Der Untergang der Shaido
Sie hatte sie in das kleinere der Wohnzimmer geführt, um die Angelegenheit hinter einem Schutzgewebe gegen Lauscher ausführlich zu besprechen.
Sumeko bewegte ihre Massen in dem Lehnstuhl und starrte Alise böse an. »Reanne hat Euch die Grenzen immer wieder verschieben lassen, aber als Älteste erwarte ich…«
»Ihr seid nicht die Älteste, Sumeko«, erwiderte die kleinere Frau kühl. »Ihr habt hier die Autorität, aber den Regeln zufolge besteht das Nähkränzchen aus den dreizehn Ältesten von uns in Ebou Dar. Wir sind aber nicht mehr in Ebou Dar, also gibt es auch kein Nähkränzchen.«
Sumekos rundes Gesicht wurde so hart wie Granit. »Immerhin gebt Ihr zu, dass ich die Autorität habe.«
»Und ich erwarte von Euch, dass Ihr sie benutzt, um zu verhindern, dass noch mehr von uns ermordet werden. Es reicht nicht, es vorzuschlagen, Sumeko, ganz egal, wie nachdrücklich Ihr es auch vorschlagt. Es reicht nicht.«
»Streiten bringt uns nicht weiter«, sagte Elayne. »Ich weiß, dass ihr nervös seid. Ich bin es auch.« Beim Licht, drei mit der Einen Macht ermordete Frauen in den vergangenen zehn Tagen, und vermutlich sieben davor, das reichte, um einen Amboss nervös werden zu lassen. »Aber uns anzufauchen ist das Schlimmste, was wir tun können. Sumeko, Ihr müsst ein Machtwort sprechen. Es ist mir egal, wie sehr jemand seine Privatsphäre schätzt, niemand kann auch nur eine Minute lang allein sein. Alise, benutzt Eure Überredungskünste.« Überredungskunst war nicht das richtige Wort. Alise überredete niemanden. Sie erwartete einfach, dass die Leute das taten, was sie sagte, und meistens funktionierte das auch. »Überzeugt die anderen, dass Sumeko Recht hat. Ihr beiden müsst…«
Die Tür öffnete sich und ließ Deni ein, die sie wieder hinter sich schloss und sich dann verbeugte, eine Hand auf dem Schwertgriff, die andere auf ihrer langen Keule. Die rot lackierten und mit weißen Rändern versehenen Harnische und Helme waren erst gestern geliefert worden, und die kräftige Frau hatte gelächelt, seit sie sie angelegt hatte, aber jetzt schaute sie hinter den Gesichtsstangen des Helms ernst drein. »Entschuldigt die Unterbrechung, meine Lady, aber da ist eine Aes Sedai, die Euch zu sehen verlangt. Ihrer Stola nach zu urteilen eine Rote. Ich habe ihr gesagt, dass Ihr vermutlich schlaft, aber sie war bereit, selbst hereinzukommen und Euch zu wecken.«
Eine Rote. Gelegentlich gab es Berichte, dass Rote in der Stadt waren, wenn auch nicht mehr so oft wie früher - die meisten Aes Sedai in der Stadt verzichteten auf ihre Stolen und verbargen ihre Ajah -, doch was konnte eine Rote von ihr wollen? Sicherlich wussten mittlerweile alle von ihnen, dass sie an Egwenes Seite stand und damit gegen Elaida war. Es sei denn, es versuchte endlich jemand, sie wegen des Handels mit dem Meervolk zur Rechenschaft zu ziehen.
»Sagt ihr, dass ich…«
Die Tür öffnete sich wieder, prallte gegen Denis Rücken und schubste sie aus dem Weg. Die Frau, die eintrat und die im Rebenmuster bestickte Stola so über die Arme drapiert hatte, dass die langen roten Fransen eindeutig zur Geltung kamen, war groß, schlank und hatte eine Haut wie Kupfer. Eigentlich hätte sie ganz hübsch sein können, aber ihr Mund war so verkniffen, dass ihre vollen Lippen schmal erschienen. Ihr Reitgewand war so dunkel, dass es schwarz erschien, aber das matte Licht der Kandelaber brachte einen roten Glanz zum Vorschein, und die abgenähten Röcke waren mit einem helleren Rot geschlitzt. Duhara Basaheen machte niemals ein Geheimnis aus ihrer Ajah. Einst wären Sumeko und Alise wie der Blitz aufgesprungen, um vor einer Aes Sedai einen Knicks zu machen, aber jetzt blieben sie sitzen und musterten sie. Deni, die sonst immer gelassen erschien, runzelte die Stirn und fummelte an ihrer Keule herum.
»Wie ich sehe, stimmen die Geschichten, dass Ihr die Wilden um Euch versammelt«, sagte Duhara. »Eine echte Schande. Ihr beiden da, raus hier. Ich will allein mit Elayne sprechen. Wenn ihr schlau seid, reist ihr heute Nacht noch ab, in getrennte Richtungen, und sagt den anderen eures Schlages, das Gleiche zu tun. Die Weiße Burg nimmt es übel, wenn sich Wilde zusammenrotten. Wenn die Weiße Burg etwas übel nimmt, sind schon Throne erbebt.« Weder Sumeko noch Alise rührten sich. Alise hob sogar eine Braue.
»Sie können bleiben«, sagte Elayne kühl. Dank der Macht in ihr waren ihre Gefühle nicht außer Kontrolle. Sie waren ganz ruhig und bestanden aus
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