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Die Aufsteigerin

Titel: Die Aufsteigerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Cole
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deponiert. Ihm war Streit unter den Männern jedoch lieber, denn zwei Frauen auseinanderzubringen, die um sich traten, kreischten und kratzten, war seiner Erfahrung nach weitaus gefährlicher. Besonders die Weiber vom Hafenviertel. Sie waren
die abgebrühtesten und fiesesten Weibsstücke, die ihm je untergekommen waren. Aber er gestand ihnen zu, dass sie so sein mussten.
    In gewisser Weise bewunderte er sie wegen ihrer Härte. Sie verbrachten ihr Leben auf der Syphstation, in seiner Bar oder draußen an der Mauer. Jede Frau, die das jahrelang durchstand, verdiente Achtung. Er ließ die Theke nicht aus den Augen und blieb in ständigem Blickkontakt mit seinen beiden Türstehern. Alles Mögliche konnte in Pete’s Bar geschehen, aber er sackte durchschnittlich siebenhundert Pfund die Woche ein. Das Geld hielt ihn hier bei der Stange und bot seiner Frau und den Kindern ein Leben im Einfamilienhaus in Maida Vale.
    Madge war bei ihrem zweiten Grog, als der chinesische Seemann in die Bar zurückkam. Sie sah ihn erst, als er direkt vor sie trat. Einen Moment lang erkannte sie ihn nicht.
    »Geld, Lady. Will Geld.«
    Herausfordernd stand er da, und in der Stille drehten sich alle neugierig zu ihm um. Sein weißer Anzug, zerknautscht und fleckig, glänzte hell im grellen Licht.
    »Geld, Lady. Will Geld.«
    Madge grinste. »Verpiss dich! Ich weiß gar nicht, wovon du redest.«
    Sie widmete sich wieder ihrem Grog. Argwöhnisch betrachtete Betty den kleinen Mann, der vor ihrer Freundin stand. Viele Menschen, besonders Frauen, waren schon für weit weniger als eine Geldbörse am Hafen in Custom House niedergestochen worden.
    Die Musikbox sprang an, und untermalt von Del Shannons schmetterndem Gesang verlangte der Chinese noch einmal höflich sein Geld. Die beiden Seeleute, die Betty aufgetan hatte, waren Russen, bärige Mannsbilder, die ausgezeichnet Englisch sprachen.
    »Do you have his money?« Die kehlige Stimme des russischen Seemanns klang barsch. Seeleute waren überall auf der Welt
gleich. Wenn diese Frau die Geldbörse des Chinesen gestohlen hatte, war es gar nicht so abwegig, dass sie bereits auch seine abgegriffen hatte. Instinktiv schob er die Hand in die Tasche und stellte erleichtert fest, dass die Ausbeulung zu ertasten war.
    Madge steckte sich eine Zigarette an und schüttelte geringschätzig den Kopf. »Ich hab sein beschissenes Geld nicht. Der muss doch bekloppt sein.« Sie lehnte sich vor und sagte: »Hör mal, du hast doch deinen Spaß gehabt, oder? Dein Geld hast du wahrscheinlich verloren oder so.« Sie lächelte dem Russen zu, der neben ihr saß, und zog die Schultern hoch, als wolle sie sagen: »Auf die Tour versuchen die es doch alle.« Diesen Russen wollte sie nicht verlieren. Wenn sie heute Abend noch einen Freier klarmachte, könnte sie sich morgen freinehmen.
    Zwei Frauen steuerten auf den Tisch zu und blieben in der Nähe stehen. Sie nippten an ihren Drinks. Wie die Seeleute halten auch die Huren zusammen. Eine der beiden Frauen, eine kräftig gebaute Afrikanerin namens Dobie, lächelte dem kleinen Chinesen zu. Ihr Goldzahn schimmerte im Licht, und die Stammesmale ließen ihr Gesicht wie eine Totenmaske erscheinen.
    »Los doch, verpiss dich, Bürschchen!« Bettys Stimme hatte etwas Endgültiges, das sogar der Chinese verstand.
    Bevor jemand mitbekam, was geschah, hatte er Madge sein Messer in den Oberarm gestoßen. Die zehn Zentimeter lange Klinge schien sekundenlang unschlüssig am Knochen zu verharren, bevor sie auf den Tisch fiel. Madge blickte entgeistert auf die tiefe Stichwunde, aus der das Blut quoll. Ein Hautlappen schien für einen Moment lose zu flattern, bevor er sich wieder über der Wunde schloss.
    Von Dobies Handtasche getroffen, segelte der Chinese rückwärts und landete unverhofft auf dem Schoß eines schwedischen Seemanns, der Karten spielte und den Streit nicht beachtet hatte.
    In Sekundenschnelle brach der Tumult los, und im ganzen
Raum prügelten sich die Seeleute. Die chinesischen Gäste standen ihrem Landsmann geschlossen zur Seite.
    Pete Lawson holte seine abgesägte Schrotflinte hervor, und die Frauen suchten allesamt das Weite. Sie eilten zur Commercial Road, wo ein Kaffeehaus die ganze Nacht geöffnet hatte. Auf dem Weg öffnete die Afrikanerin ihre Tasche und holte einen Backstein hervor, den sie mit unbändiger Kraft fortschleuderte.
    Auf der hell erleuchteten Commercial Road verlangsamten sie die Schritte. Ein paar Schneeflocken tanzten im Licht der Straßenlaternen, und

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