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Der Weg des Feuers

Der Weg des Feuers

Titel: Der Weg des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Jacq
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nicht nur darum, zu laufen und auszuweichen, sondern darum, einen Hünen zu töten!«
    Iker blieb unerschütterlich und mischte sich nicht in das Gespräch ein.
    Nun also rückte die Stunde der Wahrheit näher. Bald sollte er dem Propheten gegenüberstehen, und er hatte nur zwei Möglichkeiten: siegen oder sterben.
    »Das musst du ablehnen«, riet ihm einer seiner Weggefährten, »niemand wird sich bereit erklären, Amu zu vertreten. Es gibt nur eine Lösung – Flucht!«
    »Ich erkläre mich bereit.«
    »Du bist ja verrückt!«
    »Das wird ein harter Tag, ich gehe jetzt und ruhe mich für den Kampf aus.«
    Obwohl er seine Hände frei hatte, fühlte sich Iker wieder an den Mast von Gefährte des Windes gefesselt. Nur würde es diesmal keine rettende Woge geben, die ihn vor seinem Schicksal bewahrte. Auf jeden Fall wollte er nicht kampflos sterben!
    In dem Bewusstsein, dass seine Lage aussichtslos war, wollte der Königliche Sohn wenigstens noch etwas Nützliches tun. Deshalb ritzte er in geheimen Zeichen, die nur General Nesmontu entziffern konnte, folgende Worte auf die Innenseite eines Stücks Korkeichenrinde:

    Amu ist nicht der Prophet. Letzterer, anscheinend eine Art Ungeheuer, versteckt sich weniger als einen Tagesmarsch weit von dieser Gegend hier, sehr wahrscheinlich im Norden. Ich muss mich im Zweikampf mit ihm schlagen. Lang lebe der Pharao.

    Iker vergrub das Rindenstück und bedeckte die Stelle mit Steinen. Einen davon stellte er senkrecht darauf, nachdem er mit einer Silexklinge eine Eule hineingeritzt hatte. Diese Hieroglyphe bedeutete »hier drin«. Sollte eine ägyptische Streife an der Stelle vorbeikommen, würden sie bestimmt der Sache auf den Grund gehen.
    Der Schreiber lehnte sich an einen Baumstamm, der große Hund legte sich zu seinen Füßen schlafen. Bei der geringsten Gefahr würde er ihn sofort warnen.
    Iker konnte nicht schlafen und dachte an all das unerreichbare Glück: Er wollte Isis Wiedersehen, ihr noch einmal seine Liebe erklären, ihre Liebe gewinnen, ein gemeinsames Leben mit ihr aufbauen, dem Pharao dienen, die Mysterien von Abydos entdecken, als Schriftsteller Maat weiterreichen, mehr von der strahlenden Leuchtkraft der Hieroglyphen erblicken… Doch all seine Träume zerbrachen an einer unerbittlichen Wirklichkeit: dem Propheten.

    Am Morgen war es neblig.
    Nachdem Amu sich nachts mehrmals erbrochen hatte, dämmerte er jetzt matt vor sich hin.
    »Noch kannst du dich weigern«, sagte ein Syrer zu Iker.
    »Wohl kaum«, widersprach ein anderer. »Das Ungeheuer wird nicht mehr lange auf sich warten lassen. Wenn wir keinen Gegner für ihn haben, schneidet er uns allen den Kopf ab!«
    »Und was ist, wenn ich verliere?«, wollte der Königliche Sohn wissen.
    »Dann werden wir seine Sklaven. Hier ist dein Bogen, ein Köcher voller Pfeile und dein Schwert.«
    »Was ist mit meinem Wurfspieß?«
    »Damit kannst du ihn höchstens kratzen.«
    »Sie kommen!«, schrie eine Wache.
    Der Prophet marschierte an der Spitze seines Stammes, Frauen und Kinder eingeschlossen, weil sich keiner dieses Schauspiel entgehen lassen wollte.
    Einen Augenblick lang war Iker wie vor den Kopf geschlagen. Noch nie zuvor hatte er ein ähnlich großes Paket aus Fleisch und Muskeln gesehen. Obwohl Sesostris wirklich sehr groß war, hätte er neben diesem unvorstellbar riesenhaften Mann klein ausgesehen.
    Der Prophet hatte eine niedrige Stirn, verfilzte Haare, ein spitzes Kinn, und er sah nur mit einem Auge. Ein schmutzig graues Band bedeckte sein totes Auge.
    Mit einer Streitaxt und einem gewaltigen Brustschild bewaffnet, blieb er in einigem Abstand vom feindlichen Lager stehen.
    Dann erhob er die Stimme, die viel zu hoch war für diesen großen Körper, und lächerlich wirkte, aber keinen zum Lachen brachte.
    »Komm aus deinem Zelt, du Waschweib! Stell dich mir, Amu, du Feigling, den seine Gegner nur von hinten kennen!
    Komm heraus und schau mal, wie sich meine Axt anfühlt!«
    Iker trat vor.
    »Amu ist krank.«
    Der Hüne brach in verächtliches Gelächter aus.
    »Die Angst zerfrisst ihm die Eingeweide, wetten? Trotzdem schneide ich ihn jetzt kurz und klein.«
    »Vorher musst du kämpfen.«
    »Ach so, Amu hat einen Stellvertreter ausgesucht! Umso besser, das wird ein schöner Spaß. Soll er sich nur zeigen, der Held!«
    »Ich bin es.«
    Ungläubig ließ der Riese den Blick über das syrische Lager schweifen, und als sich niemand anders meldete, brach er in wildes Gelächter aus. Seine Leute machten es ihm

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