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DGB 13 - Nemesis

DGB 13 - Nemesis

Titel: DGB 13 - Nemesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Swallow
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Perrigs ebenmäßige, schwungvolle
Handschrift von früher.
    Wenn es ihm irgendwie gelang,
diese Notiz unvoreingenommen zu betrachten — vielleicht würde es ihm dann
gelingen, das zu entziffern, was sie hatte schreiben wollen ...
    Speer .
    Die Erkenntnis traf ihn wie ein
Schlag ins Gesicht. Mit einem Mal hatte er das Wort erkannt. Ja, er war davon
überzeugt. Der Schwung der Konsonanten und der Vokale ... Ja .
    Aber was bedeutete es? Beim
nächsten Schritt verursachte er ein Geräusch, als würde etwas Nasses aufreißen,
dann schien etwas an seinem Stiefel zu ziehen — wie eine dicke Leimschicht, die
den Fußboden überzog. Hyssos schnupperte und überlegte, ob wohl eines der
gigantischen Weinfässer leckte, doch dann bemerkte er einen abgestanden,
metallischen Geruch, der das süßliche Aroma unter sich begrub. Er steckte die
Tafel zurück in die Jackentasche und setzte behutsam die Brille wieder auf.
    Und dann sah er es. In kalten,
meeresgrünen Schattierungen sah er das Fries aus Fleisch und Knochen. Unter
einem der Vorratstanks, unterhalb eines breiten Stützpfeilers und in einem Schatten,
den das Tageslicht von Iesta Veracrux niemals erreichen konnte, sah er den zur
Schau gestellten, ausgeweideten Körper.
    Der Leichnam war so
aufgeschnitten worden, dass man Knochen und Muskeln hatte entfernen können. Die
Fleischklumpen, die von dem Opfer noch übrig waren, hatte man als Parodie einer
menschlichen Form mit Nägeln befestigt. Organe und Knochen waren zu Mustern und
Strukturen angeordnet worden, manche bildeten entsetzliche neue Kombinationen.
Beispielsweise ragten die Rippen fächerförmig wie Dolche aus der blasen Leber
hervor.
    Ein Hüftknochen war mit
Eingeweiden dekoriert worden, und eine schwammartige Lunge hatte man mit
herausgetrennten Nervenbahnen umwickelt. Auf dem Boden bildete das Blut eine
getrocknete klebrige Lache, die sich mit vergossenem Wein vermischt hatte und
zweifellos einige Ebenen tiefer getropft war.
    Tausende Gallonen gereifter
Wein waren durch das verschmutzt worden, was sich hier oben abgespielt hatte.
    An den Rändern dieses Ozeans
aus Lebenssaft, dort wo die Flüssigkeiten abgelaufen waren, überzogen
achtzackige Sterne das bleiche Holz. Inmitten des Ganzen erfassten Hyssos'
Augen auf einmal eine Form, die seine Aufmerksamkeit auf sich lenkte: ein
Gesicht.
    Vorsichtig trat er näher heran,
wobei sich ihm bei den schmatzenden Geräuschen, die jeder Schritt verursachte der
Magen umdrehte. Er kniff die Augen zusammen und richtete die Sensoren des
Auspex auf die blutige Masse. Es war das Gesicht von Erno Sigg, abgelöst von
seinem Schädel, hingeworfen wie eine Papiermaske.
    Das Signal des Auspex lenkte
seinen Blick von dem Schrecken ab.
    Hyssos war von den Technologen
des Konsortiums darin geschult worden, die Anzeigen zu deuten und zu verstehen,
und als er nun die Daten auf dem kleinen Monitor sah, wusste er, das Blut war
Tage alt, vielleicht sogar eine Woche. Diese Grausamkeit war Erno Sigg zu einem
Zeitpunkt angetan worden, an dem Perrig noch gelebt hatte. Daran konnte es
keinen Zweifel gehen, da ein Auspex nicht log. Er überwand seinen Ekel und ließ
das Auspex los, das mit einem Band am Gürtel befestigt war. Dann hob er die
Waffe und legte den Finger auf den Abzug. Seine Hand zitterte, und er konnte
nichts dagegen tun.
    Plötzlich nahm er Schritte
wahr. Auf der anderen Seite des Sees aus getrocknetem Blut löste sich ein
Schatten aus der Dunkelheit und näherte sich ihm. Hyssos erkannte die
zielstrebige Gangart des iestanischen Vogts wieder, der mitten durch das
Massaker hindurchging und dessen Schuhe bei jedem Schritt das gleiche
widerwärtige Schmatzen verursachten.
    »Sabrat«, rief der Ermittler
von Abscheu erfüllt.
    »Was machen Sie denn da? Sehen
Sie nicht, was hier passiert ist?«
    »Das sehe ich«, kam die
Antwort. Die Stimme hörte sich völlig trocken an.
    Die Verstärkerbrille kam ihm
vor, als würde er eine Augenbinde tragen, also riss er sie herunter. »Um Terras
willen, Yosef!. Gehen Sie zurück! Sie zerstören Beweise!«
    »Yosef ist nicht hier«, gab die
Stimme zurück, die mit einem Mal eine Verwandlung durchmachte und feucht und
flüssig klang.
    »Yosef ist weggegangen.«
    Der Vogt trat aus der
Dunkelheit hervor und sah nicht so aus, wie Hyssos ihn kannte. Anstelle der
Augen waren da nur zwei schwarze Höhlen, die ihn aus einem Gesicht anstarrten,
das sich wie Öl auf Wasser bewegte.
    »Mein Name ist Speer«, sagte
der Schrecken. Das augenlose Antlitz hatte

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