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Der Verschollene

Der Verschollene

Titel: Der Verschollene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Kafka
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Teil gezahlt hätte, aber Delamarche wie auch Robinson hatten gelegentlich bemerkt, daß für das letzte Nachtlager ihr letztes Geld aufgegangen war. Uhr, Ring oder sonst etwas Veräußerbares war an keinem zu sehn. Und Karl konnte ihnen doch nicht vorhalten, daß sie an dem Verkauf seiner Kleider etwas verdient hätten, das wäre doch Beleidigung und Abschied für immer gewesen. Das Erstaunliche aber war, daß weder Delamarche noch Robinson irgendwelche Sorgen wegen der Bezahlung hatten, vielmehr hatten sie gute Laune genug, möglichst oft Anknüpfungen mit der Kellnerin zu versuchen, die stolz und mit schwerem Gang zwischen den Tischen hin- und hergieng. Ihr Haar gieng ihr von den Seiten ein wenig lose in Stirn und Wangen und sie strich es immer wieder zurück, indem sie mit den Händen darunter hinfuhr. Schließlich als man vielleicht das erste freundliche Wort von ihr erwartete, trat sie zum Tisch, legte beide Hände auf ihn und fragte: "Wer zahlt?" Nie waren Hände rascher aufgeflogen, als jetzt jene von Delamarche und Robinson, die auf Karl zeigten. Karl erschrak darüber nicht, denn er hatte es ja vorausgesehn und sah nichts Schlimmes darin, daß die Kameraden, von denen er ja auch Vorteile erwartete, einige Kleinigkeiten von ihm bezahlen ließen, wenn es auch anständiger gewesen wäre, diese Sache vor dem entscheidenden Augenblick ausdrücklich zu besprechen.
    Peinlich war bloß, daß er das Geld erst aus der Geheimtasche heraufbefördern mußte. Seine ursprüngliche Absicht war es gewesen, das Geld für die letzte Not aufzuheben und sich also vorläufig mit seinen Kameraden gewissermaßen in eine Reihe zu stellen. Der Vorteil, den er durch dieses Geld und vor allem
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    durch das Verschweigen des Besitzes gegenüber den Kameraden erlangte, wurde für diese mehr als reichlich dadurch aufgewogen, daß sie schon seit ihrer Kindheit in Amerika waren, daß sie genüge nde Kenntnisse und Erfahrungen für Gelderwerb hatten und daß sie schließlich an bessere Lebensverhältnisse, als ihre gegenwärtigen nicht gewöhnt waren. Diese bisherigen Absichten die Karl rücksichtlich seines Geldes hatte, mußten an und für sich durch diese Bezahlung nicht gestört werden, denn ein Viertelpfund konnte er schließlich entbehren und deshalb also ein Viertelpfundstück auf den Tisch legen und erklären, dies sei sein einziges Eigentum und er sei bereit, es für die gemeinsame Reise nach Butterford zu opfern. Für die Fußreise genügte auch ein solcher Betrag vollkommen. Nun aber wußte er nicht, ob er genügendes Kleingeld hatte und überdies lag dieses Geld sowie die zusammengelegten Banknoten irgendwo in der Tiefe der Geheimtasche, in der man eben am besten etwas fand, wenn man den ganzen Inhalt auf den Tisch schüttete. Außerdem war es höchst unnötig, daß die Kameraden von dieser Geheimtasche überhaupt etwas erfuhren. Nun schien es zum Glück, daß die Kameraden sich noch immer mehr für die Kellnerin
    interessierten, als dafür wie Karl das Geld für die Bezahlung zusammenbrächte. Delamarche lockte die Kellnerin durch die Aufforderung, die Rechnung aufzustellen zwischen sich und Robinson und sie konnte die Zudringlichkeiten der beiden nur dadurch abwehren, daß sie einem oder dem andern die ganze Hand auf das Gesicht legte und ihn wegschob. Inzwischen sammelte Karl heiß vor Anstrengung unter der Tischplatte in der einen Hand das Geld, das er mit der andern Stück für Stück in der Geheimtasche herumjagte und herausholte. Endlich glaubte er, trotzdem er das amerikanische Geld noch nicht genau kannte, er hätte wenigstens der Menge der Stücke nach eine genügende Summe und legte sie auf den Tisch. Der Klang des Geldes unterbrach sofort die Scherze. Zu Karls Ärger und zu
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    allgemeinem Erstaunen zeigte sich, daß da fast ein ganzes Pfund dalag. Keiner fragte zwar, warum Karl von dem Gelde, das für eine bequeme Eisenbahnfahrt nach Butterford gereicht hätte, früher nichts gesagt hatte, aber Karl war doch in großer Verlegenheit. Langsam strich er, nachdem das Essen bezahlt worden war, das Geld wieder ein, noch aus seiner Hand nahm Delamarche ein Geldstück, das er für die Kellnerin als Trinkgeld brauchte, die er umarmte und an sich drückte, um ihr dann von der andern Seite her das Geld zu überreichen.

    Karl war ihnen auch dankbar, daß sie auf dem Weitermarsch über das Geld keine Bemerkungen machten und er dachte sogar eine Zeitlang daran ihnen sein ganzes Vermögen einzugestehn, unterließ das

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