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Der Waldsteig

Titel: Der Waldsteig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Rindentäschchen.
    »So,« sagte sie, »nun haben wir beide unsere Geschirre voll und jezt gehen wir.«
    Sie gingen nun wieder in derselben fast lächerlichen Art zurük, wie sie hereingekommen waren; nehmlich durch Gestripp, Farrenkräuter und Steine, ohne Weg, das Mädchen voran und Tiburius in dem grauen Roke hinter ihr. Sie führte ihn mit derselben Sicherheit wieder auf seinen Waldsteig zurük, mit der sie ihn zu den Urselschlägen hinab geführt hatte. Als sie zu der Stelle kamen, wo die Wege sich trennten, sagte sie: »Ihr könnt jezt da zu der Andreaswand hinaus gehen, da habt ihr näher in das Bad, ich gehe wieder links durch den Wald nach Hause. Lasset euch eure Erdbeeren wohl schmeken. Ihr könnt auch Zuker dazu nehmen, sogar auch Wein. Wenn ihr wieder kommt, nehmt ein Messer mit und macht euch ein viel größeres Körbchen als das heutige ist. Wollt ihr mit mir sammeln gehen, so kommt nur wieder übermorgen; ich gehe jeden zweiten Tag, so lange das jezige schöne Wetter dauert; wenn es einmal regnet, so sind in dieser Jahreszeit alle Erdbeeren verdorben, und ich gehe nicht mehr hinaus. Jezt lebt recht wohl.«
    »Lebe wohl, Maria,« antwortete Tiburius.
    Sie ging, ihr Körbchen mit dem weißen Tuche im Waldesdämmer gerade so tragend wie neulich, auf ihrem Wege links, Tiburius ging rechts, und fuhr dann, sein Erdbeerkörbchen im Wagen vor sich her haltend, in den Badeort zurük. Da sie ihn so ankommen sahen, und da die Geschichte, wie er mit einer Birkenrindentasche Erdbeeren sammeln gegangen, und dann so zurük gefahren sei, sich auch in die nächsten Häuser verbreitet hatte, gab es wieder viel lustiges Gelächter: Tiburius aber wußte nichts davon, er ließ sich gegen Abend von seinem Diener sehr schöne Teller geben, und aß die gesammelten Erdbeeren. Er nahm keinen Wein dazu.
    Von nun an war er noch zwei Male mit ihr. Das erste Mal machte er sich wirklich mit seinem Messer, das er mit nahm, eine ziemlich große Tasche aus Birkenrinde, die er zur Hälfte mit Erdbeeren voll las: das zweite Mal hielt er doch diese Beschäftigung für zu kindisch, und saß, während Maria ihre Erdbeeren pflükte, mit einem Buche auf einem Stoke und las. Er ging dieses lezte Mal auch wieder mit ihr zu ihrem Vater, und saß in seinem ewigen grauen Roke, den er lieb gewonnen hatte, geraume Zeit mit dem Manne auf der Bank vor dem Hause und redete mit ihm; denn der Tag war sehr schön, und die Herbstsonne legte ihre Strahlen so warm auf die Mittagseite des Hauses, daß sogar die Fliegen um die zwei Männer scherzten und lustig waren, als wäre es mitten im Sommer. Dann ging er allein, weil er jezt den feinen Pfad über den Hügel hinab schon wußte, auf die Straße und zu seinen Pferden.
    Dieser freundliche warme Tag war wirklich der lezte schöne gewesen, wie es im Gebirge sehr oft, man könnte fast sagen, immer vorkömmt, daß, wenn im Spätherbste eine gar laue und warme Zeit ist, sie gewöhnlich als Vorbote erscheint, daß nun die Stürme und die Regen eintreten werden. Von der schönen duftigen Wand, die Tiburius immer von seinem Fenster aus gesehen hatte, und von der er sich anfangs gleich nach seiner Ankunft gewundert hatte, daß die Steine gar so hoch oben auf ihr hervorstehen, kam jezt nicht mehr der schöne blaue Duft zu ihm herüber, sondern sie war gar nicht mehr sichtbar, und nur graue wühlende Nebel drehten sich unaufhörlich von jener Gegend her, als würden sie aus einem unermeßlichen Sake ausgeleert, der aber nie leer werden wolle; aus den Nebeln fuhr ein unabläßiger Wind gegen die Häuser des Badeortes, und der Wind brachte einen feinen prikelnden Regen, der entsezlich kalt war. Tiburius wartete einen Tag, er wartete zwei, er wartete mehrere – allein da der Badearzt selber sagte, daß jezt wenig Hoffnung vorhanden sei, daß noch milde und der Heilung zuträgliche Tage kämen, ja daß diese Zeit eher den Fremden schädlich als nüzlich werden könne: ließ er seinen Reisewagen paken, und fuhr nach Hause. Ein paar Tage vorher, da er gerade im Aufräumen begriffen war, war der Holzknecht bei ihm gewesen, der ihm damals in der Nacht den Weg von dem Schwarzholze nach Hause gezeigt hatte, und hatte ihm den anvertrauten Stok gebracht. Er sagte, daß er eher gekommen wäre, wenn er gewußt hätte, daß der Knopf von Gold sei, er habe es erst gestern erfahren. Tiburius antwortete, das mache nichts, und er wolle ihm für seinen Dienst mehr geben, als der Knopf sammt dem Stoke werth wäre. Er hatte ihm die

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