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Der unsichtbare Kreis

Der unsichtbare Kreis

Titel: Der unsichtbare Kreis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Ulbrich
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Hände über dem Bauch und schloß die Augen.
»Gehen wir«, sagte McLaugham zu Sophia. »Es ist bereits Viertel vor sechs. Wenn wir uns nicht beeilen, muß ich noch einen Tag warten.« Er öffnete die Tür zum Nebenraum und betrat ihn zusammen mit Sophia. Randaik und Gonzales waren auf Geheiß des Alten an der Schwelle stehengeblieben. Golmar stand hinter ihnen und warf ab und zu einen Blick auf Lewis. Doch der verharrte in seiner Haltung und öffnete nicht einmal neugierig die Augen.
McLaugham ging auf die schwarze Säule zu, die sich in der Mitte des Raumes erhob. Unvermittelt umsprühte ein blaugrünes Leuchten seinen Körper. Schlängelnde Blitze liefen wie in einem pulsierenden Knäuel etwa eine Armlänge vor seiner Brust zusammen, verzweigten sich wieder zu einer kreisförmigen, schillernden Kaskade, die mit einem Radius von mehreren Metern wie ein Vorhang rings um die Säule verlief.
McLaugham schien das nicht zu stören. Er ließ sich nach vorn fallen und wurde wie von einem federnden Polster wieder zurückgeworfen. Im Rhythmus dieser Bewegung pulsierte das blaugrüne Licht.
»Sehen Sie?« McLaugham wandte sich um. »Weiter kann ich nicht. Ich werde zurückgestoßen wie ein Tennisball.« Er ging auf Sophia zu, die hinter ihm geblieben war. Das Leuchten wurde schwächer und erlosch.
McLaugham deutete auf die Säule, die in Hüfthöhe von einer flachen Wulst umlaufen wurde, auf der einige Schaltarmaturen angeordnet waren. »Der rote Pilz dort. Sie brauchen ihn nur herunterzudrücken und mit einer Viertelrechtsdrehung zu arretieren. Es dauert einige Sekunden, bis der Feldgenerator, das Kernstück der Maschine, durchschmilzt. Nebenan droht Ihnen keine Gefahr.« McLaugham wirkte ruhig und konzentriert. Er zwinkerte Sophia zu. Um seine Mundwinkel spielte ein leichtes Lächeln. »Nehmen Sie in Gedanken meinen Händedruck entgegen. Ein anderer Dank ist mir nicht vergönnt.«
Randaik und Gonzales gaben den Eingang frei.
»Einen Moment!« rief Randaik dem Alten entgegen. »Verbürgen Sie sich, daß ihr nichts geschieht?«
»Er hat es mir vorhin erklärt«, antwortete Sophia. »Die Chance steht neunundneunzig zu eins, daß es gut geht. Das eine Prozent Risiko besteht in der Möglichkeit, daß ich mein Leben vielleicht als Lady an König Duncans Hof beschließen muß, als weise, wahrsagende Frau.«
Randaik lächelte. »Unsichere Zeiten damals. Du solltest deinen Ritter mitnehmen.«
Dicht nebeneinander gingen sie auf die drohende Säule zu. Hin und wieder berührten sich ihre Arme. Sie spürten ihre Nähe. Das war alles, was sie brauchten, um das Niemandsland zwischen Jetzt, Vergangenheit und Zukunft zu überwinden.
Sophia legte die Hand auf den Pilz. Sie spürte das summende Vibrieren der Maschine.
»Warten Sie!« rief McLaugham hinter ihnen. »Ich will Ihnen nicht zumuten, meine Knochen zusammenzufegen. Ich lege mich zu Bett, um zu sterben, wie es sich für einen alten Narren gehört.«
In der Tür drehte er sich noch einmal um. Seine Stimme war leise. »Lebt wohl, ihr beiden. Euch allen wünsche ich Glück.« Wehmutsvoll schwieg er einen Augenblick. »Vergeßt den alten Mann, der zu ehrgeizig und zu vertrauensselig war, der nicht nur an seiner Zeit scheiterte. Ich werde nicht mehr sein, und ich nehme meine unglückselige Erfindung mit mir.« Er verschwand nebenan. Einen Moment später nickte Troels, der hinter Gonzales in der Tür stand, ihnen zu.
Der Schalter rastete geräuschlos ein.
Behutsam auftretend, um McLaughams Ruhe nicht zu stören, verließen sie den Raum und zogen sich in den Gang zurück. McLaugham hatte die Augen geschlossen. Einen letzten Blick warfen Randaik und Sophia auf ihn, ehe sie hinter der Betonwand Schutz suchten.
Einen Atemzug später flackerte grelles Licht zwischen den Mauern. Ein dumpfes, unterirdisches Grollen stieg zu ihnen auf. Durch die Tür wälzte sich eine Qualmwolke.
Sie warteten einen Augenblick, dann drangen sie in McLaughams Zelle ein.
Auf dem Bett lag, inmitten einer Schicht zerfallenen Federmulms, ein Skelett. Seine Hände waren auf der Brust gefaltet. Um den rechten Ringfinger glänzte matt ein schmaler, zu weiter Goldreif.

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