Der Weg der Könige - Sanderson, B: Weg der Könige - The Way of Kings - The Stormlight Archive, Book 1
Richtung ein, die derjenigen Jezriens entgegengesetzt war.
Unwillkürlich musste er einen Blick zurück auf den Kreis der Schwerter werfen – und dann auf die einzige offene Stelle darin. Auf jene Stelle, an der sich das zehnte Schwert hätte befinden sollen.
Einer von ihnen war verloren. Einen hatten sie aufgegeben.
Verzeih uns, dachte Kalak und ging weiter.
4500 JAHRE SPÄTER
Karte von Alethkar und Umgebung, gezeichnet von den königlichen Landvermessern Seiner Majestät Gavilar Kholin, ca. 1167
PROLOG
TÖTEN
»Die Liebe der Menschen ist ein kaltes Ding, ein Bergbach, nur drei Schritt vom Eise entfernt. Wir sind die seinen. O Sturmvater … wir sind die seinen. Es dauert nur tausend Tage, und der Ewigsturm kommt.«
Gesammelt am ersten Tag der Woche Palah im Monat Schasch im Jahr 1171, einunddreißig Sekunden vor dem Tod. Person war eine dunkeläugige schwangere Frau mittleren Alters. Das Kind hat nicht überlebt.
S zeth-Sohn-Sohn-Vallano, der Unwahre von Schinovar, trug an dem Tag, an dem er einen König töten würde, Weiß. Die weiße Kleidung war eine Parschendi-Tradition und ihm daher fremd. Aber er tat das, was seine Meister von ihm verlangten und fragte nicht nach dem Grund dafür.
Er saß in einem großen Steinraum, der von gewaltigen Feuergruben gewärmt wurde, von denen ein grelles Licht auf die Feiernden fiel und Schweißperlen auf ihrer Haut hervorrief, während sie tanzten, tranken, johlten, sangen und klatschten. Einige fielen mit rotem Gesicht zu Boden. Das Gelage hatte sie überfordert, ihre Mägen hatten sich als ebenso schwach wie minderwertige Weinschläuche erwiesen. Sie wirkten, als
wären sie tot, zumindest bis ihre Freunde sie aus der Festhalle zu den Betten schleppten, die auf sie warteten.
Szeth bewegte sich nicht im Rhythmus der Trommeln, trank nicht von dem saphirnen Wein und tanzte auch nicht. Er saß auf einer Bank im hinteren Teil des Raumes, ein stiller Diener in weißer Robe. Nur wenige von jenen, die die Vertragsunterzeichnung feierten, bemerkten ihn überhaupt. Er war nichts als ein Diener aus Schien und wurde leicht übersehen. Die meisten hier im Osten hielten Szeths Art für gelehrig und harmlos. Grundsätzlich hatten sie damit auch Recht.
Die Trommler spielten einen neuen Rhythmus. Die Schläge durchfuhren Szeth wie ein Quartett pochender Herzen, die Wogen aus unsichtbarem Blut durch den Raum pumpten. Szeths Meister – die von den Angehörigen zivilisierterer Königreiche als Wilde abgetan wurden – saßen an ihren eigenen Tischen. Es waren Männer mit schwarzer Haut, die von roten Striemen geädert war. Sie hießen Parschendi – Vettern der gelehrigeren Dienervölker, die aber fast überall auf der Welt als Parscher bekannt waren. Bei ihnen handelte es sich um eine Kuriosität. Sie nannten sich nicht selbst Parschendi: Das war der Alethi-Name für sie. Grob übersetzt bedeutete er Parscher, die denken können . Niemand schien dies als Beleidigung aufzufassen.
Die Parschendi hatten die Musikanten mitgebracht. Zuerst waren die Alethi-Hellaugen noch zögerlich gewesen. Für sie waren Trommeln die primitiven Instrumente des einfachen dunkeläugigen Volkes. Doch der Wein war der große Ersticker sowohl aller Tradition als auch allen Anstands, und nun tanzten die Alethi mit ungehemmter Hingabe.
Szeth stand auf und bahnte sich einen Weg durch den Raum. Das Gelage dauerte schon sehr lange; sogar der König hatte sich bereits vor Stunden zurückgezogen. Aber viele feierten noch immer. Auf seinem Weg war Szeth gezwungen, um Dalinar Kholin – den Bruder des Königs – herumzugehen, der
betrunken an einem kleinen Tisch zusammengebrochen war. Der alternde, aber noch immer kräftige Mann winkte all jene weg, die ihn ermuntern wollten, zu Bett zu gehen. Wo aber war denn Jasnah, die Tochter des Königs? Elhokar, der Sohn und Erbe des Königs, saß am Hochtisch und leitete das Fest in der Abwesenheit seines Vaters. Er befand sich im Gespräch mit zwei Männern, einem dunkelhäutigen Azisch-Mann, der einen merkwürdig hellen Hautfleck auf der Wange hatte, und einem Mann, der wie ein Alethi aussah und andauernd einen Blick über die Schulter warf.
Die Zechgesellen des Erben waren unbedeutend. Von ihm selbst hielt sich Szeth weit entfernt, schritt an den Seiten des Raums entlang und kam an den Trommlern vorbei. Musiksprengsel zischten durch die Luft um sie herum; die winzigen Geister nahmen die Gestalt wirbelnder, durchscheinender Bänder an. Als Szeth die Trommler
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