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Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)

Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition)

Titel: Die Alchemie des Bösen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Dahlquist
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aus einer anderen Flasche. Chang sog scharf die Luft ein, als er eiskalt die Wunde berührte. Er konnte nicht verstehen, was sie sagten, weil ihm etwas in den Ohren zischte. Er bog den Rücken durch und unterbrach den Kontakt.
    »Eine spürbare Reaktion«, murmelte Piersohn, »doch sie lässt schon wieder nach. Vielleicht, wenn wir die Metalle nacheinander verwenden …«
    »Was zum Teufel tun Sie da?«, wollte Chang wissen. Es war wieder wie auf dem Behandlungstisch in Raaxfall.
    »Die alchemistische Komponente isolieren, natürlich.«
    Chang zuckte erneut zusammen. Der Geschmack von Asche breitete sich auf seiner Zunge aus.
    »Nun, sieh einer an. Machen Sie weiter, Doktor …«
    Chang schloss die Augen und hätte sich gerne losgerissen, um Pfaff zu Brei zu schlagen und Piersohn durch den Raum zu treten, aber er rührte sich nicht, und seine Fingerknöchel wurden weiß, während er sich an der Liege festklammerte. Celeste Temple war am Leben. Wenn er nicht ausgetauscht wurde, war nicht abzusehen, was Vandaariff tun würde.
    Bei der nächsten Anwendung sah er Funken vor den Augen. Bei der darauffolgenden war es, als stäche man ihn mit hundert Nadeln. Dann verspürte er einen intensiven Geruch. Chang hatte über zehn Jahre nichts mehr riechen können, doch jetzt schüttelte er den Kopf angesichts des beißenden Gestanks nach Schießpulver. Die nächste verursachte ihm ein Ziehen in den Lenden, und im Moment der Berührung fühlte er sich wie ein brünstiger Bulle, der vor Schreck darüber durch die Nase schnaubte. Dann wurde der Wattebausch wieder entfernt, und er seufzte erleichtert, wobei er kaum das Gemurmel des Doktors über das Verfahren mitbekam.
    »Und als Letztes Quecksilber …«
    Alle anderen Mittel hatten eine unmittelbare, spezifische Reaktion hervorgerufen, doch dieses betäubte Changs Sinne so vollkommen, als habe man ihn in eiskaltes Wasser getaucht. Seine Orientierung verlor sich in einem Wirbel aus Bildern von den Gemälden des Comte. Seine Hände waren schwarz … sein Fuß sank in die fruchtbare Erde soeben bestellten Ackerbodens … er war nackt … er trug ein wallendes Gewand … er hielt ein Schwert, das hell wie die Sonne glänzte … und überall rings umher Gesichter; sie hingen in der Luft wie Hängelampen, Leute, die er kannte – lachend, bettelnd, blutbeschmiert – und dann kniete vor ihm die Contessa – blaue Zähne, mit einer Hand umklammerte sie seinen Oberschenkel, und in der anderen, offen dargeboten, feuerrot, gehäutet und triefend …
    Er keuchte und hatte das Gesicht auf die Liege gepresst. Was war passiert? Was hatte man mit ihm gemacht?
    »Es ist das schlimmste Ergebnis«, sagte die Contessa. »Alles zu einem gemischt.«
    »Das ist unmöglich«, erwiderte Piersohn. »Was auch immer er beabsichtigt hat, die chemischen Bedingungen …«
    »Einen Moment, Doktor.« Chang spürte ihre Berührung. »Sind Sie bei sich, Kardinal Chang?«
    »Können Sie es herausholen?«
    »Wie bitte?«
    Chang zwang sich, sich aufzurichten, und fragte Piersohn barsch: »Können Sie es herausholen, ohne mich zu töten?«
    Piersohn schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, was man Ihnen auch immer implantiert hat, es ist genug Zeit vergangen, dass die Aussaat …«
    »Aussaat?« Chang trat gegen den Instrumententisch, sodass er mit dem Schreibtisch des Doktors zusammenprallte.
    »Ein Begriff, den der Comte dafür benutzt«, protestierte Piersohn.
    »Wofür?«, rief Chang. »Was hat er gemacht?«
    Piersohn blickte vorsichtig zur Contessa. »Er hat eine Menge Notizen gemacht – ungeprüfte Theorien … ein Verfahren für die Assimilation von Glas im Körper.«
    »Um mich zu seinem Leibeigenen zu machen.« Chang zog sich das Hemd über den Kopf.
    »Aber sind Sie das, Kardinal?« Die Contessa wartete, bis Chang die Brille wieder aufgesetzt hatte. »Sind Sie sein Geschöpf?«
    »Nicht mehr als Ihres.«
    »Genau. Doch Oskar ist arrogant. Er wird glauben, seine Magie habe funktioniert. Sehen Sie? Wenn Sie überzeugend sind, wird er von seinen Erwartungen wie geblendet sein.«
    Hatte Vandaariffs Plan funktioniert? Was, wenn das implantierte Glas nur eine Art Zeitbombe war, die irgendwann explodieren würde? Der dritte Tag war noch nicht vorbei. Chang schlüpfte in die Soutane und begann sie zuzuknöpfen. »Und Celeste Temple wird befreit?«
    »Das wird sie.«
    »Und sie ist unverletzt?«
    »Soweit ich weiß.«
    Chang blickte zu Pfaff, der vor Besorgnis blass war. Der Stock war wieder zusammengeschoben, und Chang

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