Der Untergang der Shaido
unseren Clan wieder aufbauen. Die Shaido werden sich aus der Katastrophe erheben, in die Sevanna uns geführt hat.«
»Das wird Generationen dauern!«, protestierte Modarra.
Schlank und recht hübsch, aber noch größer als Therava, fast so groß wie die meisten Aielmänner, stellte sie sich Therava furchtlos entgegen. Galina konnte nicht begreifen, wie sie das schaffte. Die Frau ließ sie mit einem Blick zusammenzucken.
»Dann werden wir eben Generationen brauchen«, sagte Therava entschieden. »Wir werden uns die Zeit nehmen, die wir brauchen. Und wir werden das Dreifache Land nie mehr verlassen.« Ihr Blick glitt zu Galina. Die zusammenzuckte.
»Du wirst das hier nie wieder anfassen«, sagte sie und hob kurz den Stab. »Und du wirst nie wieder versuchen, mir zu entkommen. Sie hat einen kräftigen Rücken. Beladet sie und lasst uns aufbrechen. Möglicherweise verfolgen sie uns.«
So mit Wasserschläuchen und Töpfen und Kesseln beladen, dass sie sich fast sittsam verhüllt vorkam, stolperte Galina hinter Therava durch den Wald. Sie dachte nicht an den Stab oder an eine Flucht. Etwas in ihr war zerbrochen. Sie war Galina Casban, die Höchste der Roten Ajah, die im Obersten Rat der Schwarzen Ajah saß, und sie würde für den Rest ihres Lebens Theravas Spielzeug sein. Sie war Theravas kleine Lina. Für den Rest ihres Lebens. Tief in ihrem Inneren wusste sie das. Stumme Tränen liefen ihr übers Gesicht.
KAPITEL 14
Das Haus in der Vollmondstraße
Sie müssen zusammenbleiben«, sagte Elayne energisch.
»Ihr beiden solltet auch nicht allein ausgehen, was das angeht. Immer zu dritt oder zu viert, in ganz Caemlyn. Nur so kann man sicher sein.« Lediglich zwei der Spiegelkandelaber waren entzündet, sechs Flammen erfüllten das Wohnzimmer mit schwachem Licht und Lilienduft - so viel von dem Lampenöl war mittlerweile verdorben, dass es fast immer parfümiert war -, aber das knisternde Feuer im Kamin fing an, etwas von der Kühle der frühen Stunde zu vertreiben.
»Es gibt Augenblicke, in denen eine Frau etwas Zeit für sich haben will«, erwiderte Sumeko ruhig, so als wäre nicht gerade eine weitere Kusine gestorben, weil sie hatte allein sein wollen. Zumindest ihre Stimme war ruhig, aber dicke Hände strichen unablässig über die dunkelblauen Röcke.
»Wenn Ihr ihnen keine Angst einjagt, Sumeko, dann werde ich es tun«, sagte Alise, und ihr für gewöhnlich so gutmütiges Gesicht war streng. Sie sah wie die ältere der beiden aus - im Gegensatz zu Sumekos glänzendem schwarzen Haar, das über die stämmigen Schultern fiel, wies das ihre graue Strähnen auf -, tatsächlich war sie fast zweihundert Jahre jünger. Alise war unerschrocken gewesen, als Ebou Dar gefallen war und sie vor den Seanchanern fliehen mussten, aber auch ihre Hände strichen nervös über die braunen Röcke.
Die von Essandes Nichte Melfane festgesetzte Schlafenszeit war schon lange vergangen, aber so müde Elayne auch war, sobald sie einmal aufwachte, konnte sie nicht mehr eins chlafen, und warme Ziegenmilch half nicht. Warme Ziegenmilch schmeckte noch grauenhafter als kalte. Sie würde dem verfluchten Rand al'Thor so lange warme verfluchte Ziegenmilch einflößen, bis sie ihm wieder aus den Ohren herauskam! Direkt nachdem sie herausgefunden hatte, was ihn so schlimm verletzt hatte, dass sie einen stechenden Schmerz in dem kleinen Knoten in ihrem Hinterkopf verspürt hatte, der ihn verkörperte und der sonst so nichtssagend wie ein Stein blieb. Seitdem war er auch wieder wie ein Stein gewesen, also ging es ihm gut, aber etwas hatte ihn so schlimm verletzt, dass sie es hatte spüren können. Und warum Reiste er so oft? An dem einen Tag war er tief im Südosten, am nächsten im Nordwesten und noch ferner, am Tag darauf irgendwo anders. Flüchtete er vor dem, der ihn verletzt hatte, wer auch immer das war? Aber sie hatte im Moment ihre eigenen Sorgen.
Ruhelos und unfähig zum Schlafen, hatte sie das Erstbeste angezogen, was zur Hand gewesen war, ein dunkelgraues Reitkleid, und war spazieren gegangen, um die Stille des Palasts in den ersten Stunden des neuen Tages zu genießen, wenn selbst die Dienerschaft im Bett war und die flackernden Fackeln außer ihr das Einzige waren, das in Bewegung war. Sie und ihre Leibwächterinnen, aber sie lernte es, ihre Anwesenheit zu ignorieren. Sie genoss die Einsamkeit, bis die beiden Frauen ihr begegnet waren und die traurige Nachricht überbracht hatten, die sonst bis zum Sonnenaufgang gewartet hätte.
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