Der Weg des Feuers
verderben lassen.
Sollte die Lage ernst werden, wollte Gergu ins Wasser springen! Schwitzend und mit hochrotem Kopf brüllte er herum und wusste nicht mehr, an welchen Gott er sich noch wenden sollte. In den Süden zu fahren, wäre für ihn eigentlich ein Vergnügen gewesen, aber die Aufsicht über diese Getreideschiffe entwickelte sich allmählich zu einem Albtraum. Denn es fehlten eine Ladung, deren Größe nicht auf den Listen verzeichnet war, und ein Frachter, ein Geisterschiff, das im ganzen Hafen nicht auffindbar war! Solange diese geheimnisvollen Vorgänge nicht aufgeklärt waren, konnte er unmöglich die Anker lichten. Aber er, Gergu, war dann auch verantwortlich für die Verspätung, die dadurch entstand. Und Medes durfte er nicht um Hilfe bitten, sie sollten sich auf keinen Fall zusammen sehen lassen.
»Hast du Schwierigkeiten?«, fragte Iker, der in Begleitung von Nordwind war.
»Ich weiß einfach nicht mehr, was ich noch machen soll«, jammerte Gergu. »Dabei habe ich alles schon so oft überprüft.«
Der Oberverwalter der Getreidespeicher war völlig verzweifelt und den Tränen nahe.
»Kann ich dir irgendwie helfen?«
»Ich wüsste nicht, wie.«
»Erklär mir einfach deine Schwierigkeiten.«
Gergu reichte Iker eine Papyrusrolle, die wegen des häufigen Gebrauchs schon ganz zerknittert war.
»Also – erstens hat sich der Inhalt eines Getreidespeichers auf geheimnisvolle Weise verflüchtigt.«
Iker las den Bericht, den ein Schreiber in einer Schnellschrift verfasst hatte, die besonders schwierig zu entziffern war. Auch er entdeckte den Fehler erst beim dritten Lesen.
»Der Beamte hat ein und dieselbe Menge zweimal berechnet!«
Gergu strahlte erleichtert.
»Das heißt also… Ich habe hier alle Ladungen, die der König verlangt hat?«
»Ja, ganz eindeutig. Was gibt es sonst noch?«
Gergus Miene verdüsterte sich wieder. »Ein Frachter ist verschwunden – das wird man mir nie verzeihen!«
»Ein Frachtschiff kann sich doch nicht einfach so in Luft auflösen«, meinte Iker. »Ich gehe mich bei der Hafenwache erkundigen.«
Das Verzeichnis der Getreideschiffe war wohl in Ordnung. Doch der Schein trog!
Ein schlampiger oder allzu eiliger Schreiber hatte zwei Berichte verwechselt. Durch diesen Fehler ging der Verwaltung vermeintlich ein Schiff der Handelsmarine verloren, weil es unter falschem Namen verzeichnet war. Gergu bedankte sich überschwänglich.
Und Iker musste an Gefährte des Windes denken. Hatte nicht ein ähnlicher Kniff genügt, um einen Hochseesegler aus den Beständen der königlichen Flotte verschwinden zu lassen?
»Du bist ja wirklich begabt!«
»Als Schreiber musste ich lernen, mit solchen
Ungereimtheiten umzugehen.«
Jetzt erst wurde Gergu bewusst, wen er da vor sich hatte.
»Bist du etwa Iker, der Königliche Sohn?«
»Ja, der Pharao hat mir diesen Titel zugedacht.«
»Bitte entschuldige, ich habe dich bisher nur von weitem gesehen, im Palast. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich dich natürlich nicht mit meinen lächerlichen Schwierigkeiten behelligt.«
»Ist schon gut, Gergu! Ich kenne mich mit deiner Arbeit aus, weil ich selbst Getreidespeicher verwaltet habe, als ich noch in Kahun lebte. Das ist eine heikle und sehr wichtige Aufgabe! In Zeiten der Not oder nach einer schlechten Schwemme ist das Überleben der gesamten Bevölkerung davon abhängig, wie viel Vorräte vorhanden sind.«
»Das ist auch das Einzige, was mir wichtig ist«, log der Getreideaufseher. »Ich hätte beruflich schon weiterkommen und gut verdienen können, aber für das Wohlergehen der Allgemeinheit zu arbeiten, ist eben doch eine edle Aufgabe, habe ich Recht?«
»Davon bin ich überzeugt.«
»Am Hof kann man sich gar nicht über deine Heldentaten im syrischen Palästina beruhigen… Und jetzt hast du schon wieder eine vollbracht, deren Nutznießer diesmal ich bin!
Sollten wir das nicht mit einem Becher Wein begießen?«
Ohne Ikers Zustimmung abzuwarten, entkorkte Gergu einen Krug und schenkte einen fruchtigen Rotwein in einen Alabasterkelch, den er aus einer Tasche seines Umhangs gezaubert hatte.
»Vorsichtshalber habe ich immer noch einen zweiten bei mir«, erklärte er und reichte Iker den gefüllten Kelch. »Auf die Gesundheit unseres Pharaos!«
Das große Gewächs mundete ausgezeichnet.
»Wie es heißt, hast du einen Riesen besiegt?«
»Neben ihm kam ich mir wie ein Zwerg vor«, gab Iker zu.
»War er der Prophet, vor dem sich alle so fürchten?«
»Leider nein.«
»Wenn
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