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Die Bestie von Florenz

Die Bestie von Florenz

Titel: Die Bestie von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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eigene Kategorie darstellte. Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, dass der Fall der Bestie von Florenz möglicherweise – vielleicht – die außergewöhnlichste Kriminalgeschichte ist, von der die Welt je gehört hat.
    Zwischen 1974 und 1985 wurden sieben Pärchen – insgesamt also vierzehn Menschen – beim Sex in geparkten Autos in den schönen Hügeln rund um Florenz ermordet. Der Fall war zur langwierigsten und teuersten Ermittlung in der italienischen Geschichte geworden. Fast hunderttausend Männer wurden überprüft, mehr als ein Dutzend festgenommen und die meisten von ihnen wieder entlassen, wenn die Bestie erneut zuschlug. Nicht wenige Leben wurden durch Gerüchte und falsche Anschuldigungen ruiniert. Die Florentiner jener Generation, die zur Zeit der Morde an der Schwelle zum Erwachsenwerden stand, erzählen, dass diese Geschichte die Stadt und ihr eigenes Leben verändert hat. Es gab Selbstmorde, Exhumierungen, angebliche Vergiftungen, Körperteile wurden per Post verschickt, Séancen auf Friedhöfen abgehalten und Beweise untergeschoben, es kam zu Prozessen und grausamen Rachefeldzügen seitens der Ankläger. Die Untersuchung des Falls war wie ein bösartiger Tumor, der sich rückwärts durch die Zeit fraß und auswärts in den Raum ausdehnte, bis in verschiedene andere Städte metastasierte und anschwoll mit neuen Ermittlungen, neuen Richtern, Polizisten und Staatsanwälten, noch mehr Verdächtigen, weiteren Festnahmen und noch mehr Leben, die dadurch ruiniert wurden.
    Trotz der längsten Mörderjagd in der Geschichte des modernen Italien wurde die Bestie von Florenz nie gefunden. Als ich im Jahr 2000 in Italien ankam, war der Fall nach wie vor ungelöst, die Bestie vermutlich immer noch auf freiem Fuß.
    Spezi und ich wurden nach jenem ersten Treffen gute Freunde, und bald faszinierte der Fall mich genauso wie ihn. Im Frühjahr 2001 schickten Spezi und ich uns an, die Wahrheit aufzudecken und den wahren Mörder aufzuspüren. Dieses Buch erzählt die Geschichte dieser Suche, bei der wir schließlich dem Mann begegneten, von dem wir glauben, er könnte die Bestie von Florenz sein.
    Im Verlauf der Geschichte wurden Spezi und ich selbst in sie verwickelt. Mir wurde Beihilfe zum Mord vorgeworfen, Beweisfälschung, Meineid und Strafvereitelung. Man drohte mir damit, mich zu verhaften, falls ich je wieder einen Fuß auf italienischen Boden setzen sollte. Spezi erging es noch schlimmer: Ihm warf man vor, er selbst sei die Bestie von Florenz.
    Dies ist die Geschichte, die Spezi erzählte.

TEIL 1
    Die Geschichte von Mario Spezi
    Kapitel 1
    Der Morgen des 7. Juni 1981 versprach einen strahlend schönen Tag in Florenz, Italien. Es war ein stiller Sonntag mit blauem Himmel und einer leichten Brise aus den Hügeln, die den Duft von der Sonne gewärmter Zypressen in die Stadt trug. Mario Spezi saß an seinem Schreibtisch in der Redaktion der Nazione , für die er seit mehreren Jahren als Reporter arbeitete, rauchte und las Zeitung. Da trat ein Kollege zu ihm, der normalerweise für das Kriminalressort zuständig war – eine lebende Legende im wahrsten Sinne des Wortes, denn er hatte zwanzig Jahre Berichterstattung über die Mafia überlebt.
    Der Mann setzte sich auf Spezis Schreibtischkante. »Heute Morgen habe ich eine kleine Verabredung«, sagte er. »Sie sieht recht gut aus, ist verheiratet …«
    »In deinem Alter?«, entgegnete Spezi. »An einem Sonntagmorgen noch vor der Kirche? Ist das nicht ein bisschen übertrieben?«
    »Ein bisschen übertrieben? Mario, ich bin Sizilianer!« Er schlug sich auf die Brust. »Ich komme aus dem Land, in dem die Götter geboren wurden. Also, ich hatte gehofft, dass du heute Vormittag für mich übernehmen könntest. Dich ein bisschen im Hauptquartier herumtreiben, falls sich etwas ergibt. Ich habe meine Kontakte bei der Polizei schon angerufen, es ist nichts los. Und wie wir alle wissen« – und dann sprach er den Satz aus, den Spezi nie wieder vergessen würde – »passiert an einem Sonntagmorgen in Florenz nie etwas.«
    Spezi verneigte sich und ergriff seine Hand. »Wenn der Pate es befiehlt, werde ich selbstverständlich gehorchen. Ich küsse Ihre Hand, Don Rosario.«
    Spezi saß bis gegen Mittag in der Redaktion herum und tat nichts. Dies war der faulste, ereignisloseste Tag seit Wochen. Vielleicht breitete sich deshalb eine vage Befürchtung in ihm aus, die alle Kriminalreporter hin und wieder befällt – dass doch etwas los sein könnte und andere Reporter ihm

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