Die 2 Chance
vertraute Stimme sagte: »Linds, wir müssen reden…«
Es war Cindy Thomas, eine meiner engsten Freundinnen, obgleich sie die führende Polizeireporterin beim Chronicle war. »Ich will dich jetzt nicht nerven, aber es ist wichtig«, sagte sie. »Wie wär’s um zehn bei Susie’s?«
Cindy hatte als kleine Reporterin bei der Lokalredaktion angefangen und es geschafft, sich durch List und Tücke in die Ermittlungen bei den Honeymoon-Morden einzuschleichen und anschließend maßgeblich zur Aufklärung beigetragen. Ich hatte Cindy, ebenso wie den anderen, das Gold auf meiner Polizeimarke zu verdanken.
Mir gelang ein Lächeln. »Ich komme.«
Im zweiten Stock betrat ich den Raum, der von Leuchtstoffröhren erhellt wurde und den die zwölf Leute der Mordkommission ihr Zuhause nannten. Lorraine Stafford wartete auf mich. Sie hatte sechs erfolgreiche Dienstjahre bei der Sittenpolizei hinter sich und war die Erste, die ich zu meiner Mitarbeiterin machte. Cappy McNeil war ebenfalls gekommen.
»Was kann ich tun?«, fragte Lorraine.
»Fragen Sie in Sacramento an, ob ein weißer Van als gestohlen gemeldet ist. Jedes Modell. Kalifornisches Nummernschild. Und eine allgemeine Anfrage wegen eines Aufklebers für die Stoßstange, auf dem ein Löwe, ganz gleich wie, abgebildet ist.« Sie nickte und wollte gehen.
»Moment, Lorraine«, hielt ich sie zurück. »Ein Löwe mit zwei Köpfen.«
Cappy kam mit, als ich mir eine Tasse Kaffee machte. Er war seit fünfzehn Jahren bei der Mordkommission, und ich wusste, dass er sich positiv über mich geäußert hatte, als Chief Mercer ihn wegen meiner Beförderung zum Lieutenant befragt hatte. Er schaute traurig und deprimiert drein. »Ich kenne Aaron Winslow. Ich habe mit ihm in Oakland Football gespielt. Er hat sein Leben diesen Kindern gewidmet. Er ist wirklich ein guter und großartiger Mensch, Lieutenant.«
Plötzlich steckte Frank Barnes vom Autodiebstahl den Kopf durch die Tür in unser Büro. »Achtung, Lieutenant. Schwergewicht ist auf dem Weg.«
Schwergewicht wurde im Polizeijargon der Polizeipräsident von San Francisco, Chief Earl Mercer, genannt.
Mercer stampfte herein, mit seinen ganzen hundertfünfzehn Kilo, gefolgt von Gabe Carr, einem bösartigen kleinen Wiesel, dem Pressesprecher der Polizei, und Fred Dix, der für die Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung zuständig war.
Der Chief trug sein Markenzeichen, den dunkelgrauen Anzug, das blaue Hemd und die glänzenden goldenen Manschettenknöpfe. Ich hatte miterlebt, wie Mercer eine Reihe heikler Situationen gemeistert hatte – Bombenattentate in öffentlichen Verkehrsmitteln, behördeninterne Skandale, Serienmorde –, aber noch nie hatte ich sein Gesicht so angespannt gesehen. Er winkte mich in mein Büro und schloss wortlos die Tür hinter sich. Fred Dix und Gabe Carr waren bereits da.
»Gerade habe ich mit Winston Gray und Vernon Jones telefoniert«– zwei berühmte Stadträte –, »sie haben mir zugesichert, Zurückhaltung zu üben und uns etwas Zeit zu geben, um herauszufinden, um welche Sauerei es sich handelt. Aber ich muss eines klarstellen: Mit Zurückhaltung meinen sie: Bringt uns die Person oder Gruppe, die dafür verantwortlich ist, sonst haben wir zweitausend wütende Bürger im Rathaus.«
Sein Gesicht entspannte sich kaum sichtbar, als er mich anschaute. »Deshalb hoffe ich, Lieutenant, Sie haben uns etwas mitzuteilen…«
Ich berichtete ihm, was ich bei der Kirche ermittelt hatte und dass Bernard Smith das mutmaßliche Fluchtfahrzeug gesehen hatte.
»Van oder nicht«, mischte sich Fred Dix, der Mann des Bürgermeisters ein, »Sie wissen, wo Sie anfangen müssen. Bürgermeister Fernandez geht scharf gegen jeden vor, der in dieser Gegend rassistische oder sonstige Parolen gegen die Integration verbreitet. Derartige Bestrebungen müssen radikal ausgemerzt werden.«
»Sie scheinen ja ziemlich sicher zu sein, dass es sich um eines der üblichen Kraut-und-Rüben-Verbrechen handelt«, sagte ich.
»Eine Kirche zusammenschießen, ein elfjähriges Kind ermorden? Wo würden Sie denn anfangen, Lieutenant?«
»Das Gesicht des toten Mädchens wird in jeder Nachrichtensendung des Landes zu sehen sein«, warf der Pressesprecher ein. »Die Verbesserungen im Bay-View-Bezirk sind eine der Leistungen, auf die der Bürgermeister äußerst stolz ist.«
Ich nickte. »Hat der Bürgermeister etwas dagegen, wenn ich meine Augenzeugenbefragung vorher abschließe?«
»Machen Sie sich wegen des Bürgermeisters keine
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