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Die Augen des Drachen - Roman

Die Augen des Drachen - Roman

Titel: Die Augen des Drachen - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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Tische hinweg mit Essen bewerfen?
    Zweifellos würde es so kommen, aber wenn das Essenwerfen
begann, würden sie und Peter sich schon längst zurückgezogen haben. Was Sasha störte, das war eben genau die Frage: »Wen kümmert es?« Ihrer Meinung nach war dies eine der schlimmsten Einstellungen, die man einem kleinen Jungen beibringen konnte, der König werden sollte.
    Daher erzog Sasha Peter sehr sorgfältig, und sie beobachtete ihn in der Nacht des Banketts genau. Und später, als er schläfrig in seinem Bettchen lag, redete sie mit ihm.
    Weil sie eine gute Mutter war, lobte sie ihn zuerst liebevoll wegen seines guten Benehmens und seiner Manieren - und das zu Recht, denn sie waren größtenteils tadellos gewesen. Aber sie wusste, niemand würde ihn verbessern, wenn er etwas falsch machte, wenn nicht sie selbst es tat, und sie wusste, sie musste es jetzt tun, in den wenigen Jahren, in denen er sie anbetete. Daher sagte sie, nachdem sie ihn gelobt hatte:
    »Aber etwas hast du falsch gemacht, Peter, und ich möchte nicht, dass du es noch einmal tust.«
    Peter lag in seinem Bett, und seine dunkelblauen Augen sahen sie ernst an. »Was war das, Mutter?«
    »Du hast deine Serviette nicht benutzt«, sagte sie. »Du hast sie zusammengelegt neben deinem Teller liegen lassen, und es stimmte mich traurig, das zu sehen. Das Brathähnchen hast du mit den Fingern gegessen, und das war richtig, denn das ist die Art, wie Männer es essen. Aber als du das Hähnchen wieder weggelegt hast, hast du dir die Hände an deinem Hemd abgewischt, und das ist nicht richtig.«
    »Aber Vater … und Mr. Flagg … und die anderen edlen Herren...«
    »Zum Teufel mit Flagg und den anderen edlen Herren
von Delain«, sagte sie mit solcher Heftigkeit, dass Peter in seinem Bettchen ein wenig zusammenzuckte. Er hatte Angst und schämte sich, weil er die Rosen in ihren Wangen zum Erblühen gebracht hatte. »Was dein Vater tut, das ist richtig, denn er ist der König, und auch was du als König tust, wird immer richtig sein. Aber Flagg ist nicht König, wie sehr er es sich auch wünschen mag, und die Edelmänner sind nicht Könige, und du bist auch noch nicht König, sondern lediglich ein kleiner Junge, der seine Manieren vergessen hat.«
    Sie sah, dass er Angst hatte, und sie lächelte und legte ihm die Hand auf die Stirn.
    »Sei ruhig, Peter«, sagte sie. »Es ist nur eine Kleinigkeit, aber dennoch ist sie wichtig - denn dereinst wirst du König sein. Und nun geh und hole deine Tafel.«
    »Aber es ist Schlafenszeit…«
    »Vergiss die Schlafenszeit. Der Schlaf kann warten. Bring die Tafel.«
    Peter lief, um seine Schiefertafel zu holen.
    Sasha nahm die mit einem Faden daran befestigte Kreide und schrieb sorgfältig drei Buchstaben darauf. »Kannst du dieses Wort lesen, Peter?«
    Peter nickte. Er konnte nur wenige Worte lesen, wenngleich er fast alle Großbuchstaben kannte. Dies war eines der Wörter, die er kannte. »Da steht GOD .« 1
    »Ja, das ist richtig. Und nun schreib das rückwärts und sieh, was dabei herauskommt.«
    »Rückwärts?«, sagte Peter zweifelnd.
    »Ganz recht.«
    Peter gehorchte und malte kindlich verwackelte Buchstaben
unter die gestochene Schrift seiner Mutter. Er stellte verblüfft fest, dass er wieder eines der Worte vor sich hatte, die er lesen konnte.
    » DOG! Mama! Hier steht DOG!« 2
    »Ja, Es heißt DOG.« Der traurige Klang ihrer Stimme ließ Peters Aufregung sofort verfliegen. Seine Mutter deutete von GOD zu DOG . »Dies sind die beiden Naturen des Menschen«, sagte sie. »Vergiss sie niemals, denn eines Tages wirst du König sein, und Könige werden groß und stark - so groß und stark wie Drachen nach ihrer neunten Häutung.«
    »Vater ist nicht groß und stark«, hielt Peter dem entgegen. Roland war tatsächlich klein und hatte krumme Beine. Und zudem schob er eine gewaltige Wampe vor sich her, die von dem vielen Bier und Met herrührte, die er zu sich nahm.
    Sasha lächelte.
    »Doch, er ist es. Könige wachsen unsichtbar, Peter, und das in einem einzigen Augenblick, wenn sie nämlich das Zepter nehmen und ihnen auf dem Platz der Nadel die Krone auf den Kopf gesetzt wird!«
    »Wirklich?« Peters Augen wurden groß und rund. Er überlegte, dass sie weit von seinem Fehler, beim Bankett die Serviette nicht benutzt zu haben, abgeschweift waren, aber es tat ihm nicht leid, dass dieses peinliche Thema zu Gunsten eines ungleich interessanteren fallen gelassen worden war. Außerdem hatte er sich bereits vorgenommen, dass er

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