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Die Brüder Karamasow

Die Brüder Karamasow

Titel: Die Brüder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fëdor Michajlovic Dostoevskij
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Abscheu. Aber es ist ja noch gut, daß sie überhaupt zur Seite treten; vielleicht werden sie sich einmal wie eine feste Wand dem einherstürmenden Gespenst entgegenstellen und selbst unserem unsinnigen, zügellosen Dahinjagen Halt gebieten, um sich und ihre Bildung und ihre Zivilisation zu retten! Solche Alarmrufe aus Westeuropa haben wir bereits gehört. Sie ertönen schon. Reizen Sie die anderen Völker nicht! Steigern Sie nicht ihren wachsenden Haß durch einen Urteilsspruch, der die Ermordung eines Vaters durch den eigenen Sohn rechtfertigt!«
    Kurz, wenn sich Ippolit Kirillowitsch auch hatte hinreißen lassen, so schloß er doch pathetisch, und der Eindruck, den er
    hervorbrachte, war tatsächlich außerordentlich groß. Er selbst ging nach seiner Rede eilig hinaus und fiel in einem anderen Zimmer beinahe in Ohnmacht. Der Saal applaudierte nicht, doch die Ernsteren unter den Zuhörern waren zufrieden. Nicht so zufrieden waren die Damen, allerdings hatte auch ihnen seine schöne Beredsamkeit gefallen, zumal sie sich um die Folgen keinerlei Sorgen machten und alles von Fetjukowitsch erwarteten: »Nun wird der endlich das Wort ergreifen und natürlich über alle den Sieg davontragen!« Alle blickten Mitja an; während der ganzen Rede des Staatsanwaltes hatte er schweigend dagesessen, mit zusammengedrückten Händen, aufeinandergepreßten Zähnen und gesenktem Kopf. Nur manchmal hatte er den Kopf gehoben und zugehört, besonders als der Redner auf Gruschenka zu sprechen kam. Als Rakitins Ansicht über Gruschenka vorgetragen wurde, zeigte sich auf Mitjas Gesicht ein verächtliches, wütendes Lächeln, und er sagte ziemlich laut: »Diese Bernards!« Als dann Ippolit Kirillowitsch erzählte, wie er ihn in Mokroje verhört und gepeinigt hatte; hob Mitja den Kopf und hörte mit großem Interesse zu. An einer Stelle der Rede schien es, als wollte er sogar aufspringen und etwas rufen, doch er beherrschte sich und zuckte nur geringschätzig die Achseln. Über den letzten Teil der Rede, nämlich über das angeblich so kluge Verfahren des Staatsanwalts bei dem Verhör in Mokroje, wurde später bei uns viel geredet, und man machte sich über Ippolit Kirillowitsch lustig. »Dieser Mensch konnte es doch nicht unterlassen«, sagte man, »seine Fähigkeiten zu rühmen.« Die Sitzung wurde unterbrochen, aber nur für kurze Zeit, für eine Viertelstunde oder höchstens zwanzig Minuten. Im Publikum wurden Gespräche und Ausrufe laut. Einiges davon habe ich im Gedächtnis behalten.
    »Eine bedeutende Rede!« bemerkte in einer Gruppe ein Herr mit gerunzelter Stirn.
    »Ein bißchen viel Psychologie hat er verzapft«, sagte eine andere Stimme.
    »Aber es war doch alles richtig, unwiderleglich wahr!«
    »Ja, darin ist er Meister.«
    »Er hat die Bilanz gezogen.«
    »Auch über uns, auch über uns hat er Bilanz gezogen«, mischte sich ein dritter ein. »Erinnern Sie sich, wie er am Anfang seiner Rede sagte, wir seien alle solche Menschen wie Fjodor Pawlowitsch?«
    »Und am Schluß ebenfalls. Aber da sagt er die Unwahrheit.«
    »Es gab auch einige Unklarheiten.«
    »Er ließ sich ein bißchen hinreißen.«
    »Das war ungerecht, das war ungerecht.«
    »Na, nein, geschickt war es doch. Der Mann hat lange warten müssen. Nun hat er sich endlich einmal ausreden können, hehe!«
    »Was wird der Verteidiger sagen?«
    In einer anderen Gruppe:
    »Seine Stichelei gegen den Petersburger zum Schluß hätte er unterlassen können. ›An Ihr empfindsames Gemüt appellierende Worte‹, Sie erinnern sich?«
    »Ja, das war ungeschickt.«
    »Er hatte es ein bißchen zu eilig.«
    »Ein nervöser Mensch.«
    »Wir lachen hier, aber wie mag dem Angeklagten zumute sein?«
    »Ja. Wie mag diesem Mitenka wohl zumute sein?«
    »Was wird der Verteidiger sagen?«
    In einer dritten Gruppe:
    »Was ist das da für eine Dame, die mit der Lorgnette, die dicke ganz am Rande?«
    »Das ist die Frau von einem General. Geschieden. Ich kenne sie.«
    »So so, darum diese Lorgnette.«
    »Ein abgetakeltes Frauenzimmer.«
    »Aber doch ganz pikant.«
    »Nicht weit von ihr, zwei Plätze weiter sitzt eine kleine Blondine, die macht einen besseren Eindruck.«
    »Auf geschickte Weise haben sie ihn damals in Mokroje überrumpelt, was?«
    »Ja, das muß man sagen. Darum hat es der Staatsanwalt ja auch noch mal erzählt. Er hat darüber schon in jedem Haus wer weiß wieviel Gerede gemacht.«
    »Auch jetzt hat er es sich nicht verkneifen können. Die liebe Eitelkeit!«
    »Er ist ein

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