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Der Unbesiegbare

Der Unbesiegbare

Titel: Der Unbesiegbare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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wäre er überzeugt, daß es ihm auf diese Weise gelänge, ihn zu Bewußtsein zu bringen, schlug unmittelbar neben seinem Kopf knallend eine violette Stichflamme hoch. Einer der etwas weiter entfernt sitzenden Männer hatte seinen Weyr-Werfer aus der Schutzhülle gezogen und versehentlich auf den Auslöser gedrückt. Rohan rief ihn an, aber der Mann beachtete ihn gar nicht. Vielleicht hatte ihm der Lichtstrahl gefallen wie einem kleinen Kind ein Feuerwerk, denn er schoß nun wie wild um sich und verbrauchte das ganze Atommagazin des Werfers, so daß die Luft vor Hitze zischte und Rohan, der zu Boden gestürzt war, sich zwischen die Steine verkriechen mußte. Da hörte er heftiges Stampfen und sah Jarg atemlos, mit schweißglänzendem Gesicht, aus einer Biegung hervorlaufen. Er rannte geradenwegs auf den Wahnsinnigen zu, der sich damit vergnügte, den Weyr-Werfer abzufeuern. »Halt! Deckung! Deckung!« schrie Rohan aus Leibeskräften, doch ehe Jarg verwirrt stehenblieb, traf eine furchtbare Entladung seinen linken Arm. Rohan erblickte sein Gesicht, als die abgerissene Schulter hochgeschleudert wurde und das Blut aus der entsetzlichen Wunde spritzte. Der Schütze schien das gar nicht zu bemerken, und Jarg sah maßlos erstaunt erst auf den blutenden Stumpf, dann auf den abgefetzten Arm, wankte und sank zu Boden.
    Der Mann mit dem Weyr-Werfer stand auf. Rohan beobachtete, daß der unablässige Feuerstrahl aus dem erhitzten Werfer nach Kieselerde riechende Funken aus den Steinen schlug. Der Mann taumelte vorwärts. Er bewegte sich wie ein Säugling, der eine Spielzeugklapper in den Händen hielt. Die Flamme durchzuckte die Luft zwischen zwei nebeneinander sitzenden Männern; sie schlossen vor demblendenden Strahl nicht einmal die Augen. Noch eine Sekunde, und einer von ihnen würde die ganze Ladung ins Gesicht bekommen.
    Rohan riß den eigenen Weyr aus der Hülle – es war eine reine Reflexhandlung – und schoß ein einziges Mal. Der Mann schlug sich mit beiden Armen heftig an die Brust, seine Waffe knallte auf die Steine, und er selbst stürzte mit dem Gesicht darauf.
    Da fuhr Rohan hoch. Die Dämmerung brach herein. So rasch wie möglich mußten alle abtransportiert werden. Er hatte nur seinen kleinen Amphibienwagen, und als er ein Geländefahrzeug startfertig machen wollte, stellte sich heraus, daß zwei von ihnen an der schmalsten Stelle des Felsentores zusammengestoßen waren und nur mit Hilfe eines Kranes hätten getrennt werden können. So blieb nur der hintere Energoboter, der höchstens fünf Leute aufnehmen konnte, und er hatte neun – lebende, die nicht bei Sinnen waren. Er hielt es für das beste, alle zusammenzuholen, sie zu fesseln, damit sie weder flüchten noch sich etwas antun konnten, zu ihrem vorläufigen Schutz die Felder der beiden Energoboter einzuschalten und selbst Hilfe herbeizuschaffen. Er gedachte keinen mitzunehmen, weil sein kleiner Wagen völlig wehrlos war und er im Falle eines Angriffs lieber nur die eigene Haut riskieren wollte.
    Es war bereits stockfinster, als er mit seiner unheimlichen Arbeit fertig war. Die Männer hatten sich ohne jeden Widerstand fesseln lassen. Er steuerte den hinteren Energoboter zurück, um mit seinem Amphibienfahrzeug freie Bahn zu haben, stellte die beiden Emitoren auf, schaltete von weitem das Schutzfeld ein, ließ alle Gefesselten in seinem Bereich und machte sich auf den Weg.
    So war am siebenundzwanzigsten Tag nach der Landung schon fast die halbe Besatzung des »Unbesiegbaren« außer Gefecht gesetzt.

Die Niederlage
    Wie jede wahre Geschichte, so klang auch Rohans Erzählung merkwürdig und ungereimt. Warum hatte die Wolke weder ihn noch Jarg angegriffen? Warum hatte sie Terner nicht angerührt, bevor er das Amphibienfahrzeug verließ? Warum war Jarg erst geflohen und dann zurückgekommen? Diese Frage war verhältnismäßig leicht zu beantworten. Er war sicherlich umgekehrt, als die panische Angst von ihm gewichen war und ihm bewußt wurde, daß er ungefähr fünfzig Kilometer vom Raumschiff entfernt war und es mit dem vorhandenen Sauerstoffvorrat zu Fuß nicht erreichen würde.
    Die anderen Fragen blieben Rätsel, deren Lösung für alle Leben oder Tod bedeuten konnte. Aber Überlegungen und Hypothesen mußten zurücktreten vor der Notwendigkeit zu handeln.
    Horpach erfuhr nach Mitternacht von der Katastrophe der Rohan-Gruppe; eine halbe Stunde später startete er. Einen Raumkreuzer an eine nur zweihundert Kilometer entfernte Stelle zu fliegen ist eine

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