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Die Brueder Karamasow

Die Brueder Karamasow

Titel: Die Brueder Karamasow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodr Michailowitsch Dostojewski
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erwartet.
    »Er ist ein Pole, ihr Offizier«, begann er wieder, sich mit Mühe beherrschend. »Aber er ist jetzt überhaupt nicht Offizier. Er war Zollbeamter in Sibirien, irgendwo da an der chinesischen Grenze, sicher ist er so ein kläglicher kleiner Polacke. Es heißt, er hat seine Stelle verloren. Nun hat er gehört, daß Gruschenka in den Besitz eines Kapitals gelangt ist, und da ist er zurückgekehrt – das ist das ganze Wunder.«
    Aljoscha schien wieder nichts gehört zu haben. Rakitin konnte sich nun nicht mehr beherrschen: »Na, hast du eine Sünderin bekehrt?« fragte er Aljoscha boshaft. »Hast du eine Hure auf den Weg der Wahrheit zurückgeführt? Hast du sieben Teufel ausgetrieben, he? Da haben sich ja unsere vorhin vergeblich erwarteten Wunder nun doch vollzogen!«
    »Hör auf, Rakitin«, erwiderte Aljoscha schmerzerfüllt.
    »Du verachtest mich wohl jetzt wegen der fünfundzwanzig Rubel von vorhin? Ich habe nach deiner Auffassung einen wahren Freund verkauft, wie? Aber du bist ja nicht Christus, und ich bin nicht Judas!«
    »Ach, Rakitin, ich versichere dir, ich hatte das schon vergessen«, rief Aljoscha. »Du hast mich erst wieder daran erinnert ...«
    Rakitin jedoch kannte in seiner Wut keine Grenzen mehr.
    »Hol‹ euch samt und sonders der Teufel!« brüllte er plötzlich. »Warum, zum Teufel, habe ich mich bloß mit dir abgegeben? Von nun an will ich dich nicht mehr kennen. Geh du allein, da ist dein Weg!«
    Er bog mit einer kurzen Wendung in eine andere Straße ein und ließ Aljoscha in der Dunkelheit stehen.
    Aljoscha verließ die Stadt und ging über das Feld zum Kloster.
     
     

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4.
Die Hochzeit zu Kana in Galiläa
     
    Es war nach klösterlichen Begriffen schon sehr spät, als Aljoscha in der Einsiedelei eintraf; der Pförtner ließ ihn durch einen besonderen Eingang herein. Es schlug schon neun Uhr die Stunde allgemeiner Erholung und Ruhe nach dem für alle aufregenden Tag. Aljoscha öffnete schüchtern die Tür und betrat die Zelle des Starez, in der jetzt sein Sarg stand. Außer Vater Paissi, der einsam das Evangelium las, und dem jungen Novizen Porfiri, den das nächtliche Gespräch und die Unruhe des Tages ermüdet hatten und der nun im Nebenzimmer auf dem Fußboden den festen Schlaf der Jugend schlief, war niemand in der Zelle. Obwohl Vater Paissi Aljoscha kommen hörte, sah er ihn nicht einmal an. Aljoscha begab sich in die Ecke rechts von der Tür und begann zu beten. Seine Seele war übervoll, aber von unklaren Empfindungen, von denen keine einzige deutlich hervortrat; vielmehr verdrängte immerzu eine die andere in einem stillen, gleichmäßigen Kreislauf. Aber ihm war seltsam und froh zumute, und Aljoscha wunderte sich darüber nicht. Wieder sah er diesen Sarg und ganz verhüllt diesen teuren Toten vor sich, doch das nagende, quälende Mitleid vom Vormittag war nicht mehr in seiner Seele. Noch bevor er in die Ecke ging, war er vor dem Sarg wie vor einem Heiligtum niedergefallen: Freude, helle Freude hatte seinen Geist und sein Herz erleuchtet. Das Fenster der Zelle war geöffnet, die Luft war frisch und kühl. ›Also ist der Geruch noch stärker geworden, wenn man sich entschlossen hat, das Fenster aufzumachen!‹ dachte Aljoscha. Aber auch dieser Gedanke an den Leichengeruch, ein Gedanke, der ihm noch vor kurzem so schrecklich und entehrend erschienen war, betrübte und empörte ihn jetzt nicht mehr wie vordem. Er begann still zu beten, merkte jedoch bald selbst, daß er fast nur mechanisch betete. Bruchstücke von Gedanken glimmten in seiner Seele wie Sternchen und erloschen sogleich wieder, von anderen abgelöst aber dafür fühlte er sich innerlich gefestigt und getröstet, und dessen war er sich selbst wohl bewußt. Manchmal setzte er in seiner Begeisterung zum Gebet an: Es verlangte ihn innig zu danken und zu lieben. Doch sobald er ein solches Gebet begonnen hatte, ging er geistig plötzlich zu etwas anderem über, versank in Gedanken und vergaß das Gebet ebenso wie das, wodurch es unterbrochen worden war. Er wollte zuhören, was Vater Paissi vorlas, verfiel aber vor Ermüdung allmählich in einen Halbschlummer ...
    »Und am dritten Tage ward eine Hochzeit zu Kana in Galiläa«, las Vater Paissi, »und die Mutter Jesu war da. Jesus aber und seine Jünger wurden auch auf die Hochzeit geladen ...«
    Eine Hochzeit? Wie kommt das? Eine Hochzeit ... So ging es durch Aljoschas Kopf. Auch sie ist glücklich ... Sie ist zu einem Fest gefahren ... Nein, sie hat kein Messer

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