Des Teufels Wörterbuch
darauf ist einfach: All unsere Ärzte sind Männer.) Keine Wonne dieser weitläufigen Welt ist so süß wie die Verteidigung einer lieblichen Frau wider unziemliche Anwürfe.
Verdauungsstörung, die – Krankheit, welche der Patient und seine Freunde häufig für tiefe religiöse Überzeugung und Besorgnis um die Errettung der Menschheit halten. Wie der einfache Rote Mann der westlichen Wildnis es mit, wie man zugeben muß, großer Kraft ausdrückt: »Viel gut, nix beten; dick Bauchschmerz, Haufen Gott.«
Verdienen, v. – Anspruch auf etwas haben, was ein anderer bekommt.
Verfeinerung, die – Whisky aus einem Champagnerkelch trinken.
Verfluchen, v. – Jemanden energisch mit einer verbalen Fliegenklatsche bedrängen. Es handelt sich um eine Maßnahme, die in der Literatur, namentlich im Drama, für das Opfer meistens tödlich endet. Nichtsdestoweniger ist der Todesfall durch Verfluchung ein Risiko, das bei der Berechnung der Prämien für eine Lebensversicherung kaum ins Gewicht fällt.
Vergangenheit, die – Jener Teil der Ewigkeit, von dem uns ein kleiner Bruchteil oberflächlich und unangenehm bekannt ist. Eine bewegliche Linie namens Gegenwart trennt sie von einer imaginären Periode namens Zukunft. Diese beiden großen Unterabteilungen der Ewigkeit, deren eine unausgesetzt die andere auslöscht, sind völlig unähnlich. Eine ist düster vor Sorge und Enttäuschung, die andere hell vor Gedeihen und Wonne. Die Vergangenheit ist das Reich des Geseufzes, die Zukunft das Reich des Gesanges. In der einen kauert die Erinnerung, gewandet in Sackleinen und Asche, und murmelt reuevolle Gebete; im Sonnenlicht der anderen flattert die Hoffnung mit freien Schwingen und lockt zu Tempeln des Erfolges und Palästen des Wohlbefindens. Doch ist die Vergangenheit die gestrige Zukunft, die Zukunft die morgige Vergangenheit. Beide sind eines – das Wissen und der Traum.
Vergänglichkeit, die – Jene Eigenschaft, die so bezaubernd Glück und Gram unterscheidet und es uns ermöglicht, Wonne und Weh unmittelbar zu vergleichen, daß wir uns des erstgenannten beider Zustände besser zu ergötzen vermögen.
Vergebung, die – Taktischer Zug; dient dazu, einen Finsterling einzulullen, um ihn beim nächsten Mal in flagranti zu ertappen.
Vergehen, das – Gesetzesübertretung; weniger würdig als ein Verbrechen; ergibt keinen Anspruch auf Zutritt zur besten kriminellen Gesellschaft.
Vergessenheit, die – Zustand oder Verfassung, da die Bösen zu streiten aufhören und die Trübseligen ausruhen. Ewige Schutthalde des Ruhms. Kühlhaus für hochfliegende Hoffnungen. Ort, wo ehrgeizige Autoren ihren Werken ohne Stolz und besseren Kollegen ohne Neid begegnen. Schlafsaal ohne Wecker.
Vergeßlichkeit, die – Gottesgabe; wird Schuldnern als Ersatz für fehlendes Gewissen zuteil.
Verhaften, v. – Förmlich jemanden festnehmen, den man der Ungewöhnlichkeit anklagt. – Gott schuf die Welt in sechs Tagen; am siebenten aber ward er verhaftet. (Apokryphen)
Verhaftet, adj. – Auf frischer Tat ertappt, ohne ausreichende Barschaft zur Beschwichtigung des Polizisten.
Verhau, das – Schmutz vor einer Festung, der den Schmutz außerhalb der Festung davon abhalten soll, den Schmutz innerhalb der Festung zu belästigen.
Verhehlen, v. – Dem Charakter ein frisches Hemd überstreifen.
Verkommenheit, die – Etappe auf dem Weg des sozialen und moralischen Fortschritts vom Privatmann zum Spitzenpolitiker.
Verlassen, v. – Einen irrenden Freund verbessern oder einen notleidenden Freund ermahnen.
Verleumden, v. – Über einen Mann sagen, wie man ihn finden, wenn er einen nicht finden kann.
Verleumdung, die – Form der Exkommunikation durch dafür Unzuständige.
Verlobt, adj. – Zustand eines Mannes und einer Frau, die einander gefallen, ihren Freunden unersprießlich sind und nun die Gesellschaft dadurch zu versöhnen suchen, daß sie einander unerträglich werden.
Verlobung, die – Anbringung des Gelenkrings zur späteren Befestigung der Fußkette.
Verlogen, adj. – Der Rhetorik ergeben.
Verlust, der – Beraubung dessen, was wir hatten, oder nicht hatten. Im letzteren Sinn wird von einem besiegten Kandidaten gesagt, er habe »die Wahl verloren«, und so heißt es auch über viele Poeten, sie hatten »den Verstand verloren«.
Vermachen, v. – Jemandem großzügig etwas geben, was man irgendwann ohnehin nicht länger vorenthalten kann.
Vernunft, die – Kondensiertes Vorurteil.
Vernünftig, adj. – Anfällig für Infektion
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