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Die Augen Rasputins

Die Augen Rasputins

Titel: Die Augen Rasputins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Wälder. Zu Steinen gepreßt.
    Ganz leise rief sie die Namen, bekam keine Antwort. Natürlich nicht. Nicht mit einem Schlüssel, der von innen steckte und mit einem Telefon auf dem Nachttisch. Und im Wohnzimmer lachte der Dicke noch einmal. Lachte sie aus für die Dummheit. Sie waren vollständig zugedeckt, sogar ihre Gesichter unter den
    Laken verborgen. Vielleicht war es besser so.
    Der entsetzliche Geruch klebte ihr die Zunge am Gaumen fest und die Füße auf dem Teppich. Nach einer Ewigkeit schaffte sie den ersten Schritt, dann den zweiten, und irgendwann stand sie neben dem Bett, vor dem kleinen Tisch, streckte die Hand aus.
    Da war eine kleine Antenne am Ende des Apparats. Sie zog daran, betrachtete die Knöpfe. Mit dem Messer in der Hand drückte sie einen davon, hielt sich den Hörer ans Ohr und wartete auf ein Signal. Nichts. Sie drückte einen anderen Knopf und noch einen und noch einen. Nichts! Nur eine tote Leitung, so tot wie das, was unter den Decken lag.
    Sie wollte es nicht, aber die freie Hand machte sich
    selbständig. Während die andere noch das nutzlose Plastikding gegen ihr Ohr preßte, faßte sie einen Zipfel des Lakens, hob ihn an, zog daran.
    Die Augen weit offen, der Mund auch. Albert Retling starrte sie an, so viel Anklage im Blick. Wie konntest du nur, Patrizia?
    Sein Gesicht war so zerschlagen, so verzerrt. Sie bemerkte gar nicht, daß sie aufschrie. Erst als sie die Schritte auf der Treppe hörte und das Keuchen des Dicken, wurde ihr bewußt, was sie getan hatte.
    Zuerst rüttelte er an der Klinke, dann warf er sich gegen die Tür, keifte und keuchte und klang dabei so gut gelaunt.

    »Jetzt bist du reif, du kleines Aas! Mach schon auf, ich hab’
    was für dich. Da warte ich schon lange drauf. «

    Es donnerte jedesmal fürchterlich, wenn er mit seiner Schulter das Holz traf. Und jedesmal schien es, als ob die Tür zitterte.
    Warum schoß er nicht auf das Schloß? In gewisser Weise hatte ihr Plan also doch funktioniert.
    Sie hätte zum Fenster gehen können, den Rolladen
    hochziehen, das Fenster aufreißen, um Hilfe schreien. Aber daran dachte sie nicht einmal. Es war fast wie am Tag zuvor, als sie die Tür öffnete und ihn vor sich sah. Wie eine Lähmung, die
    von den Haarwurzeln bis zu den Fußsohlen alles einschloß.
    Zuerst wimmerte sie nur, dann schrie sie:

    »Heiko! «

    Drei-, viermal schrie sie seinen Namen heraus. Und der Dicke amüsierte sich darüber. Ahmte ihre Stimme nach, so täuschend echt, wie er es am Tag zuvor mit Frau Retlings Stimme getan hatte.

    »Heiko! «

    Dann erklärte er in normalem Tonfall:

    »Der hilft dir jetzt auch nicht, Süße. Komm, sei ein vernünftiges Mädchen, mach die Tür auf. Mach’s dir nicht unnötig schwer. So übel bin ich doch nicht. Und was dein Heiko kann, kann ich schon lange. Jetzt mach schon, mach mich nicht wütend. Dann werd’ ich gemein. «

    Und wieder donnerte seine Schulter gegen das Holz, rüttelte seine Hand an der Klinke. Keine Gedanken, nur das Messer in der Hand. Und dieses nutzlose Plastikding. Sie schob sich um das Bett herum, am Fenster vorbei auf die Tür zu, ganz langsam, ohne es selbst zu bemerken.

    Gerda Winzen hatte längst wieder aufgelegt, da hielt Edmund den Hörer immer noch gegen sein Ohr gepreßt. Es waren gleich mehrere Schläge in die Magengrube gewesen. Sie hatten den Beschützerinstinkt wieder geweckt. Er wird sie umbringen.
    Edmund wußte nicht, ob er es nur dachte oder laut aussprach.
    Dorothea reagierte nicht darauf, flüsterte ihrerseits etwas von einem krummen Ding. Sie schaute Edmund an, so viel Abbitte im Blick, zuckte hilflos mit den Schultern. Ganz blaß war sie geworden.

    »Ed «, begann sie zögernd.

    »Es tut mir leid, Ed. «

    Er starrte sie an, aber er sah sie gar nicht. Vor seinen Augen schlug Patrizia ihre Stirn gegen eine Tischkante, schrie sich die Schuld von der Seele.

    »Es tut mir leid! Es tut mir leid! Es tut mir leid! Und zuvor hatte sie gesagt: ›Da kann ich doch nicht mehr hingehen.‹ «

    Er schluckte einmal hart, als er begriff. Alles, sehr viel auf einmal. Den Hilferuf seiner Frau, seine eigene Blindheit.

    »Er ist mit ihr zu den Retlings. Um Gottes willen, er wird sie alle umbringen. «

    Den Telefonhörer hielt er immer noch in der Hand. Dorothea riß ihn ihm aus den Fingern.

    »Ich rufe die Polizei an. Jetzt müssen die doch was tun. «

    Edmund schüttelte den Kopf:

    »Das glaubst du doch selbst nicht!
    Warum sollten sie denn? Für die hat sich nichts geändert.

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