Der Ursprung der Familie, des Privateigenthums und des Staats
Produktionsprozeß und ihr Produkt. Sie wissen, was aus dem Produkt wird: sie verzehren es, es verläßt ihre Hände nicht; und so lange die Produktion auf dieser Grundlage betrieben wird, kann sie den Produzenten nicht über den Kopf wachsen, keine gespenstischen fremden Mächte ihnen gegenüber erzeugen, wie dies in der Civilisation regelmäßig und unvermeidlich der Fall ist.
Aber in diesen Produktionsprozeß schiebt sich die Theilung der Arbeit langsam ein. Sie untergräbt die Gemeinsamkeit der Produktion und Aneignung, sie erhebt die Aneignung durch Einzelne zur überwiegenden Regel, und erzeugt damit den Austausch zwischen Einzelnen – wie, das haben wir oben untersucht. Allmälig wird die Warenproduktion herrschende Form.
Mit der Warenproduktion, der Produktion nicht mehr für eignen Verbrauch, sondern für den Austausch, wechseln die Produkte nothwendig die Hände. Der Produzent gibt sein Produkt im Tausch weg, er weiß nicht mehr, was daraus wird. Sowie das Geld, und mit dem Geld der Kaufmann als Vermittler zwischen die Produzenten tritt, wird der Austauschprozeß noch verwickelter, das schließliche Schicksal der Produkte noch ungewisser. Der Kaufleute sind viele, und keiner von ihnen weiß, was der andre thut. Die Waaren gehn nun schon nicht bloß von Hand zu Hand, sie gehn auch von Markt zu Markt; die Produzenten haben die Herrschaft über die Gesammtproduktion ihres Lebenskreises verloren, und die Kaufleute haben sie nicht überkommen. Produkte und Produktion verfallen dem Zufall.
Aber Zufall, das ist nur der eine Pol eines Zusammenhangs, dessen andrer Pol Nothwendigkeit heißt. In der Natur, wo auch der Zufall zu herrschen scheint, haben wir längst auf jedem einzelnen Gebiet die innere Nothwendigkeit und Gesetzmäßigkeit nachgewiesen, die in diesem Zufall sich durchsetzt. Was aber von der Natur, das gilt auch von der Gesellschaft. Je mehr eine gesellschaftliche Thätigkeit, eine Reihe gesellschaftlicher Vorgänge der bewußten Kontrole der Menschen zu mächtig wird, ihnen über den Kopf wächst, je mehr sie dem puren Zufall überlassen scheint, desto mehr setzen sich in diesem Zufall die ihr eigenthümlichen, innewohnenden Gesetze wie mit Naturnothwendigkeit durch. Solche Gesetze beherrschen auch die Zufälligkeiten der Waarenproduktion und des Waarenaustausches; dem einzelnen Produzenten und Austauschenden stehn sie gegenüber als fremde, Anfangs sogar unerkannte Mächte, deren Natur erst mühsam erforscht und ergründet werden muß. Diese ökonomischen Gesetze der Waarenproduktion modificiren sich mit den verschiednen Entwicklungsstufen dieser Produktionsform; im Ganzen und Großen aber steht die gesammte Periode der Civilisation unter ihrer Herrschaft. Und noch heute beherrscht das Produkt die Produzenten; noch heute wird die Gesammtproduktion der Gesellschaft geregelt, nicht durch gemeinsam überlegten Plan, sondern durch blinde Gesetze, die sich geltend machen mit elementarer Gewalt, in letzter Instanz in den Gewittern der periodischen Handelskrisen.
Wir sahen oben, wie auf einer ziemlich frühen Entwicklungsstufe der Produktion die menschliche Arbeitskraft befähigt wird, ein beträchtlich größeres Produkt zu liefern als zum Unterhalt der Produzenten erforderlich ist, und wie diese Entwicklungsstufe in der Hauptsache dieselbe ist, auf der Theilung der Arbeit und Austausch zwischen Einzelnen aufkommen. Es dauerte nun nicht lange mehr, bis die große »Wahrheit« entdeckt wurde, daß auch der Mensch eine Waare sein kann; daß die menschliche Kraft austauschbar und vernutzbar ist, indem man den Menschen in einen Sklaven verwandelt. Kaum hatten die Menschen angefangen auszutauschen, so wurden sie auch schon selbst ausgetauscht. Das Aktivum wurde zum Passivum, die Menschen mochten wollen oder nicht.
Mit der Sklaverei, die unter der Civilisation ihre vollste Entfaltung erhielt, trat die erste große Spaltung der Gesellschaft ein in eine ausbeutende und eine ausgebeutete Klasse. Diese Spaltung dauerte fort während der ganzen civilisirten Periode. Die Sklaverei ist die erste, der antiken Welt eigenthümliche Form der Ausbeutung; ihr folgt die Leibeigenschaft im Mittelalter, die Lohnarbeit in der neueren Zeit. Es sind dies die drei großen Formen der Knechtschaft, wie sie für die drei großen Epochen der Civilisation charakteristisch sind; offne, und neuerdings verkleidete, Sklaverei geht stets daneben her.
Die Stufe der Waarenproduktion, womit die Civilisation beginnt, wird ökonomisch
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