Die Braut des Wuestenprinzen
in eine Ecke.
Als sie zum Bett zurückkehrte, vergaß er seine Lektüre und beobachtete sie.
Im grellen Licht der Lampe konnte sie die Begierde sehen, die in seinen Augen aufflackerte. Trotz allem waren sie ein Mann und eine Frau in einem Schlafzimmer, in dem sie gemeinsam viele Male den Gipfel der Lust erklommen hatten. Viel von dem Vergangenen war unwiederbringlich verloren, aber dieses eine wäre möglich, wenn sie es wollten. Liebe war noch immer möglich, das wussten sie, als sie einander in die Augen sahen. Ein Land war in die Knie gezwungen worden, und eine trostlose Zukunft stand bevor. Aber wenn sie es wollten, konnten sie ihre Liebe aus den Trümmern retten.
Karim dachte daran, wie sie ihn verlassen hatte, als er sie am meisten brauchte.
Und Elenor dachte daran, wie er sie verraten hatte, verraten und belogen.
„Hat dein Körper ihm ebenso viel Freude bereitet wie mir?“, verlangte er zu wissen.
Sie lächelte. „Ja.“
Eine Sekunde später sah sie, wie jegliches Gefühl aus seinem Gesicht verschwand – Ärger, Qual, Verlangen und sogar die Erinnerung an ihre Liebe. Wenn ihre Ehe tatsächlich Gültigkeit besessen hatte, hatte sie sich eben selbst eines Vergehens bezichtigt, das Karim nie verzeihen würde: Untreue. Mit einem einzigen Wort hatte sie alles, was zwischen ihnen möglich war, im Keim erstickt. Und erst jetzt, wo es zu spät war, erkannte Elenor, wie sehr sie es sich gewünscht hätte.
Nur ein Wort. Und dieses Wort war eine Lüge.
14. KAPITEL
Drei Jahre vergingen ereignislos. Ihr Leben bestand nur noch aus Studium und Schlaf. Sie lernte niemanden kennen, und ohne Lana wäre ihr Leben entsetzlich trostlos gewesen.
Bei einer Veranstaltung in der kaljukischen Botschaft lernte sie dann Gabriel kennen. Die Friedensverhandlungen zwischen Kaljukistan und Parvan liefen bereits; und es sah vielversprechend aus. Gabriel wartete gerade auf einen Posten.
Er fühlte sich sofort von ihr angezogen und bat sie um ein Treffen, doch Elenor sagte Nein. Einen Monat später, als der Krieg bereits beendet war, tauchte Gabriel an der Universität auf. Dort wurden auch Sprachkurse für Diplomaten angeboten, und da Gabriel einen Posten in Kaljukistan bekommen sollte, besuchte er einen einmonatigen Intensivkurs für Kaljukisch. Er begann, Elenor zu umwerben. Dabei ging er ganz anders vor als Karim. Wo Karim hart gewesen war, verhielt sich Gabriel sanft. Trotzdem erinnerte er Elenor auf unergründliche Weise an Karim. Zum ersten Mal seit Langem spürte sie, dass ihr Herz langsam wieder zum Leben erwachte.
Alles ging ziemlich schnell. Noch bevor der Monat um war, sollte Gabriel nach Kaljukistan abreisen. Bis dahin hatten sie nur ein paar Küsse ausgetauscht. Küsse, die ein erloschenes Feuer in ihr entfachten, denen sie sich aber immer wieder entzog. Weiter wollte Elenor nicht gehen. Gabriel hingegen hatte von Anfang an gewusst, was er von ihr wollte. Sehr schnell fragte er sie, ob sie ihn heiraten wolle.
Aus irgendeinem Grund vertraute sie Gabriel. Sie hätte sich keinem anderen Mann mitteilen können, aber Gabriel erzählte sie von dem Jahr in Parvan. Er sagte, dass er sie verstehe und Geduld haben würde, wenn sie ihn heiratete.
Und sie wollte ihm glauben, ja, glaubte ihm bereits. Auf eine Art liebte sie ihn schon, und mit der Zeit würde auch die Leidenschaft hinzukommen. Die Vorstellung, in Karims Nähe zurückzukehren, machte ihr jedoch Angst. Sie wünschte, dass Gabriel nicht ausgerechnet nach Kaljukistan müsste. Doch etwas in ihr sagte: Jetzt oder nie. Wenn sie sich nicht darauf einließ, würden ihre Wunden nie verheilen. Also fasste sie sich ein Herz und sagte Ja.
Puran und Nargis waren nicht im Palast, sondern in dem Dorf, wo die Familie von Purans Mann lebte. Das Dorf hatte sehr unter dem Krieg gelitten, und sie halfen dort beim Wiederaufbau. Natürlich würden sie von dort zurückkehren, aber noch war nicht abzusehen, wann das sein würde.
Merkwürdigerweise erleichterte es Elenor sehr, das zu erfahren. Sie wusste nicht, warum, aber ihr fiel ein Stein vom Herzen.
Gemeinsam mit Karim ritt sie durch die Stadt. Bisher waren ihr die Jahre, die vergangen waren, seit sie die Stadt zum ersten Mal gesehen hatte, wie eine Ewigkeit vorgekommen. Doch nun, wo sie das ganze Ausmaß der Zerstörung sah, kam es ihr unglaublich vor, dass all diese Veränderungen in so kurzer Zeit stattgefunden haben sollten.
Trotz allem schienen die Bewohner zuversichtlich in die Zukunft zu blicken. Überall bauten
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