verhältnismäßig hohe Temperatur bringen konnten, so daß die gespeicherte Wärme in einer Richtung nach außen strömte. Die schubähnliche Luftbewegung, die dadurch hervorgerufen wurde, ermöglichte es ihnen, beliebig aufzusteigen, wobei die einzelnen winzigen Kristalle mehr flatterten als flogen und – zumindest bei den Versuchen im Labor – unfähig waren, ihren Flug genau zu steuern. Verbanden sie sich hingegen durch Verkettung der Flügelenden miteinander, so entstanden Aggregate mit um so besseren aerodynamischen Eigenschaften, je größer die Anzahl war.
    Jeder Kristall verband sich mit drei anderen; außerdem konnte sich sein Arm mit dem Mittelteil eines anderen verbinden und so einen vielschichtigen Bau der sich auf diese Weise vergrößernden Systeme ermöglichen. Die einzelnen Kristalle brauchten sich dabei nicht zu berühren, eine Annäherung der Flügelspitzen genügte, durch das erzeugte Magnetfeld das ganze Gebilde im Gleichgewicht zu halten. Ballte sich eine bestimmte Menge von »Insekten« zusammen, so wies das Aggregat zahlreiche Gesetzmäßigkeiten auf. Wenn es durch äußere Reize »aufgestachelt« wurde, dann konnte es seine Bewegungsrichtung, seine Form undGestalt und die Häufigkeit der inneren Impulse ändern, und nach dieser Änderung kehrten sich die Vorzeichen des Feldes um, so daß sich die Metallkristalle nicht mehr anzogen, sondern trennten und einem individuellen Zerfall unterlagen.
    Außer dem Steuersystem für diese Bewegung trug jeder schwarze Kristall ein zweites Verbindungssystem in sich oder, besser gesagt, ein Bruchstück davon, anscheinend den Teil eines größeren Ganzen. Dieses übergeordnete Ganze, das wohl erst bei der Vereinigung einer riesigen Menge von Elementen entstand, war der eigentliche Antriebsmotor für die Aktionen der Wolke. Hier waren die Wissenschaftler mit ihrer Weisheit allerdings am Ende. Sie wußten nichts über die Wachstumsmöglichkeiten dieser Leitsysteme, und das Problem

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