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Der weiße Neger Wumbaba

Titel: Der weiße Neger Wumbaba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Axel Hacke , Michael Sowa
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Paola.
    ›I believe in Malcolm‹, sagte ich.
    ›So heißt es nicht‹, sagte sie.
    ›Was singst du denn?‹, fragte ich.
    ›I believe in nuckles. So heißt es aber auch nicht. Ich weiß bloß nicht, wie es richtig heißt‹, sagte sie.
    ›Was heißt nuckles ?‹, fragte ich.
    ›Knöchel‹, sagte sie.
    ›Ach so, knuckles ‹, sagte ich. ›Ich glaube an Knöchel, soso, aha. Ich hatte nuckles verstanden. Was heißt das?‹
    ›Das gibt es nicht, glaube ich‹, sagte sie.
    Ich gab in meinen Computer zuerst das Suchwort nuckles , dann knuckles ein und lernte, dass Frankie Knuckles ein DJ in Chicago war und dort 1977/78 in einer Discothek namens The Warehouse den House erfand. Knuckles war der Gründervater des Techno. Dann gab ich die Suchwörter I believe in Malcolm ein. Da kamen mehrere Seiten, auf denen es ausschließlich um falsch verstandene Songs ging, nämlich www.kissthisguy.com und www.amiright.com . Ich lernte, dass die Zeile in unserem Song in Wahrheit lautete:
    ›I believe in miracles,
    since you came along,
    you sexy thing.‹
    Es waren aber zahlreiche Beispiele aufgeführt, wie das Lied schon missverstanden worden war: I believe in milkbones, in milk-rolls, in milkos, in milkballs, in Melcho, in mecos, in Myrtle. Am besten gefiel mir:
    ›I believe in miracles,
    since you came along,
    you saxophone.‹
    Ach, Malcolm. You sexy thing .
    Den Rest des Abends verbrachten Paola und ich vor dem Bildschirm, tausende von falsch verstandenen Liedtexten lesend. Hier zwei Beispiele: In Tina Turners Song What’s Love Got To Do With It findet sich die Zeile: ›What’s love, but a second hand emotion?‹ Das haben Leute so gehört: What’s love, but a second handy motion?; What’s love, but a second hand in motion?; What’s love, but just swimmin’ in the ocean?
    Das Beatles-Lied Paperback writer betreffend, gibt es folgende Irrtümer: Paperbag rider; Pay for that Chrysler; Face the bad rider; He’s the Budweiser; Hy, barebacked rider!; Isn’t that right, sir?; Take the back right turn!
    Vor dem Schlafengehen gab ich das Suchwort ›Flaggenhof‹ ein. Tja, Herr Moritz! Auf der Plassenburg bei Kulmbach gibt es einen Flaggenhof, den man auch ›Südstreichwehr‹ nennt. Das um 1550 errichtete Ensemble, las ich, zähle zu den ältesten in italienischer Manier errichteten Bastionsanlagen in Deutschland.
    Was soll man sagen? Singen bildet.«
Mutter Weinezehr und Fräulein Leichnam:
Schönheit und Schrecken des Verhörens
    In einem der ersten Briefe, die mich zu diesem Thema erreichten, schrieb Leser B., er habe als Kind oft das Lied vom Hänschen klein gehört, darin die Zeilen:
    »Da besinnt
    sich das Kind,
    eilet heim geschwind.«
    B. aber verstand den Text immer anders, er hörte:
    »Dabesin
    sieht das Kind,
    eilet heim geschwind.«
    B. hatte dafür nur eine Erklärung: Es müsse einen Herrn Dabesin (wohl ein Bekannter der Eltern) geben, der das entlaufene Kind sehe und zu den Eltern eile, die es dann holten. Oder der mit dem Kind rede und es dazu bringe, reumütig heim zu eilen.
    Kaum hatte ich das veröffentlicht, meldete sich bei mir Herr W., der mir den kompletten Text der zweiten Hänschen-Strophe zur Verfügung stellte, jedenfalls wie er sie verstand:
    »Aber Mutter Weinezehr
    hat ja nun kein Hänschen mehr!
    Dabesin sieht das Kind,
    eilet heim geschwind.«
    Damit wurde die Sache plötzlich viel klarer: Dabesin ist der Geliebte von Frau Weinezehr, Hänschens Mutter, der zu ihr eilt,nachdem er Hänschen hat gehen sehen. Nun aber werden neue Fragen aufgeworfen: Ist Dabesin Hänschens Vater? Warum nimmt er Hänschen nicht mit zur weinenden Mutter? Hat er ihn gehasst? Hat Hänschen ihn gestört, wenn er mit Mutter Weinezehr allein sein wollte? Ist Hänschen am Ende seinetwegen gegangen, weil er den Stiefvater nicht mehr ertrug? Das muss offen bleiben.
    Fest steht aber: Wir, die wir immer alle Texte falsch verstehen, sobald wir sie nicht lesen, sondern hören, sobald sie gesungen, gebetet oder sonstwie vorgetragen werden, wir leben in einer rätselhaften, doch auch reichen, poetischen Welt, bevölkert von Wesen, die niemand außer uns auch nur zu kennen imstande ist.
    Nehmen wir jenen Herrn, der mich nach einer Lesung ansprach, um mir seine Version von Matthias Claudius’ Der Mond ist aufgegangen mitzuteilen. Da heißt es:
    »Der Wald steht schwarz und schweiget,
    und aus den Wiesen steiget
    der weiße Nebel wunderbar.«
    Dieser Mann erzählte mir, was in seinen Ohren klang:
    »Der Wald steht schwarz

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