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Der Zypressengarten

Der Zypressengarten

Titel: Der Zypressengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Santa Montefiore
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Das Blatt ist eine wahre Fundgrube an Lokalnachrichten. Und die Geschichte wird allmählich richtig bizarr. Zuletzt hat er sich ein großes Haus gleich außerhalb von Thurlestone vorgenommen. Er ist nachts rein, als alle geschlafen haben, und mit haufenweise Bargeld und einem sehr teuren Kunstwerk wieder raus. Das Komische ist, dass er anscheinend wusste, wo alles war, als wäre er schon vorher dort gewesen und hätte alles ausgekundschaftet.«
    »Woher wissen sie, dass es ein Er ist?«
    Sylvia zuckte mit den Schultern. »Na ja, er unterschreibt mit Raffles, nach einer Romanfigur, und die ist männlich. Deshalb haben sie ihn Baffles getauft.« Sie lachte nasal. »Typisch Journalisten. Die lieben Wortspiele! Aber stell dir vor: Er lässt nichts zurück bis auf einen kleinen Zettel, auf dem ›Vielen Dank‹ in sauberer Handschrift steht.«
    »Das ist ein Witz.«
    »Würde ich mir bei so einer ernsten Sachen Scherze erlauben?« Sie sog ihre Wangen ein. »Ich verkackeier dich nicht, Clemmie. Ein Räuber mit Manieren. Aber sich vorzustellen, dass er vor nicht mal einer Woche das Palace Hotel ausgeraubt hat. Hoffentlich kommt er nicht hierher.«
    Clementine lachte und sackte auf ihren Stuhl. »Tja, mir ist egal, ob er das Polzanze ausraubt und Submarines ganze kostbare Gemäldesammlung klaut. Er würde mir einen Gefallen tun, wenn er sie gleich mit wegschleppt.«
    »Du bist unfair. Ich mag sie. Sie ist bezaubernd.«
    »Sie ist billig.«
    »Sei nicht so ein Snob.«
    »Ich bin kein Snob. Mich interessiert nicht, woher die Leute kommen, solange sie nett sind.«
    »Sie ist von hier, genau wie ich.«
    »Ja, nur merkt man es nicht. Sie strengt sich mächtig an, nach besserer Herkunft zu klingen, hat so gut wie keinen hiesigen Akzent mehr.« Clementine kicherte. »Das Blöde ist, dass sie sich darüber einen echt schrägen Akzent angeeignet hat, der weder das eine noch das andere ist. Manchmal hört sie sich wie eine Ausländerin an!«
    »Du bist echt gemein, Clemmie. Dann hat sie eben einige kleine Macken. Sei ein bisschen toleranter.«
    »Sie hat nun mal diesen Dünkel, und ich kann Leute nicht leiden, die sich einbilden, was Besseres zu sein. Sie soll bloß aufhören, dauernd auf vornehm zu tun.«
    Sylvia sah sie verärgert an. »Du behauptest, dass du kein Snob bist, Clementine, dabei hörst du dich genau wie einer an. Was hat dir denn deine teure Privatschule gebracht? Einen Schnöselakzent und das Gefühl, über allen andern zu stehen. Und sonst? Du arbeitest im selben Büro wie ich, nur für viel weniger Geld. Ehrlich, dein Vater hätte sich das Geld für deine Schulen sparen können.«
    »Ich wollte dich doch nicht beleidigen, Sylvia! Gemeint ist meine Stiefmutter. Ich glaube eben nicht, dass sie gut für meinen Vater ist, das ist alles. Er könnte es besser haben. In London war er ein sehr erfolgreicher Anwalt. Wie in aller Welt kommt er auf die Schnapsidee, hier runterzuziehen und ein Hotel zu führen?«
    »Durch seine Frau.«
    »Sag ich ja. Er könnte inzwischen Richter sein.«
    »Vielleicht wollte er das gar nicht. Vielleicht ist er glücklich damit, wie er sich entschieden hat. So oder so, keiner verlangt von dir, dass du deine Stiefmutter liebst. Sie könnte die Tochter eines Königs sein, und du würdest sie trotzdem nicht gut genug für ihn finden.«
    »Ich glaube, sie wollte das Haus, weil es früher dem Duke of Somerland gehört hat. Sie sitzt in ihrem Büro, das früher das Schreibzimmer der Duchess war, und kommt sich wichtig vor. Dad stand so weit über ihr in der Nahrungskette, dass mich wundert, wie sie ihn überhaupt ins Auge fassen konnte.«
    »Ich finde sie wunderschön. Da ist etwas Tiefes und Trauriges in ihrem Blick.«
    »Glaub mir, sie hat nichts, weswegen sie traurig sein muss. Sie hat doch durch pure Manipulation alles gekriegt, was sie wollte.«
    »Dann kannst du ja ihre Taktik übernehmen und deine Schönheit klug einsetzen.«
    »Ich bin nicht schön.«
    Sylvia schüttelte grinsend den Kopf. »Bist du wohl, wenn du lächelst.«
    Marina beobachtete erleichtert, wie Balthazars Wagen endlich die Einfahrt hinunterrumpelte. Sie fand Grey auf einer Leiter in der Bibliothek nebenan vor, wo er ein Buch suchte, das er dem Brigadier leihen wollte. Letzterer kam jeden Morgen zu Eiern und Toast ins Polzanze, seit seine Frau vor fünf Jahren starb.
    »Du meine Güte«, sagte er. »Das war offenbar nicht gut.«
    Sie hob die Hände gen Himmel und atmete übertrieben tief ein. »Ich wurde ihn nicht wieder los.

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