Die Bruderschaft Christi
Mit weit aufgerissenen Augen starrte er Lisa an.
»Ich könnte dein Vater sein. Ich bin fünfundzwanzig Jahre älter als du.«
»Ich weiß, dass du kein Adonis bist, und bei Gott, ich habe mir meinen Ehemann wirklich ganz anders vorgestellt, aber ich will nicht, dass mein Kind ohne einen Vater aufwächst.«
Bukowski war sprachlos.
»Ich hoffe, du bist gesund, oder gibt es da etwas, das ich wissen sollte?«
»Lisa, ich … wie stellst du dir das vor?«, stammelte Bukowski.
»Du hast noch drei Jahre vor dir, die werde ich zu Hause bleiben, und dann übernimmst du den Haushalt, und ich gehe arbeiten. Ich bin noch lange nicht am Ziel. Ich kann noch sehr viel erreichen, wenn ich mich ranhalte. Und ich will dieses Kind!«
»Ich … ich weiß nicht.«
»Was willst du, du kannst dich geschmeichelt fühlen, oder sehe ich dir etwa nicht gut genug aus? Schließlich könntest du mein Vater sein. Euch alten Kerlen gefällt es doch, wenn ihr etwas Junges im Bett habt.«
»Lisa, du schießt jetzt aber ganz schön über das Ziel hinaus«, wehrte sich Bukowski. »Ich war damals nicht mehr ganz nüchtern, genauso wie du. Wir sollten sehen, wie wir am zweckdienlichsten mit der Sache umgehen.«
»Wir machen es so, wie ich es sage«, antwortete Lisa bestimmt. »Standesamt und im kleinen Kreis. Ich habe keine Lust auf die Kirche.«
Bukowski lehnte sich im Stuhl zurück. »Du glaubst wirklich, du könntest es mit mir aushalten?«
Lisa hob den Kopf schräg und blinzelte Bukowski zu. »Blödmann, das tue ich doch schon längst. Und glaube bloß nicht, dass ich mit jedem Kerl ins Bett springe, wenn ich gerade mal ein Glas Champagner getrunken habe. Es ist nun mal passiert, und jetzt machen wir das Beste daraus. Ich selbst bin ohne Vater aufgewachsen, das ist keine einfache Sache. So etwas möchte ich meinem Kind einmal nicht zumuten.«
Eine Stunde später klingelte das Telefon in Maxime Rouens Büro.
»Hallo, altes Haus«, grüßte Maxime seinen Anrufer.
»Hallo Maxime«, antwortete Bukowski. »Ich wollte dir nur mitteilen, dass ich nicht an der Sonderkommission teilnehmen werde.«
»Das ist aber schade, ich habe mich schon darauf gefreut, dich bald wiederzusehen.«
»Ich denke, wir werden uns in Kürze sehen. Aber diesmal wirst du nach Deutschland kommen.«
»Was ist los?«
»Ich werde heiraten und möchte, dass du mein Trauzeuge wirst.«
»Heiraten«, entgegnete Maxime. »Du machst Witze. Und wer ist die Unglückliche.«
»Sie steht neben mir, du kannst kurz mit ihr reden.«
Bukowski gab den Hörer an Lisa weiter. Maxime war fassungslos, als sich Lisa meldete.
»Pass bloß auf meinen alten Freund gut auf, dass er sich nicht übernimmt«, sagte Maxime Rouen zum Abschied.
»Ich tue, was ich kann«, antwortete Lisa und legte den Hörer auf.
Bukowski holte seine Zigarettenschachtel hervor. Lisa riss sie ihm aus der Hand. »Ich sagte doch, du wirst dir das Rauchen abgewöhnen müssen.«
Bukowski griff nach der Schachtel. »Erst, wenn du mir versprichst, keinen Champagner mit fremden Männern zu trinken.«
Lisa beugte sich zu Bukowski herab und schlug ihm leicht auf die Wange. »Bild dir bloß nichts ein. Und tue einfach einmal das, was man dir sagt. Vor allem, wenn es gut für dich und dein Kind ist. Es soll schließlich noch etwas von seinem Vater haben.«
Bukowski seufzte. Doch dann knüllte er die Schachtel Zigaretten samt Inhalt zusammen und warf sie in hohem Bogen in den Papierkorb.
Rom, Città del Vaticano …
Bruder Markus hatte kurz nach dem Nachmittagsgebet angerufen. Pater Leonardo hatte ihn freundlich begrüßt und sich dann in seine Stille Ecke des Klosterbaus zurückgezogen.
»Sie waren am Flughafen und haben Tickets gekauft«, sagte Bruder Markus am Telefon.
»Wohin?«, fragte Pater Leonardo.
»Tel Aviv«, antwortete Bruder Markus.
Pater Leonardo bedankte sich. Sie waren also auf dem Weg ins Heilige Land. Er hatte sich nicht getäuscht. Er hatte diesen Deutschen mit den kurzen blonden Haaren und dem sonnengegerbten Gesicht richtig eingeschätzt. Stein würde nicht ruhen, bevor er nicht die Wahrheit kannte.
Pater Leonardo blickte auf seine Uhr. Dann rief er im Sekretariat des Kirchenamtes an.
»Buchen Sie mir umgehend einen Flug nach Israel«, verlangte er. »Und geben Sie Pater Phillipo Bescheid. Er muss sich beeilen, bald wird er ungebetene Besucher bekommen, bis dahin muss alles erledigt sein.«
Der Kirchenbeamte am anderen Ende der Leitung brummte ein zustimmendes
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