Die Akte ODESSA: Thriller (German Edition)
Vergeltungsaktionen unternahm, ihren Zusammenhalt und löste sich auf.
Was schließlich den Stabsfeldwebel Ulrich Frank betrifft, den Kommandanten des Panzers, der Millers Weg auf der Autobahn München-Salzburg gekreuzt hatte, so befand er sich im Irrtum, als er annahm, daß sein Panzer, der »Drachenfels«, verschrottet werden würde. Er wurde auf einem Tieflader abtransportiert, und Frank bekam ihn nie wieder zu Gesicht. Drei Jahre und vier Monate später hätte er ihn ohnehin nicht wiedererkannt.
Seine braungrüne Farbe war mit einem Sandbraun übermalt worden, das mit dem Farbton der Wüstenlandschaft verschmolz. Das Eiserne Kreuz der Bundeswehr am Geschützturm war entfernt und durch eine Reihe von Ziffern ersetzt worden. Auch den Namen, den ihm Frank gegeben hatte, trug er nicht mehr; er war umgetauft worden und heißt jetzt »Der Geist von Massada«.
Sein Kommandant war wiederum ein Stabsfeldwebel, ein hakennasiger, bärtiger Mann namens Nathan Levy. Am 5. Juni 1967 begann für den M-48 die Woche, in der er zum erstenmal zum Fronteinsatz kam, seit er zehn Jahre zuvor in Detroit die Montagehalle verlassen hatte. Er zählte zu den Panzern, die General Israel Tal zwei Tage darauf in die Schlacht um den Mitla-Paß warf, und am Sonntag, dem 10. Juni 1967, erreichte der von Kugeleinschlägen übersäte, staubverkrustete und ölverschmierte alte Patton mit klirrenden Ketten, die der steinige Boden der Halbinsel Sinai dünngeschliffen hatte, um 12 Uhr mittags das Ostufer des Suez-Kanals.
Ein Buch wie Die Akte ODESSA kann nicht geschrieben werden, ohne daß eine Vielzahl von Menschen dem Autor Informationen liefert oder den Zugang zu wichtigen Informationen vermittelt. Allen, die mir in dieser Weise geholfen haben, möchte ich für ihre Unterstützung meinen herzlichen Dank sagen. Und wenn das entgegen den Gepflogenheiten hier geschieht, ohne daß ich ihre Namen nenne, so hat das drei Gründe.
Manche meiner Gewährsleute sind ehemalige Angehörige der SS, die nicht wußten, mit wem sie sprachen und nicht wußten, daß ihre Mitteilungen in einem Buch Verwendung finden würden. Andere haben mich ausdrücklich gebeten, ihre Namen nicht zu nennen. In einer Reihe von Fällen schließlich war es allein meine Entscheidung, auf eine Namensnennung zu verzichten, und zwar weniger aus Rücksicht auf meine eigene Sicherheit als auf die meiner Informanten.
In anderen Fällen, in denen mir Erfahrungen berichtet wurden, die Hunderttausende machen mußten, kommt es vielleicht ohnehin nicht auf authentische Namen an. Es genügt zu wissen, daß das Berichtete authentisch ist – so wie im Falle jenes Schicksals, das in Salomon Taubers Tagebuch bezeugt wird.
1972
Frederick Forsyth
Der Verlag dankt Herrn Simon Wiesenthal, Wien, für die kritische Durchsicht der deutschen Fassung und dem Institut für Zeitgeschichte in München, das bereitwillig Einblick in seine Unterlagen gewährte.
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